OGH 1Ob228/07x

OGH1Ob228/07x29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 25.000 EUR sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. September 2007, GZ 14 R 142/07s‑12, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 1. Juni 2007, GZ 32 Cg 6/07y‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs wird verworfen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.581,46 EUR (darin 596,91 EUR USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreits über die Zulässigkeit des Rechtswegs binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte mit einer auf die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung gestützten Klage 25.000 EUR samt Zinsen. Der zuständige Bundesminister habe in einem Gesetzesentwurf eine Novellierung des Weingesetzes angestrebt, die im Widerspruch zum gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten freien Warenverkehr gestanden wäre. Die Klägerin als Weinexporteurin und ihre deutschen Abnehmer hätten sich angesichts der drohenden Novelle auf keine Jahresverträge einlassen können, weil die mit einem allfälligen Gesetzesverstoß verbundenen Nachteile für sie den wirtschaftlichen Ruin bedeutet hätten. Es seien daher keine Lieferverträge zustandegekommen, weshalb der Umsatz des Unternehmens der Klägerin eingebrochen sei. Es sei ein den Klagebetrag erheblich übersteigender Schaden entstanden. Da die Unvereinbarkeit des Inhalts des Gesetzesentwurfs mit dem Gemeinschaftsrecht offenkundig gewesen und damit eine vertretbare Rechtsansicht nicht vorgelegen sei, lägen die Voraussetzungen für einen Staatshaftungsanspruch vor, auch wenn der Entwurf letztlich nicht Gesetz geworden sei. Dieser Staatshaftungsanspruch sei im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs für Ersatzansprüche wegen legislativen Unrechts sei nur dann gegeben, wenn die anspruchsbegründenden Handlungen oder Unterlassungen nicht einem hoheitlich tätig gewordenen Vollzugsorgan, sondern unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen seien. Die Erstellung von Gesetzesentwürfen gehöre nach den Bestimmungen des BundesministerienG zur unterstützenden Tätigkeit der Bundesregierung, somit zu den Geschäften der obersten Bundesverwaltung und nicht zur Gesetzgebung.

