Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Der Kläger begründet die Zulässigkeit seines Rechtsmittels zusammengefasst damit, dass es angesichts der seiner Meinung nach zutreffenden Kritik der Lehre an der bisherigen („sehr restriktiven") Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Erkundungs- bzw Nachforschungspflicht von Steuerberatern einer „korrigierenden" neuen und aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bedürfe. Im Übrigen sei das Berufungsgericht zu Unrecht von einer fehlenden Kausalität der von der Beklagten unterlassenen Aufklärung nach Erhalt der Information des Klägers vom 28. 12. 1998 über die Anmietung einer Wiener Wohnung für die Einkommenssteuermehrbelastung im Jahr 1998 ausgegangen.
2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Steuerberater zu Nachforschungen über tatsächliche Umstände im Betrieb seines Klienten, die bei der Steuererklärung steuermindernd berücksichtigt werden könnten, nicht verpflichtet. Solche Umstände muss der Klient dem Steuerberater bekannt geben (RIS-Justiz RS0026519). Diese Aussage wurde in der Lehre als „zu weitgehend" kritisiert, denn „zweifellos" müsse der Steuerberater den nicht sachkundigen Klienten dazu anleiten, alle tatsächlichen Umstände vorzubringen, die für die von ihm geschuldete Tätigkeit von Relevanz sind. Diese Pflicht ergebe sich „ganz klar" aus seinem Wissensvorsprung in rechtlicher Hinsicht, aufgrund dessen erst erkennbar sei, welche Fakten im Einzelfall für die steuerrechtliche Beurteilung von Bedeutung seien (Iro in RdW 1997, 587; Völkl/Völkl in ÖJZ 2002, 1 [T11]).
Im vorliegenden Fall teilte der Kläger der beklagten Steuerberatungskanzlei vor dem Sommer 1998 mit, er werde mit 1. 9. 1998 mit seiner Familie in die Schweiz übersiedeln. Der Umstand, dass die Gattin des Klägers im Zuge der Kündigung der bisherigen Wiener Wohnung eine andere, (kleinere) Wohnung in Wien mietete und der Kläger dort ab 13. 11. 1998 polizeilich gemeldet war, wurde der Beklagten zunächst nicht zur Kenntnis gebracht. Der Kläger teilte der Beklagten erst am 28. 12. 1998 mit, dass er in Wien eine „kleine Arbeitswohnung" gemietet habe.
Die Vorinstanzen vertraten die Ansicht, dass die Beklagte (erst) ab Kenntnis dieser Mitteilung vom 28. 12. 1998 dem Kläger gegenüber zu umfassender steuerrechtlicher Aufklärung verhalten gewesen wäre. Die Ansicht des Revisionswerbers, wonach die Beklagte bereits ab der Mitteilung des Klägers, dass er in die Schweiz übersiedle, „von sich aus" mit ihrem Klienten die Frage zu klären gehabt hätte, ob die Voraussetzungen für die beschränkte Steuerpflicht „wirklich" gegeben seien, würde bedeuten, dass der Steuerberater trotz Mitteilung des steuerrechtlich relevanten Umstands durch den Klienten (Übersiedlung ins Ausland) zu erörtern und zu prüfen gehabt hätte, ob nicht dennoch - trotz Fehlens jedweder Indizien - ein steuerrechtlich bedeutsamer Wohnsitz im Inland beibehalten werde; dies würde die Sorgfaltspflichten eines Steuerberaters überspannen. Diese Rechtsansicht der Vorinstanzen stellt keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste.
3. Sofern sich der Revisionswerber darauf beruft, dass die unbeschränkte Steuerpflicht vermieden worden wäre, wenn die Beklagte den Kläger nach Erhalt der Telefaxmitteilung vom 28. 12. 1998 aufgeklärt und der Kläger und seine Ehegattin daraufhin die erst drei Monate zuvor angemietete Wohnung wieder aufgegeben hätten, übersieht er dabei, dass in Bezug auf die Wohnung ein unbefristeter Mietvertrag abgeschlossen wurde.
Gemäß § 26 Abs 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Nach § 26 Abs 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. Unter dem „Innehaben" einer Wohnung iSd § 26 BAO ist die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über diese Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können, zu verstehen. Da ein Mensch mehrere Wohnungen innehaben kann, sind gleichzeitig auch mehrere Wohnsitze möglich. Weder eine berufliche Tätigkeit im Ausland und häufige Auslandsreisen noch die bloße Erteilung des Auftrags zur Veräußerung der Wohnung an ein Realitätenbüro schließen einen Wohnsitz im Inland aus, weil sie der jederzeitigen Nutzung der Wohnung nicht entgegen stehen (VwGH; AnwBl 2004/7910).
Im Tatbestand Innehaben ist ohne Zweifel (auch) ein Zeitmoment enthalten, das sich auf die Wohnsitzbegründung bezieht und von dort in die Zukunft gerichtet ist. Bei der Prüfung der Erfüllung des Zeitelements der Innehabung nach § 26 Abs 1 BAO kann hilfsweise auf die 6-Monate-Frist des § 26 Abs 2 BAO zurückgegriffen, doch darf diese nicht als (tatbestandsähnliche) Bindung verstanden werden. Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts ist es nicht ausgeschlossen, dass auch eine geringere Aufenthaltsdauer einen solchen zu begründen vermag, sofern die Umstände, unter denen sich der Aufenthalt vollzieht, von der Art sind, dass aus ihnen eine Bindung der natürlichen Person zum Staatsgebiet zu erschließen ist (Stoll, BAO [1994], 334 ff). Wenn die Umstände für einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt einer Person an einem Ort sprechen und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird, ändert sich hieran auch dann nichts, wenn dieser Aufenthalt in der Folge vorzeitig abgebrochen wird, zB nur etwa zwei Monate währt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 26 Anm 14). Eine ununterbrochene tatsächliche Benützung ist nicht nötig; es reicht nach dem VwGH-Erk vom 20. 6. 1990, 89/16/0020, wenn die Wohnung jährlich mehrere Wochen (2 bis 3 Monate) benützt wird, wie es zB der Fall ist, wenn sich die Person in den Räumen zur Erholung, anlässlich eines Inlandsbesuchs, zu Studienzwecken uÄ aufhält. Im Erk vom 4. 12. 1969, 310/69, hat der VwGH eine tatsächliche jährliche Benützung von etwa vier Wochen bzw von zwei Monaten für die Annahme eines Wohnsitzes als ausreichend beurteilt (Ritz, BAO3, § 26 Rz 9). Nur wenn die Wohnung (von vornherein) für weniger als sechs Monate befristet angemietet wird, begründet dies keine unbeschränkte Steuerpflicht (vgl Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 1 Anm 9).
Aufgrund des Umstands, dass hinsichtlich der fraglichen Wohnung ein unbefristeter Mietvertrag abgeschlossen wurde, und des Gesamtzusammenhangs des gegebenen Sachverhalts erweist sich die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts, wonach - selbst wenn die Beklagte aufgrund des Inhalts der Telefaxnachricht vom 28. 12. 1998 unmittelbar mit einer Belehrung des Klägers reagiert hätte - die Tatsache einer uneingeschränkten Steuerpflicht für die Monate September 1998 bis einschließlich Dezember 1998 nicht mehr zu vermeiden gewesen wäre, jedenfalls als vertretbar und stellt somit ebenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (auffallende) Fehlbeurteilung dar.
Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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