OGH 1Ob261/01s

OGH1Ob261/01s27.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17 - 19, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Peter Grauss, Dr. Gernot Moser und Mag. Georg Grauss, Rechtsanwälte in Schwaz, wegen 671.611,16 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. Juli 2001, GZ 3 R 89/01i-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Februar 2001, GZ 59 Cg 41/00f-13, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Die klagende Partei erwarb mit "Grundeinlösungsvertrag" vom 9. 11. 1993 ein Grundstück von rund 500 m2 zur Errichtung einer Bahnunterführung. Auf diesem Grundstück hatte die beklagte Partei aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei einige Jahre bis 1972 - insgesamt höchstens vier bis fünf Jahre - eine Hausmülldeponie betrieben. Es durften dort mit Zustimmung der beklagten Partei und des Liegenschaftseigentümers fallweise auch Privatpersonen Müll ablagern. Eine behördliche Deponiebewilligung wurde zu keiner Zeit erwirkt. Die Deponieoberfläche wurde nach Beendigung der Müllzufuhr vereinbarungsgemäß eingeebnet, humusiert und als Wiese begrünt. Das war die einzige Gegenleistung an den Liegenschaftseigentümer, dessen Grundstück vor Beginn der Müllablagerung uneben war.

Während des Betriebs der Deponie hatte die beklagte Partei eine "Gefährdung von Wasser oder Umwelt weder erkannt noch hätte sie von ihr erkannt werden müssen". Die Wasserrechtsrechtsbehörde wurde von ihr "mit der Anlage der Hausmülldeponie ... nie befasst". Die Behörde "unternahm auch von sich aus keinerlei Schritte". Nach dem Stand der Technik im Zeitraum des Deponiebetriebs war der Müllkörper nicht als wassergefährdend einzustufen. Die Ablagerung entsprach vielmehr den Gepflogenheiten in den Jahren 1970 bis 1975. Eine "Wassergefährdung" hätte erst im Zeitraum 1977 bis 1998 "erkannt werden müssen".

Im Zuge der Bauarbeiten an der Bahnunterführung 1998/1999 trat der Müll zutage. Im September/Oktober 1998 veranlasste die klagende Partei eine Untersuchung des Müllkörpers und ließ den Müll von Mai bis Juni 1999 - ohne vorher die Durchführung eines behördlichen Verfahrens zu beantragen - ausheben, sortieren und anderswo ablagern. Es wurden insgesamt 448,24 t Müll entsorgt. Davon entfielen 90 % auf inertes Material, 7 % auf Baustellenabfall, 3 % auf Eisen und Holz und 60 kg auf Altbatterien (weniger als 1 Promille der Gesamtmenge). Die Entsorgung sollte nach den Interessen der klagenden Partei rasch erfolgen, um zusätzliche Kosten durch eine Verzögerung des Baufortschritts bei Errichtung der Bahnunterführung zu vermeiden. Die klagende Partei zahlte für die Entsorgungsmaßnahmen 671.611,16 S. Alle Parameter für die Müllkörperbasis - ausgenommen jene für Aluminium und Tenside - liegen zum Teil erheblich unter den geforderten Grenzwerten für die Eluatklasse Ia. Die Messwerte für die Parameter Aluminium und Tenside waren dagegen so hoch, dass der Müllkörper der Eluatklasse IIa nach der Ö-Norm S 2072 zuzuordnen ist. Eluatklassen dienen der Abschätzung des Gefährdungspotentials der durch Wasser mobilisierbaren Feststoffanteile. Die Eluatklasse I hat den geringsten Grenzwert. Inertes Material ist "untätig, träge, meistens synonym für indifferente Stoffe, die andere Stoffe chemisch nicht angreifen". Bei diesem Material sind "Schadstoffe nicht wesentlich auswaschbar". Abgesehen von den Altbatterien ist das Gefährdungspotential des Müllkörpers "als sehr niedrig einzuschätzen". Aus heutiger Sicht ist solches Material jedoch nicht ohne Sicherheitsmaßnahmen deponiefähig. Für die Beurteilung des (konkreten) Gefährdungspotentials eines Müllkörpers ist heute sein Zusammenspiel mit dem umgebenden Gelände von "größter Bedeutung". Dabei sind geotechnische, geologische und hydrogeologische Fragen - üblicherweise in einem behördlichen Verfahren - zu klären. Die "Entsorgung des Müllkörpers hätte im behördlichen Verfahren möglicherweise kostengünstiger" erfolgen können. Das von der klagenden Partei beschäftigte Unternehmen verrechnete allerdings keine unnötigen Arbeiten für die "Sortierung und Entsorgung des Müllkörpers".

