OGH 1Ob236/18i

OGH1Ob236/18i23.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Lukas Ludwiger, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Dr. W*, vertreten durch Mag. Dietmar Krammer, MA, Rechtsanwalt in Ternitz, wegen zuletzt 137.251,96 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Februar 2018, GZ 12 R 25/17k‑19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31. Jänner 2017, GZ 28 Cg 14/16b‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124189

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Schriftsätze der klagenden Partei vom 21. Dezember 2018 und 2. Jänner 2019 werden zurückgewiesen.

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die – unter Berücksichtigung der Unterbrechungswirkung nach § 68 Abs 4 ZPO rechtzeitige – Revision ist nicht zulässig:

1.1. Das Berufungsgericht befasste sich ausführlich und über mehrere Seiten mit der Tatsachenrüge des Klägers. Darin, dass es dabei voranstellte, die Behandlung der Tatsachenrüge werde dadurch erschwert, dass der Kläger in seinem Rechtsmittel – wie das Berufungsgericht formulierte – „umfangreich Textpassagen aus dem Ersturteil“ zitiere, ohne anzugeben, welche der wiedergegebenen Feststellungen er konkret bekämpfe und daher seine Beweisrüge nur insoweit behandelt werden könne, als sich die bekämpften Feststellungen aus den begehrten erschließen ließen, liegt keinesfalls eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung (vgl RIS-Justiz RS0041835 [T6]). Welche Ersatzfeststellung nicht behandelt („oder ordnungsgemäß begründet“) worden sein sollte, kann der Kläger gar nicht angeben; dies ist angesichts der ausführlichen Auseinandersetzung des Berufungsgerichts mit den Ersatzfeststellungen auch nicht ersichtlich.

1.2. Der Kläger, der den Beklagten als seinen damaligen Rechtsvertreter in einem (mit einem Vergleich beendeten) Vorprozess in Anspruch nimmt, geht in den entscheidungswesentlichen Aspekten und über weite Strecken seines Rechtsmittels nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Weichen die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aber von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ab, dann ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0043312 [T14]) und es ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt, auf die damit angesprochenen materiell-rechtlichen Fragen einzugehen (RIS-Justiz RS0043312 [T3]).

1.3. Mit der Behauptung, es läge ein – der Rechtsrüge zuzuordnender – sekundärer Feststellungsmangel vor, unternimmt der Kläger in Wahrheit den Versuch, im Verfahren dritter Instanz eine – seiner Ansicht nach – unrichtige Tatsachenfeststellung anzugreifen. Da der Oberste Gerichtshof nur Rechtsinstanz und nicht auch Tatsacheninstanz ist, kann bei ihm die Beweiswürdigung der Vorinstanzen aber nicht bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043414 [T11]). Der Kläger behauptet, es fehle die Feststellung, dass er, wenn er vom Beklagten darüber aufgeklärt worden wäre, dass die Eintragung des zu seinen Gunsten vereinbarten Fruchtgenussrechts an einer bestimmten Liegenschaft im Grundbuch lediglich deklarativ wirke – und er den Gegenstand schon vorher nutzen dürfe –, die im Vergleich vereinbarten Zahlungen (deren Unterbleiben schließlich zum Erlöschen des Fruchtgenussrechts [und zum Eintritt des Vorkaufsfalls] führte) keinesfalls eingestellt hätte. Dieser – angeblich ergänzende – Feststellungswunsch steht aber mit dem tatsächlich festgestellten Sachverhalt in Widerspruch – setzt er doch eine Fehlvorstellung (über eine bloß deklarative Wirkung des Fruchtgenussrechts) voraus. Der Kläger hat aber nach dem tatsächlich festgestellten Sachverhalt (schon damals) tatsächlich gewusst und verstanden, dass das zu seinen Gunsten vereinbarte Fruchtgenussrecht mit dem Vergleichsabschluss wirksam werden würde und in seiner Wirksamkeit nicht von der grundbücherlichen Einverleibung abhängig war. Überdies wäre die angestrebte Ersatzfeststellung mit der (Negativ-)Feststellung des Erstgerichts, dass die Gründe für die Einstellung der Zahlung und das Schließen der Buschenschank nicht festgestellt werden konnten, unvereinbar, weil dann ja diese Unterlassung der Grund für die Einstellung der Zahlung und das Schließen der Buschenschank gewesen wäre.