Die Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Die von der Klägerin behaupteten Ansprüche wurzelten im Gemeinschaftsrecht und seien daher nicht als privatrechtliche Ansprüche anzusehen. Abgesehen davon, dass für Gesetzesentwürfe keine wie immer geartete Haftung - auch nicht in Form der Staatshaftung - bestehen könne, ergebe sich schon aus dem Vorbringen der Klägerin selbst, dass sie in rechtlich verfehlter Weise Ansprüche aus einer unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnenden Maßnahme („Gesetzesentwurf") ableiten wolle. Seien die anspruchsbegründenden Handlungen jedoch unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen, sei nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs für die daraus abgeleiteten Ansprüche dessen Zuständigkeit nach Art 137 B‑VG und nicht diejenige der ordentlichen Gerichte gegeben. Über Staatshaftungsansprüche, die sich auf „legislatives Unrecht" stützten und unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen seien, habe der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden. Auch die Vorbereitung von Bundesgesetzen sei der Gesetzgebung und nicht der Vollziehung zuzuordnen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die Tätigkeit des Bundesministers in Vorbereitung von Bundesgesetzen sei der Gesetzgebung und nicht der Vollziehung zuzurechnen und könne daher keine Amtshaftungsansprüche auslösen. Es handle sich somit um legislatives Unrecht. Für dieses könnte die Beklagte nur dann ausnahmsweise haften, wenn die fehlerhafte Gesetzgebung unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht verletze. Da der Gesetzesentwurf jedoch nicht Gesetz geworden sei, liege schon nach den Klageangaben kein legislatives Unrecht vor.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei die vorbereitende legislative Tätigkeit eines Bundesministers in ihrer Gesamtheit der Gesetzgebung zuzurechnen, sodass keine Vollziehung der Gesetze iSd § 1 Abs 1 AHG vorliege. Wenn die Klägerin argumentiere, es sei im vorliegenden Fall bei einem bloßen Gesetzesentwurf geblieben, sei zu beachten, dass ein Gesetzesentwurf eines Bundesministers der Vorbereitung einer Regierungsvorlage diene. Ein solcher Gesetzesentwurf sei damit ebenfalls der vorbereitenden legislativen Tätigkeit zuzurechnen. Es sei nicht entscheidend, ob der Bundesminister bei dieser vorbereitenden Tätigkeit - etwa im Zusammenhang mit einem Begutachtungsverfahren - mit der Außenwelt in Berührung gekommen sei, zumal davon ausgegangen werden müsse, dass der Oberste Gerichtshof bei seiner einschlägigen Entscheidung auch die Möglichkeit von Begutachtungsverfahren und der Kenntnis der Öffentlichkeit von Gesetzgebungsvorhaben bedacht und gerade nicht als eine nach außen in Erscheinung tretende Tätigkeit der Verwaltung qualifiziert habe. Auch führe der Umstand, dass es beim Gesetzesentwurf geblieben sei und weder eine Regierungsvorlage gefolgt noch der Nationalrat mit dem Entwurf befasst worden sei, nicht dazu, dass die als legislative Vorbereitungshandlung anzusehende Erstellung des Gesetzesentwurfs der Verwaltung zuzurechnen wäre. In Wahrheit gründe die Klägerin ihren Anspruch auf ein allenfalls eine Staatshaftung begründendes, dem Gesetzgeber unmittelbar zuzurechnendes legislatives Unrecht. Für im Gemeinschaftsrecht wurzelnde Erstattungs- bzw Staatshaftungsansprüche, die nicht als privatrechtliche Ansprüche angesehen werden könnten, sei die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs gegeben, wenn der Anspruch auf legislatives Unrecht gestützt werde und die anspruchsbegründenden Handlungen oder Unterlassungen nicht einem hoheitlich tätig gewordenen Vollzugsorgan, sondern unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen seien. Dies sei hier der Fall. Das Erstgericht habe somit die Rechtswegzulässigkeit zutreffend verneint. Der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht von der oberstgerichtlichen Judikatur nicht abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin macht eine ausdrücklich als Staatshaftungsanspruch bezeichnete Schadenersatzforderung geltend, die sie daraus ableitet, dass ihr durch einen - nie Gesetz gewordenen - gemeinschaftsrechtswidrigen Gesetzesvorschlag eines Bundesministers ein Vermögensschaden entstanden sei, weil sie wegen der bestehenden Wahrscheinlichkeit eines dem Vorschlag entsprechenden Gesetzesbeschlusses bestimmte Lieferverträge nicht abgeschlossen habe. Wenn im Revisionsrekurs nun darüber hinaus auch von einem „Amtshaftungsanspruch" gesprochen wird, so ist damit ersichtlich gemeint, dass der geltend gemachte Staatshaftungsanspruch verfahrensrechtlich so einzuordnen sei, dass er - in sinngemäßer Anwendung des AHG - vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sei.

Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl nur A 23/00 = VfSlg 16.107 mwN), richten sich in Ermangelung einheitlicher gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Gewährung, Umfang und Verfahren in Ansehung von gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsansprüchen nach den jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften. Nachdem der österreichische Gesetzgeber die Frage, vor welcher staatlichen Behörde und in welchem Verfahren derartige Ansprüche geltend zu machen sind, nicht (ausdrücklich) geregelt habe, sei sie nach den allgemeinen Grundsätzen der Zuständigkeitsverteilung „vorzunehmen" (Verweis auf VfSlg 12.049/1989), wobei den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen werden müsse.

Letztlich hat der Verfassungsgerichtshof eine Abgrenzung seiner eigenen Zuständigkeit gemäß Art 137 B‑VG von der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte - in sinngemäßer Anwendung des Amtshaftungsverfahrens - in folgender Weise vorgenommen, die etwa in der zu 1 Ob 205/04k (= SZ 2004/148) ergangenen Entscheidung des erkennenden Senats zusammengefasst wurde: Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs bestehe bei einem Anspruch, der sich auf legislatives Unrecht stützt, (nur) dann, wenn die anspruchsbegründenden Handlungen oder Unterlassungen nicht einem hoheitlich tätig gewordenen Vollzugsorgan, sondern unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen sind; werden Vollzugsorgane tätig, die eine allfällige Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts durch den Gesetzgeber aufgreifen könnten, dann seien diese Ansprüche im Amtshaftungsweg geltend zu machen (Verweise auf VfGH, A 2/01 ua, A 36/00, ZVR 2001/49). In der genannten Entscheidung hat sich der erkennende Senat der dargelegten Abgrenzung mit dem Hinweis angeschlossen, dem Verfassungsgerichtshof sei schließlich verfassungsrechtlich die Kompetenz zugewiesen, Kompetenzkonflikte zwischen ihm und - unter anderem - den ordentlichen Gerichten zu lösen.