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 671.611,16 S sA als Ersatz für den zur Entsorgung des Mülls aus der Deponie der beklagten Partei aufgewendeten Betrag. Sie brachte vor, nach dem Gesetz hätte die beklagte Partei die Entsorgung des Mülls als dessen Verursacherin veranlassen müssen. Die Deponie habe die Reinheit von Gewässern, insbesondere die des Grundwassers, gefährdet. Diese wäre auch nach den zur Zeit ihrer Errichtung geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen bewilligungspflichtig gewesen. Sie sei daher als eigenmächtig vorgenommene Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 WRG zu beurteilen. Die Entsorgungspflicht habe einen wasserbehördlichen Auftrag nicht vorausgesetzt. Sie habe auch nach dem Abfallwirtschaftsgesetz bestanden und gelte selbst für die vor dessen Inkrafttreten deponierten Abfälle. Die Entsorgung außerhalb eines behördlichen Verfahrens sei wegen der Dringlichkeit der Bauarbeiten und zur Vermeidung hoher zusätzlicher Kosten durchgeführt worden. Die beklagte Partei habe den eingeklagten Aufwand gemäß § 1042 und §§ 1035 ff ABGB zu ersetzen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe durch die Anlegung der Deponie keine gesetzlichen Bestimmungen verletzt. Von der Deponie sei zu keiner Zeit eine Gefährdung der Reinheit von Gewässern ausgegangen. Deshalb habe sie einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht bedurft. Die Deponie sei seit 1972 geschlossen. Das Tiroler Altlastenbeseitigungsgesetz 1972 sei erst am 1. 1. 1973 in Kraft getreten. Den Vorschriften dieses Gesetzes habe die Deponie aber ohnehin entsprochen. Das Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes und das Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz seien gleichfalls erst nach Schließung der Deponie in Kraft getreten. Auch nach diesen Normen sei die beklagte Partei für den geltend gemachten Aufwand nicht ersatzpflichtig. Die klagende Partei hätte die Müllentsorgung jedenfalls im Rahmen eines behördlichen Verfahrens durchführen müssen, wodurch geringere Kosten aufgelaufen wären.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach dessen Ansicht dient § 31 WRG dem Klageanspruch nicht als taugliche Stütze, weil die beklagte Partei die Gefahr einer Gewässerverunreinigung während des Deponiebetriebs nicht habe erkennen können. § 17 AWG unterscheide nicht, ob der Abfall auf einem Grundstück vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zurückgelassen worden sei. Die Behandlungspflicht nach dieser Norm betreffe jedoch nur gefährliche Abfälle. Ein behördlicher Behandlungsauftrag nach § 32 AWG wegen Kontaminierungen vor Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes könne gemäß § 33 Abs 1 AWG nur zur Vermeidung einer Beeinträchtigung von Mensch und Umwelt erteilt werden. Im Anlassfall bestehe der Müll zum größten Teil aus inertem Material. Eine Beeinträchtigung von Mensch und Umwelt sei demnach zu verneinen, weshalb auch die Voraussetzungen für einen behördlichen Beseitigungsauftrag nicht erfüllt gewesen wären. Das am 1. 1. 1973 in Kraft getretene Tiroler Abfallbeseitigungsgesetz sei nicht anwendbar. Die Regelung des § 13 Tiroler AWG sei am 1. 9. 1990, jene des § 32 Abs 1a AWG idF BGBl I 2000/90 erst am 1.1.2001 - also nach Schluss der Verhandlung erster Instanz - in Kraft getreten. Daher sei aus diesen Bestimmungen für den Standpunkt der klagenden Partei ebenso nichts zu gewinnen. Mangels einer gesetzlichen Verpflichtung zur Müllentsorgung müsse die beklagte Partei den geltend gemachten Aufwand weder nach den §§ 1037 ff noch nach § 1042 ABGB ersetzen. Ein Schadenersatzanspruch scheitere daran, dass der beklagten Partei ein rechtswidriges Verhalten nicht anlastbar sei. Die klagende Partei hätte nach Entdeckung des Müllkörpers einen Antrag auf Durchführung eines behördlichen Verfahrens stellen müssen. Im Rahmen eines solchen Verfahrens wären allenfalls geringere Entsorgungskosten angefallen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass ein Anspruch nach § 1042 ABGB primär dann bestehe, wenn durch den getätigten Aufwand eine fremde Schuld erfüllt worden sei. Habe der Handelnde auch eine eigene Schuld getilgt, sei § 1042 ABGB nur anwendbar, wenn diese Schuld gegenüber der des anderen subsidiär gewesen sei. Eine gesetzliche Leistungspflicht des anderen sei nach der Rechtslage zur Zeit der Erbringung des Aufwands, dessen Ersatz begehrt werde, zu beurteilen. Eine gesetzliche Entsorgungspflicht der beklagten Partei sei nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Müllablagerung 1972 beendet und die Deponie daraufhin überdeckt worden sei. Die beklagte Partei hafte vielmehr weiterhin als Abfallverursacherin. Deren Entsorgungspflicht sei nach der Rechtslage zur Zeit der von der klagenden Partei durchgeführten Entsorgungsmaßnahmen zu beurteilen. Als Haftungsgrundlagen kämen die §§ 31, 32 Abs 1 und § 138 WRG 1959 sowie § 32 Abs 1 AWG in Betracht. Dagegen sei eine Entsorgungspflicht der beklagten Partei für die Jahre 1998/1999 aus dem Tiroler Abfallbeseitigungsgesetz LGBl 1990/50 nicht ableitbar, weil es gemäß § 30 Abs 2 Tiroler AWG mit Ablauf des 31. 