1.4. Das Bestehen und der Umfang von Beratungs- und Aufklärungspflichten sowie die Frage, ob ein Rechtsanwalt die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden und stellt regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0026584 [T21]; RS0023526 [T16]; RS0112203 [T10]).

Ausgehend von der tatsächlich – und auch für den Obersten Gerichtshof bindend – festgestellten Sachverhaltsgrundlage liegt das vom Kläger behauptete Abweichen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung (worin gegebenenfalls eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegen kann) nicht vor. Auch im Rahmen der Anwaltshaftung ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung die Pflichtverletzung sowie der Kausalzusammenhang zwischen pflichtwidrigem Verhalten und dem eingetreten Schaden vom Geschädigten darzulegen und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0022686 [T22]; RS0022700 [T13]). Die getroffene Negativfeststellung geht damit zu Lasten des Klägers (vgl RIS‑Justiz RS0022686 [T23, T25]).

Warum der Beklagte die Verpflichtung gehabt haben sollte, einen Vergleich mit einem bestimmten Inhalt (einer „Verknüpfung“ der Kreditzahlungen des Klägers „mit dem für ihn wesentlichen Betrieb der Buschenschank“) „sicherzustellen“, bleibt unnachvollziehbar, zumal Rechtsanwälte keinen bestimmten Erfolg, wie etwa den Prozesssieg (oder den Abschluss eines Vergleichs mit einem konkreten Inhalt) schulden, sondern (lediglich) die fachgemäße Beratung und Vertretung des Klienten (RIS-Justiz RS0026458). Der Kläger, der sich gegenüber seinem damaligen Rechtsvertreter als „erfahrener Geschäftsmann, der über die entsprechenden wirtschaftlichen Möglichkeiten verfügen würde“ geriert und diesem nicht mitgeteilt hatte, dass sein Einkommen nur in einer Rente von 900 EUR bestand, legt auch gar nicht dar, wie ein solcher Vergleich dem Gegner hätte aufgezwungen werden können. Er war mit der Regelung, dass bei Zahlungsverzug von mehr als zwei Monaten das Fruchtgenussrecht erlöschen würde (ein solches also nicht etwa mit dem Betrieb der Buschenschank verknüpft war) einverstanden, schloss die Buschenschank Ende Jänner 2013, obwohl er sie noch bis Mitte März 2013 hätte betreiben können und zahlte von der Kreditrate für Jänner 2013 nur die Hälfte (und danach keine weiteren), wiewohl er wusste, dass bei Zahlungsverzug von mehr als zwei Monatsraten das Fruchtgenussrecht erlöschen werde.

Sein Vorwurf, er sei vom Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden, dass er bei Nichteinhaltung einer „Verpflichtung der Gegenseite“ trotzdem seine Zahlungsverpflichtung einhalten müsse, scheitert schon daran, dass der Vergleich die von ihm angeführte, aber bloß unterstellte, Verpflichtung der Gegenseite für die Verbücherung des Fruchtgenussrechts zu sorgen, nicht enthielt. Selbst wenn ein Anwalt einen rechtsunkundigen Mandanten belehren muss und dies zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt (RIS‑Justiz RS0038682), dürfen die Anforderungen an seine Sorgfaltspflicht auch nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0026584 [T5]). Es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er sämtliche nur denkbar möglichen, ihm gar nicht bekannten Fehlvorstellungen seines Klienten – soweit sie nicht offensichtlich auf der Handliegen – von sich aus ausräumt, wiewohl etwa der Mandant, wie im vorliegenden Fall der Kläger (der der irrigen Ansicht war, die Gegenseite wäre für die Einverleibung des Fruchtgenussrechts im Grundbuch verantwortlich), nicht nachfragt und zudem, obwohl ihm sein Anwalt ein Schreiben der Gegenseite (mit der Urgenz der ausständigen Zahlung bei sonstiger Geltendmachung des Erlöschens des Fruchtgenussrechts) übermittelte, auf dessen Aufforderung, einen Besprechungstermin zu vereinbaren, wenn er die Angelegenheit besprechen wolle, nicht reagierte.

Die außerordentliche Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage als nicht zulässig zurückzuweisen, was keiner weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Dem Rechtsmittelschriftsatz nachfolgende Eingaben des Klägers sind im Hinblick auf den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (vgl RIS-Justiz RS0041666) unzulässig. Sie sind daher – ohne dass ein Verbesserungsverfahren durch anwaltliche Unterfertigung durchzuführen wäre (RIS-Justiz RS0005946 [T1, T11]) – zurückzuweisen.

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