Normen
WRG 1959 §137 idF 1969/207;
WRG 1959 §31 Abs1 idF 1969/207;
WRG 1959 §137 idF 1969/207;
WRG 1959 §31 Abs1 idF 1969/207;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Hörne von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 27. Dezember 1978 wurde über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 31 und 137 WRG 1959 in Verbindung mit § 9 VStG 1950 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall 24 Stunden Arrest) verhängt, da er als verantwortlicher Bereichsleiter der Firma X-Gesellschaft m.b.H. es unterlassen habe, die Bevorratungslager der genannten Firma in Y, mit der gebotenen Sorgfalt so instand zu halten und zu betreiben, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden werde. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer berufen. Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. Dezember 1980 wurde der Berufung gemäß §§ 66 Abs. 4 AVG 1950 und 51 VStG 1950 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung des Bescheides wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Am 27. Februar 1978 habe ein Flughafen-Arbeiter der Bundespolizeidirektion Schwechat, Wachzimmer Mannswörth, ein Ölgebrechen im Ölvorratslager der Firma X gemeldet. Beim unverzüglich durchgeführten Lokalaugenschein hätten die Beamten der Bundespolizeidirektion Schwechat festgestellt, daß von einer Zapfstelle des Vorratstankes für Dieselöl ein Ölstrahl im Ausmaß einer 3/4 Zoll-Wasserleitung ausfließe. Als nach kurzer Zeit die Freiwillige Feuerwehr Mannswörth im Vorratslager eingetroffen sei, sei es gelungen, den Schieber zu schließen. Als die Feuerwehrmänner den Vorratstank näher untersuchten, hätten diese bemerkt, daß der Hauptschieber (zweiter Sicherheitsverschluß) überhaupt nicht geschlossen gewesen sei. Nach relativ kurzer Zeit seien 1000 m2 Bodenfläche im Tanklagerareal mit Dieselöl verseucht gewesen. Öllachen im Ausmaß von 10 m2 seien im östlichen Teil des Lagers gestanden und in Richtung der Langen Heide, ein Augebiet der Stadtgemeinde Schwechat, abgeflossen. Eine Überprüfung des Finanzamtes Wien-Umgebung, Außenstelle Schwechat, am nächsten Tage habe einen Fehlbestand von Ofenheizöl von 11.714 kg ergeben. Die Behauptung des Beschwereführers, daß ein Zuwiderhandeln gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959 den tatsächlichen Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetze, sei rechtlich unhaltbar, da Gewässerverunreinigungen ganz allgemein reine Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 seien, bei denen der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht erforderlich sei (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1964, Zl. 896/64). Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß eine strafbare Handlung erst dann gegeben sei, wenn eine Gewässerverunreinigung entstanden sei, werde von der Berufungsbehörde grundsätzlich nicht geteilt. Anlagen wie Öllager unterlägen zweifellos der erhöhten Sorgfaltspflicht und diese sei im gegenständlichen Falle unzweifelhaft verletzt worden. Dies gehe allein aus dem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 1. März 1978 hervor, wonach der Hauptschieber (zweiter Sicherheitsverschluß) nicht geschlossen gewesen sei. Wäre dieser Schieber geschlossen gewesen, so hätte die Vereisung des Auslaufventiles keinesfalls zum Auslaufen des Heizöles führen können. Die zweifellos gegebene mangelhafte Überwachung (Kontrolle) dieses Schiebers sei eindeutig als Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflicht der X zu werten gewesen. Nach Wiedergabe der §§ 137 Abs. 3 WRG 1959 und 9 VStG 1950 führte die belangte Behörde in der Begründung weiters aus, daß der Einwand, die Anwendung des § 137 Abs. 3 setze den Betrieb einer Wasseranlage voraus, das Tanklager der X-Gesellschaft m.b.H. aber keine Wasseranlage sei, zurückgewiesen werden müsse, da Wasseranlagen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 einen Sammelbegriff darstellten. Eine Wasseranlage müsse daher nicht unbedingt eine Wasserbenutzungsanlage sein. Es werde von der belangten Behörde die Auffassung vertreten, daß dem Beschwerdeführer im Sinne der genannten Bestimmungen mangelnde Sorgfaltspflicht vorzuwerfen sei. Er hätte selbst in der Niederschrift der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 1. März 1978 zugegeben, daß er die Oberaufsicht als Bereichsleiter auch für das gegenständliche Mineralöllager habe. Insoweit sei er auch für die Handlungen und Unterlassungen seiner Untergebenen verantwortlich, auch wenn er nicht im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien als das gemäß § 9 VStG 1950 satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ eingetragen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides, hilfsweise auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführ erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, nur dann gemäß den Bestimmungen der §§ 31 in Verbindung mit 137 WRG 1959 bestraft zu werden, wenn die dort normierten Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Bereits in der Berufung habe der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß eine Zuwiderhandlung gegen § 31 Abs. 1 WRG 1959 den tatsächlichen Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetze, daß also die Gewässerverunreinigung ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte sei. Eine Gewässerverunreinigung habe die belangte Behörde weder festgestellt noch behauptet. Die Rechtsansicht der belangten Behörde stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang. Dies ergebe sich auch aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage. Die hilfsweise geltend gemachte Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde nicht festgestellt habe, daß eine Gewässerverunreinigung nicht eingetreten sei und die belangte Behörde auf die Behauptung in der Berufung, wonach Verfolgungsverjährung eingetreten sei, nicht eingegangen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der in Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben und sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1970, Slg. Nr. 7893/A, auf dessen nähere Begründung die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hingewiesen werden, ist dargelegt worden, daß eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des § 31 Abs. 1 den Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraussetzt. Das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 ist auf die Verhinderung von Gewässerverunreinigungen abgestellt, die keiner Bewilligung zugänglich sind. Der strafbare Tatbestand nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 besteht darin, daß die notwendigen Vorsorgen unterlassen wurden, die es verhindert hätten, daß aus der zunächst bloß möglichen eine tatsächliche Gewässerverunreinigung wurde. Demnach ist die Gewässerverunreinigung ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte. Die grundsätzlich anders geartete Rechtsansicht der belangten Behörde in diesem Punkte ist daher verfehlt. Daran vermag auch der Hinweis der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1964, Zl. 896/64, nichts zu ändern, weil diesem Erkenntnis der § 31 WRG 1959 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 207/1969 zugrunde lag.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, ohne daß es sich als erforderlich erwies, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 2. Juni 1981
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