8. 1990 außer Kraft getreten sei. Für Deponien, die bei Inkrafttreten des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes am 1. 9. 1990 geschlossen gewesen seien, bestehe auch nach diesem Gesetz weder eine Entsorgungspflicht des Abfallverursachers noch eine solche des jeweiligen Liegenschaftseigentümers. Als taugliche Grundlage für das Klagebegehren komme daher nur eine Entsorgungspflicht nach dem Wasserrechtsgesetz bzw dem Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes in Betracht. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Deponie sei nicht erteilt worden. Die beklagte Partei habe auch nicht von der durch § 142 WRG 1959 gebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. § 32 Abs 1 WRG 1959 sei durch die WRG-Novelle 1959 BGBl 54 eingefügt worden. Jedenfalls seit Inkrafttreten dieser Bestimmung sei die Ablagerung gewässergefährdender Abfälle wasserrechtlich bewilligungspflichtig. Eine wassergefährdende Deponie, die ohne Bewilligung errichtet, betrieben und nach deren Schließung belassen worden sei, sei schon zur Zeit der Errichtung und des Betriebs der Deponie der beklagten Partei eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 WRG 1959 gewesen, die die beklagte Partei als deren Verursacherin hätte beseitigen müssen. Nach dieser Regelung in der auch (noch) 1998/1999 geltenden Fassung sei derjenige, der das Wasserrechtsgesetz übertreten habe, von der Wasserrechtsbehörde dazu zu verhalten, eigenmächtig vorgenommene Neuerungen auf seine Kosten zu beseitigen oder unterlassene Arbeiten nachzuholen, soweit eine solche Maßnahme im öffentlichen Interesse geboten sei oder vom Betroffenen verlangt werde. Als Täter nach § 138 WRG 1959 komme jeder in Betracht, der die Gesetzesübertretung verursacht oder mitverursacht habe. Auf ein Verschulden komme es nicht an. Die Gefährdung von Grundwasser könne ein öffentliches Interesse an deren Beseitigung nach § 138 Abs 1 WRG 1959 begründen. Eine abschließende Beurteilung der primär maßgebenden Frage einer allfälligen Gefährdung von Gewässern nach rein objektiven Gesichtspunkten - so etwa gemäß § 3 WRG 1959 auch des Grundwassers und des sich auf einem Grundstück ansammelnden Wassers aus atmosphärischen Niederschlägen - sei aufgrund der bereits feststehenden Tatsachen noch nicht möglich. Sollte sich die Deponie im fortgesetzten Verfahren als wasserrechtlich unbedenklich erweisen, sei relevant, dass der Müllkörper auch 60 kg Altbatterien enthalten habe. Solche seien schon im Zeitpunkt der durch die klagende Partei veranlassten Entsorgung Problemstoffe nach § 2 Abs 6 AWG iVm der Festsetzungsverordnung 1997 BGBl II 227 gewesen. Altbatterien hätten daher gemäß § 12 Abs 3 AWG nicht außerhalb genehmigter Abfallbeseitigungsanlagen abgelagert werden dürfen. Somit wäre die beklagte Partei Adressat eines auf § 32 Abs 1 AWG gestützten behördlichen Behandlungsauftrags und somit auch selbst zur Entsorgung der Altbatterien verpflichtet gewesen. Auch diese Verpflichtung der beklagten Partei als Verursacherin sei verschuldensunabhängig. Sie habe trotz der schon vor Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes am 1. 7. 1990 erfolgten Ablagerungen bestanden. Die klagende Partei treffe gemäß § 32 Abs 2 AWG als Rechtsnachfolgerin des seinerzeitigen Liegenschaftseigentümers, der die Errichtung der Deponie gestattet habe, im Verhältnis zur beklagten Partei als Deponieverursacherin nur ein subsidiäre Entsorgungspflicht. Falls daher eine wasserrechtliche Entsorgungspflicht der beklagten Partei zu verneinen wäre, müsse geklärt werden, welcher Aufwand allein mit dem Aufsuchen, Bergen und Entsorgen der Altbatterien im Müllkörper verbunden gewesen wäre. Zumindest diesen Aufwand habe die beklagte Partei der klagenden Partei zu ersetzen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es an einer gesicherten höchstgerichtlichen Rechtsprechung "zur Entsorgungspflicht des Verursachers einer sogenannten Altlast - insbesondere im Verhältnis zum Eigentümer, der mit ihr behafteten Liegenschaft -" mangle.

