OGH 1Ob227/98h

OGH1Ob227/98h27.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard B*****, vertreten durch Dr. Albert Feichtner und Dr. Anneliese Lindorfer, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Gabriele N*****, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Löschung von Grundbuchseintragungen (Streitwert S 500.000,-) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Juni 1998, GZ 3 R 81/98f-58, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hat sich bereits in der Klage (Punkt 3.) darauf berufen, die Beklagte habe ihn listig in Irrtum geführt. Die Beklagte hat darauf repliziert und die Feststellung des Erstgerichts, der Kläger habe Befürchtungen wegen möglicher Exekutionsführung von Gläubigern auf seine Liegenschaftshälfte gehegt und die Bedeutung des einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots nicht erkannt, in der Berufung (erfolglos) bekämpft. Bei dieser Sachlage kann aber von einer überraschenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts keine Rede sein, mußte doch beiden Parteien klar sein, daß sich die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts nicht nur am Anfechtungsgrund des Wuchers, sondern auch am Klagegrund Arglist ausrichten konnte (vgl ZVR 1974/110; 6 Ob 620/83; 9 ObA 26/89).

Absichtliches Verschweigen eines erheblichen Umstands bedeutet List, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten (§ 863 ABGB) oder aus besonderen Gründen verpflichtet wäre, den Irrenden aufzuklären (4 Ob 510/93; SZ 55/51; 2 Ob 382/97h; u. v. a.). Es ist gesicherte Rechtsprechung, daß das in das öffentliche Buch eingetragene, gegen Dritte wirksame Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht nur die vertragliche, sondern auch die zwangsweise Einverleibung eines Pfandrechts (SZ 23/255; SZ 60/39; RZ 1989/68; 5 Ob 68/94 u. v. a.) sowie die Zwangsversteigerung (SZ 49/151; SZ 59/102; RZ 1990/145; u. v. a.) hindert, solange die begünstigte Person dem nicht zustimmt. Nach den Feststellungen (S 13 der Ausfertigung des Ersturteils) war diese Tatsache der Beklagten bekannt, dem Kläger jedoch nicht bewußt (aaO 12). Wann die Aufklärungspflicht des Vertragspartners nach der Übung des redlichen Verkehrs besteht, ergibt sich jeweils aus dem Umständen des Einzelfalls (1 Ob 632/94; 2 Ob 382/97h). Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Beklagte sei, insbesondere wegen des reduzierten Geisteszustands ihres Bruders, zur Aufklärung verpflichtet gewesen, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit nicht zu beanstanden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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