Diese Abgrenzung, die naturgemäß an Hand konkreter, an den Verfassungsgerichtshof herangetragener Rechtsfälle entwickelt und formuliert wurde, kann nicht ohne weiteres ohne jegliche Differenzierung auch auf ganz andere Fallgruppen übertragen werden, wie dies die Vorinstanzen getan haben. Darauf wurde insbesondere auch in der Literatur hingewiesen (vgl nur Frischhut/Ranacher, Die Unterscheidung zwischen legislativem und administrativem Unrecht in Staatshaftungssachen, in ÖJZ 2005/241 ff; Koziol, Der Rechtsweg bei Staatshaftungsansprüchen in ZfV 2001, 759 ua).

Es liegt nahe, dass der Verfassungsgerichtshof mit der wiederholt erwähnten Abgrenzung und der Bezugnahme auf (reines) „legislatives Unrecht" vor allem die häufigeren Fälle erfassen wollte, in denen der Ersatzwerber sein Begehren darauf stützte, der Gesetzgeber habe ein gemeinschaftsrechtswidriges Gesetz erlassen bzw ein bestehendes Gesetz trotz gemeinschaftsrechtlichen Anpassungsbedarfs nicht geändert. Daraus kann jedenfalls nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass der Verfassungsgerichtshof seine Zuständigkeit auch in Fällen wie dem vorliegenden bejahen würde, in denen der Gesetzgeber im formellen Sinn überhaupt nicht schadenskausal tätig geworden bzw gemeinschaftsrechtswidrig untätig geblieben ist, sondern den vom Kläger als gemeinschaftsrechtswidrig angesehenen Gesetzesvorschlag gerade nicht ins innerstaatliche Recht eingeführt hat.

Das Rekursgericht hat sich in diesem Zusammenhang auf die (neuere) Judikatur des erkennenden Senats berufen, in der zur (primär materiellrechtlichen) Frage Stellung genommen wurde, ob die vorbereitende legistische Tätigkeit durch Verwaltungsorgane der Gesetzgebung zuzurechnen ist oder aber als „Vollziehung der Gesetze" iSd § 1 Abs 1 AHG, etwa des BundesministerienG, Amtshaftungsansprüche begründen kann. Nachdem noch in der Entscheidung 1 Ob 116/97h die Auffassung vertreten worden war, dass lediglich formelle Gesetzgebungsakte von der Amtshaftung ausgeschlossen seien, hingegen Akte der Vollziehung, die die Gesetzgebung vorbereiten, den Bestimmungen des Amtshaftungsrechts unterlägen, wird seit 1 Ob 231/03g judiziert, dass auch die vorbereitende legistische Tätigkeit durch Verwaltungsorgane der Gesetzgebung zuzurechnen ist, sodass weder für Unterlassungen noch für das Verfassen von Gesetzesvorlagen - selbst wenn diese unverändert in ein in der Folge als verfassungswidrig aufgehobenes Gesetz übernommen wurden - nach dem AHG gehaftet wird (= SZ 2004/118). In der Entscheidung 1 Ob 205/04k (= SZ 2004/148) wurde die Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte mit der Begründung verneint, die vom Verfassungsgerichtshof gewählte Formulierung, die ordentlichen Gerichte seien dann zuständig, wenn Vollzugsorgane tätig wurden, die eine allfällige Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts durch den Gesetzgeber hätten aufgreifen können, sei sinnvollerweise so auszulegen, dass deren Aufgreifen mit - wenigstens - einiger Aussicht auf Erfolg möglich gewesen wäre; da die Klägerinnen die ihnen durch das Gemeinschaftsrecht zuerkannten Rechte vor den nationalen Gerichten nicht hätten erfolgreich geltend machen können, sei die anspruchsbegründende Unterlassung (verspätete Umsetzung einer Richtlinie) unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen.

Zu beachten ist, dass den dargelegten Entscheidungen jeweils Fälle zu Grunde lagen, in denen der Kläger den Vorwurf erhoben hatte, der haftungsbegründende Vollzugsfehler sei darin zu sehen, dass es der zuständige Bundesminister trotz verfassungs- bzw gemeinschaftsrechtlichen Änderungsbedarfs unterlassen habe, (rechtzeitig) einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu erarbeiten und dem gesetzgebenden Organ vorzulegen, bzw dass die Bundesministerin wider besseres Wissen dem Nationalrat einen (in der Folge tatsächlich beschlossenen) verfassungswidrigen Gesetzesentwurf vorgelegt habe.