Der Rekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist auf der Tatsachenebene noch nicht geklärt, ob die Errichtung und der Betrieb der Hausmülldeponie der beklagten Partei Maßnahmen waren, die nach objektiven Gesichtspunkten als Gefährdung der Reinheit von Gewässern - so insbesondere der des Grundwassers - anzusehen waren. Dessen Auffassung, die Deponie sei als eigenmächtig vorgenommene Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 zu beurteilen, sollte sie die Reinheit von Gewässern bereits im Zeitpunkt ihrer Errichtung nach objektiven Gesichtspunkten gefährdet haben, ist offenkundig so zu verstehen, dass das objektive Gefährdungspotential im zweiten Rechtsgang nicht nach dem heutigen Stand der Technik, sondern nach jenem zur Zeit der Deponieerrichtung zu ermitteln wäre.

Abfalldeponien fielen bis zur Wasserrechtsgesetznovelle 1990 BGBl 252 unter § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 (Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht § 31b WRG Rz 1). Danach waren (und sind) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass das Grundwasser durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden verunreinigt wird, wasserrechtlich bewilligungspflichtig. Somit wären die Errichtung und der Betrieb der Deponie der beklagten Partei nur dann als eine durch Übertretung einer Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 eigenmächtig vorgenommene Neuerung nach dessen § 138 Abs 1 lit a - dessen Wortlaut seit der Wiederverlautbarung des Wasserrechtsgesetzes 1959 BGBl 215 unverändert ist - zu qualifizieren, wenn die Wasserrechtsbehörde solche Maßnahmen nach dem damaligen Stand der Technik als ein Verhalten, das die Gefahr einer nicht bloß geringfügigen Verunreinigung von Gewässern (Raschauer aaO § 32 WRG Rz 14) - so etwa des Grundwassers auch durch Versickern verunreinigter Oberflächenwässer (Raschauer aaO § 32 WRG Rz 7) - mit sich bringt, hätte beurteilen müssen, ließ hingegen die von der beklagten Partei angelegte Deponie aufgrund der Beschaffenheit der dort abgelagerten Stoffe nach dem damaligen Stand der Technik eine mehr als geringfügige Verunreinigung von Gewässern besorgen, so hätte die Errichtung der Deponie keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedurft. Dann hätte die Deponie auch keine eigenmächtig vorgenommene Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 sein können.

1. 1. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, wonach der Müllkörper aufgrund des Stands der Technik zur Zeit des Deponiebetriebs nicht als wassergefährdend einzustufen war, die Ablagerung den Gepflogenheiten in den Jahren 1970 bis 1975 entsprach und eine "Wassergefährdung" erst im Zeitraum 1977 bis 1998 hätte "erkannt werden müssen". Allein aufgrund dieser Tatsachen ist die Frage, ob die Errichtung der Deponie der beklagten Partei einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte, bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu verneinen, hätte doch auch die Wasserrechtsbehörde das Potential einer solchen Deponie zur Gefährdung der Reinheit von Gewässern nur nach dem seinerzeitigen Stand der Technik beurteilen können. In diesem Zusammenhang ist die von der klagenden Partei in zweiter Instanz gerügte Feststellung, im Nahbereich der von der Deponie in Anspruch genommenen Grundstücke befänden sich "keine Gewässer", deshalb ohne Bedeutung, weil die Wirkung einer derartigen Hausmülldeponie (offenkundig gerade auch) auf das Grundwasser und auf das in das Grundwasser versickernde Wasser aus atmosphärischen Niederschlägen nach dem damaligen Stand der Technik - unbekämpftermaßen - eben noch nicht als "wassergefährdend" zu erkennen war. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen wäre die Notwendigkeit einer Deponiebewilligung auch im wasserrechtlichen Verfahren verneint worden. Somit kann die Deponie auch keine eigenmächtig vorgenommene Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 gewesen sein, weil mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb ohne wasserrechtliche Bewilligung keine Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes übertreten wurde. Die beklagte Partei führt daher zutreffend aus, (nach dem damaligen Stand der Technik) habe aufgrund der getroffenen Feststellungen "keine Gefährdung von Gewässern vorgelegen". In diesem Punkt bedarf es daher keiner weiteren Tatsachenfeststellungen. Damit ist jedoch für die beklagte Partei, wie die tieferstehenden Erwägungen zeigen werden, noch nichts gewonnen.

2. § 31 WRG 1959, dessen Abs 1 schon durch die Wasserrechtsgesetznovelle 1969 BGBl 207 neu gefasst und dessen Abs 2 und 3 durch die gleiche Novelle eingefügt wurden, ist auch auf Maßnahmen - wie etwa die gemäß § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 - anzuwenden (allgemein Raschauer aaO § 31 WRG Rz 2).

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat sich jedermann, dessen Maßnahmen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der nach § 1297, zutreffendenfalls mit der nach § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Die hier bedeutsamen Maßnahmen der beklagten Partei beruhten auf keiner wasserrechtlichen Bewilligung; einer solchen bedurfte es damals nicht. Die beklagte Partei entbehrte damit aber auch einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Gewässerverunreinigung im Sinne des § 31 Abs 1 WRG 1959. Mangelt es an einer solchen Bewilligung und tritt trotz Einhaltung der gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 gebotenen Sorgfalt die (konkrete) Gefahr einer (nicht bewilligten) Gewässerverunreinigung ein, so hat der Verpflichtete im Sinne des § 31 Abs 1 WRG 1959 zufolge dessen Abs 2 unverzüglich die zur Beseitigung der Gefahrenlage erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Umso mehr hat er solche Maßnahmen dann zu treffen, wenn ihm bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt die Gefahr einer Gewässerverunreinigung im Sinne des - seit der Wiederverlautbarung des Wasserrechtsgesetzes (BGBl 1959/215) unveränderten - § 30 Abs 2 WRG 1959 erkennbar wird.