Ob die dargestellte Auffassung der neueren Amtshaftungsjudikatur (Zuordnung zur gesetzgebenden Gewalt) für die materiellrechtliche Beurteilung der Klageforderung auch auf die hier zu beurteilende Konstellation zu übertragen ist, in der kein (unerkannt gebliebener) Gesetzesänderungsbedarf bestanden hat und das möglicherweise anspruchsbegründende Verhalten des Bundesministers darin bestand, einen Novellenentwurf zu verfassen, der schließlich nie Gesetz wurde, muss nicht abschließend beantwortet werden, zumal die Abgrenzung und Festlegung der eine gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung begründenden Tatbestände letztlich dem Europäischen Gerichtshof obliegt. Vorerst geht es ja ausschließlich um die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs, für die nicht entscheidend ist, ob der behauptete Anspruch überhaupt besteht. Gerade in Fällen, in denen sich ein geltend gemachter Anspruch, etwa ein Staatshaftungsanspruch, als unberechtigt erweisen sollte, kann die Frage, auf welchem verfahrensrechtlichen Weg und vor welcher Behörde dieser Anspruch geltend zu machen ist, oft schwer zu beantworten sein. Die Zulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs kann aber nicht allein mit dem Argument verneint werden, es liege ein der Gesetzgebung zuzurechnendes Verhalten eines Verwaltungsorgans vor, das nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs einen Amtshaftungsanspruch nicht begründen könne und darüber hinaus als „legistisches Unrecht" zu qualifizieren sei. Zutreffend weist die Revisionsrekurswerberin darauf hin, sie müsse befürchten, beim Verfassungsgerichtshof an der Frage der Zuständigkeit zu scheitern, weil dieser die Ansicht vertreten könnte, das hier zu beurteilende Handeln des Bundesministers sei dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen.

In seinen Äußerungen zur Abgrenzung der Zuständigkeit für die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen hat der Verfassungsgerichtshof auch nicht darauf abgestellt, ob das behauptete gemeinschaftsrechtswidrige staatliche Fehlverhalten in weitestem Sinne der Gesetzgebung zuzuordnen ist, sondern seine Zuständigkeit vielmehr auf „legislatives Unrecht" beschränkt, das unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen sei (vgl nur VfGH A 23/00 = VfSlg 16.107 und die Folgejudikatur). Darüber hinaus formulierte er in dieser Entscheidung, die Amtshaftungsgerichte seien dagegen grundsätzlich immer dann zuständig, wenn der Kläger seinen Anspruch auf eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts stützt, die „er der Vollziehung zurechnet". Ob mit dieser Formulierung tatsächlich der Qualifikation staatlichen Handelns durch den Kläger gegenüber einer objektiven Beurteilung besondere Bedeutung zugemessen werden soll, ist aus der Begründung des Verfassungsgerichtshofs nicht wirklich ersichtlich (so auch Frischhut/Ranacher aaO, 253), doch ist immerhin zu bedenken, dass der österreichische Gesetzgeber jegliche Regelung der „Zuständigkeit" für Staatshaftungsansprüche trotz des im hohen Maße vorhandenen Klarstellungsbedarfs unterlassen hat. Auch unter diesem Aspekt erscheint es durchaus gerechtfertigt, der vom Anspruchsteller vorgenommenen Qualifikation in jenen Fällen besondere Bedeutung beizumessen, in denen sich der (objektiv) richtige Verfahrensweg auch aus der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nicht ableiten lässt (in diesem Sinne im Ergebnis wohl auch Frischhut/Ranacher, aaO; noch weitergehend Koziol, aaO 763).

Im vorliegenden Fall ist der Klägerin zuzugestehen, dass nach ihren Behauptungen der angeblich schadenstiftende Gesetzesentwurf noch nicht in das eigentliche Gesetzgebungsverfahren „vorgedrungen" war, sodass eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs für den geltend gemachten Staatshaftungsanspruch, der diese nur bei „unmittelbar" dem Gesetzgeber zuzurechnendem „legislativem Unrecht" in Anspruch nimmt, nicht besteht.

Die Beklagte ist in dem durch die von ihr erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgelösten Zwischenstreit unterlegen, weshalb sie der Klägerin die gesamten darauf entfallenden Kosten zu ersetzen hat, zu der auch die Kosten der abgehaltenen Streitverhandlung gehören.

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