2. 1. Die Verpflichtung einer Gemeinde als Deponiebetreiberin zur Reinhaltung der Gewässer im Sinne des § 30 Abs 2 WRG 1959 endet nicht im Zeitpunkt der Auflassung und Verschließung der Deponie durch deren Überdeckung mit Humus samt Begrünung (siehe zum Schutzzweck der §§ 30 ff WRG 1959 SZ 70/159). Die Gemeinde hat die Deponie vielmehr als Verpflichtete gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 als mögliche Gefahrenquelle für eine Gewässerverunreinigung im Auge zu behalten. Das bedeutet, dass sie sich über den jeweiligen Stand der Deponietechnik auf dem Laufenden halten und gemäß § 31 Abs 2 WRG 1959 unverzüglich die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, sobald solche nach dem Stand der Technik geboten sind, weil das Gefährdungspotential eines bisher als ungefährlich geltenden Müllkörpers nunmehr bekannt ist, ist doch der Schutzzweck des § 31 Abs 2 WRG 1959 die Beseitigung einer bereits konkretisierten Gefahr (SZ 70/159). Der Sache nach komplementär zu den sich aus dem Wasserrechtsgesetz ergebenden Verpflichtungen ordnete § 21 des gemäß § 46 am 1. 1. 1973 in Kraft getretenen - in der Folge gemäß § 30 Abs 2 Tiroler AWG am 1. 9. 1990 außer Kraft getretenen - Tiroler AbfallbeseitigungsG an, dass die Gemeinde verpflichtet ist, bei Auflassung von öffentlichen Abfallbeseitigungsanlagen alle Vorkehrungen zu treffen, die zur Wahrung der in § 3 dieses Gesetzes genannten öffentlichen Interessen erforderlich sind. Zu diesen öffentlichen Interessen zählte auch der Gewässerschutz. Diese Vorkehrungspflicht war im Sinne der voranstehenden Erwägungen gleichfalls dynamisch zu verstehen.

2. 2. Unterlassen es die jeweils verantwortlichen Organwalter einer nach § 31 Abs 1 WRG 1959 verpflichteten Gemeinde, sich über den Stand der Deponietechnik auf dem Laufenden zu halten, und unterbleiben deshalb die gemäß § 31 Abs 2 WRG 1959 erforderlichen Maßnahmen zur Hintanhaltung einer möglichen Gewässerverunreinigung durch eine stillgelegte Deponie, so ist darin ein Verschulden im Sinne des § 31 Abs 1 WRG 1959 zu erblicken, das der Gemeinde zuzurechnen ist. Diese Beurteilung beruht auf § 1299 ABGB als Verschuldensmaßstab (siehe dazu Raschauer aaO § 31 WRG Rz 4). Tiroler Gemeinden haben die ihnen übertragenen Aufgaben zur Abfallbeseitigung gemäß § 29 Tiroler AWG - wie auch schon nach § 43 Tiroler AbfallbeseitigungsG - im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Eine ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben setzt jene Fachkenntnisse voraus, die dem jeweiligen Stand der Deponietechnik entsprechen. Entgegen der nicht begründeten Ansicht der beklagten Partei kommt es jedoch auf ein solches Verschulden bei der Prüfung der Rechtspflicht des Verpflichteten zur Durchführung der gemäß § 31 Abs 2 und 3 WRG 1959 erforderlichen Abwehrmaßnahmen gar nicht an, gilt doch insofern das Verursacherprinzip (1 Ob 96/01a; JBl 2001, 320 = RZ 2001/27; RdU 2000, 149; SZ 70/159; Raschauer aaO § 31 WRG Rz 10). Solche Maßnahmen hat primär der Verursacher zu treffen (JBl 2001, 320 = RZ 2001/27; SZ 70/159), der nach den erörterten wasserrechtlichen Bestimmungen im Rahmen seiner verschuldensunabhängigen Haftung zur Abwehr einer möglichen Gewässerverunreinigung auf eigene Kosten bzw zum Ersatz des dafür von einem anderen notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwands verpflichtet ist (SZ 70/159).

2. 3. Es steht bereits fest, dass eine "Wassergefährdung" - womit das Erstgericht im Kontext seiner Ausführungen unter Berufung auf das erstattete Sachverständigengutachten (siehe ON 9 S. 14) nicht ein nach allen derzeit maßgebenden Voraussetzungen konkretisiertes, sondern ein allein auf die Qualität des Müllkörpers gestütztes, an sich bestehendes Gefährdungspotential zum Ausdruck bringen wollte - durch die stillgelegte Deponie der beklagten Partei nach dem Stand der Technik schon im Zeitraum von 1977 bis 1998 erkennbar war und das abgelagerte Material aus heutiger - offenkundig aber auch schon 1998/1999 zutreffender - Sicht nicht ohne Sicherheitsmaßnahmen deponiefähig ist. Die Beurteilung des konkreten Gefährdungspotentials eines Müllkörpers geschieht jedoch heutzutage nicht nur aufgrund einer isolierten Bewertung der Gefährlichkeit des Mülls. Es ist vielmehr das Zusammenspiel zwischen dem Müllkörper und dem umgebenden Gelände von "größter Bedeutung". Dabei sind geotechnische, geologische und hydrogeologische Fragen zu klären.

Angesichts dieser Tatsachen kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die beklagte Partei als die nach wasserrechtlichen Bestimmungen primär Haftpflichtige die eingeklagten Aufwendungen gemäß § 1042 ABGB - entsprechend den zu diesem Rechtsgrund zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts - zu ersetzen hat. Es steht nämlich nicht fest, ob die Deponie der beklagten Partei nach der Qualität des Müllkörpers iVm der Deponielage nach geotechnischen, geologischen und hydrogeologischen Gesichtspunkten überhaupt eine nicht bloß geringfügige - und daher unter technischen Gesichtspunkten zu vernachlässigende - konkrete Gefahr für die Reinheit von Gewässern, der durch Maßnahmen gemäß § 31 Abs 2 und 3 WRG 1959 hätte begegnet werden müssen, hervorrief und - bejahendenfalls - ob nur die von der klagenden Partei ergriffenen Maßnahmen in Betracht kamen, um das durch die Deponie bewirkte Gefährdungspotential zu beseitigen. Im fortgesetzten Verfahren ist daher auf dem Boden der soeben erläuterten Grundlagen zu klären, ob die Deponie der beklagten Partei die konkrete Gefahr einer nicht bloß geringfügigen Gewässerverunreinigung verursachte und - bejahendenfalls -, welche Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs 2 und 3 WRG 1959 nach dem Stand der Deponietechnik 1999 (Zeitpunkt der durch die klagende Partei veranlassten Entsorgung) zur Behebung der Gefahr zu ergreifen gewesen wären sowie welcher Aufwand dabei entstanden wäre.

2. 4. Die beklagte Partei verficht ohne Begründung die Ansicht, "nach beinahe 30 Jahren" könne sie "eine Entsorgungspflicht nach dem WRG 1959" nicht mehr treffen. Damit wird das Problem der Verjährung bzw Verfristung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Rechtspflicht aufgeworfen. Zur Verjährung von Ansprüchen aufgrund öffentlich-rechtlicher Pflichten sprach der erkennende Senat in seiner Entscheidung 1 Ob 335/97i (= RdU 1998, 199 [zust Kerschner] = ecolex 1999, 171) unter anderem unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (ZfV 1979/575) aus, dass öffentlich-rechtliche Ansprüche, die ihren Rechtsgrund im Wasserrechtsgesetz haben, nicht verjähren, weil dieses Gesetz - abgesehen von der dort wie auch hier nicht maßgebenden Regelung des § 137 Abs 9 WRG für das Verwaltungsstrafverfahren - keine Verjährungsbestimmungen enthalte. Auf die Normen des ABGB zur Verjährung dürfe nur dann ergänzungsweise zurückgegriffen werden, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts ausdrückliche Verjährungsbestimmungen enthielten (vgl idS auch SZ 70/104). Daran wurde in der Entscheidung 1 Ob 305/00k festgehalten. Diese Rechtsprechung ist weiterhin fortzuschreiben. Damit ist klargestellt, dass die vorhin behandelte, im öffentlichen Recht wurzelnde Verpflichtung der beklagten Partei nicht verjähren kann. Sie kann aber auch nicht - in anderer Weise als durch Verjährung - verfristen, weil es für ein solches Erlöschen einer Rechtspflicht nach dem Wasserrechtsgesetz gleichfalls an einer Rechtsgrundlage mangelt.

Im Übrigen führt die beklagte Partei unter Berufung auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (2. 6. 1981 81/07/0048) ins Treffen, ihre Haftung nach dem Wasserrechtsgesetz setze den Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraus. Jenes Erkenntnis trägt allerdings den Standpunkt der beklagten Partei nicht. Dort ging es um die Verwirklichung des Tatbilds einer strafbaren Verwaltungsübertretung, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs den Eintritt einer tatsächlichen Gewässerverunreinigung voraussetzt. Die mangelnde Strafbarkeit einer Nachlässigkeit, die eine Gewässerverunreinigung zwar noch nicht bewirkte, jedoch die konkrete Gefahr einer solchen hervorruft, ändert nichts an der wasserrechtlich erforderlichen Prävention einer drohenden Gewässerverunreinigung durch die gebotene Beseitigung der Gefahrenquelle.

3. Zutreffend ist die Ansicht des Erstgerichts, dass ein behördlicher Behandlungsauftrag gemäß § 32 Abs 1a AWG idF BGBl I 2000/90 nicht in Betracht käme, weil diese Bestimmung gemäß Art VIII Abs 12 Z 2 AWG idF BGBl I 2000/90 erst am 1. 1. 2001 - also nach Schluss der Verhandlung erster Instanz - in Kraft trat und sich daher lediglich auf nach diesem Zeitpunkt stillgelegte bzw geschlossene Deponien bezieht. Eine Änderung der materiellen Rechtslage nach Schluss der Verhandlung erster Instanz ist im Rechtsmittelverfahren nur dann maßgebend, wenn die neuen Bestimmungen nach dem bedeutsamen Übergangsrecht schon auf die im anhängigen Rechtsstreit zu klärenden materiellrechtlichen Fragen anwendbar wären (SZ 69/238; SZ 68/6; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 483 Rz 11). Diese Voraussetzung ist nach den voranstehenden Erwägungen nicht erfüllt.

Die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (ZfVB 1997/1543; ecolex 1997, 57; ecolex 1992, 883) gestützen Erwägungen des Berufungsgerichts über die Rechtspflicht der beklagten Partei zur Entsorgung der im Müllkörper enthaltenen Altbatterien nach dem Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes sind richtig. Dieser Hinweis genügt gemäß § 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO. Die beklagte Partei führt gegen ihre Rechtspflicht, dass sie zumindest die im Müllkörper enthaltenen Altbatterien hätte entsorgen müssen, dem Grunde nach nichts ins Treffen. Sie hebt bloß hervor, dass ein "behördlicher Entsorgungsauftrag ... lediglich diese Altbatterien umfasst hätte". Damit will die beklagte Partei verdeutlichen, dass sie wegen ihrer Verpflichtung zur Entsorgung der Altbatterien nicht für die Kosten der Räumung der gesamten Deponie hätte aufkommen müssen. Sie verkennt in diesem Zusammenhang, dass das Berufungsgericht ohnehin nur jene Entsorgungskosten für ersatzfähig hielt, die "mit dem Aufsuchen, Bergen und Entsorgen dieser Altbatterien" notwendig verbunden gewesen wären.

Wäre demnach eine wasserrechtliche Entsorgungspflicht nach den Erwägungen unter 2. bis 2. 3. im zweiten Rechtsgang zu verneinen, so hätte die beklagte Partei der klagenden Partei zumindest die notwendigen Kosten für das Aufsuchen, Bergen und Entsorgen der im Müllkörper enthaltenen Altbatterien - entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichts - zu ersetzen.

5. Der Kostenvorhalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei erwirkte zwar nicht die beantragte Wiederherstellung des Ersturteils, sie erreichte jedoch, dass dem Erstgericht eine für ihren Prozessstandpunkt teilweise günstigere Rechtsansicht als die des Berufungsgerichts überbunden wird. Ihr Rechtsmittel blieb also nicht in jeder Hinsicht erfolglos. Somit sind die Kosten des Rekursverfahrens weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

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