Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 72.660 EUR sA und brachte - kurz zusammengefasst - vor: Sie habe eine bestimmte Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beklagte sei, unter anderem mit der örtlichen Bauaufsicht für die Ausführung eines bestimmten Bauvorhabens beauftragt. Vertragsgegenstand sei auch gewesen, dass sich diese Werkunternehmerin wegen ihrer Tätigkeit als „Baustellen- und Planungskoordinator" mit einer Deckungssumme von 2 Mio ATS (= 145.345,66 EUR) haftpflichtversichere. Dieser Vertragspflicht habe die Werkunternehmerin nicht entsprochen, weil sie eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von lediglich 1 Mio ATS (= 72.672,83 EUR) abgeschlossen habe. Die klagende Partei habe bei jenem Bauvorhaben infolge „mangelhafter Ebenflächigkeit" von Stahlbetonoberflächen einen Vermögensschaden erlitten. Dieser sei in Höhe von 830.986,40 EUR noch ungedeckt. Der Beklagte habe es als Geschäftsführer vorsätzlich unterlassen, für die vertragsgemäße Versicherungsdeckung der Vertragspartnerin zu sorgen. Der Klagebetrag entspreche einem Teil der Deckungsdifferenz von 72.672,83 EUR. Die gegen die Vertragspartnerin geltend gemachten Ansprüche würden zumindest teilweise uneinbringlich sein. Der Beklagte hafte für die entgangene Versicherungsdeckung persönlich, weil sein Verhalten als Geschäftsführer bei Abschluss des Versicherungsvertrags mit der hinter der getroffenen Vereinbarung zurückbleibenden Deckungssumme einer „deliktischen sittenwidrigen Schädigung" nach § 1295 Abs 2 ABGB entspreche.
Der Beklagte wendete ein, der klagenden Partei sei der Umfang der Versicherungsdeckung bekannt gewesen, ein Deckungsanspruch könne nicht der klagenden Partei, sondern nur der Versicherungsnehmerin zustehen. Die vereinbarte Deckung betrage überdies je Versicherungsfall 72.672,83 EUR. Eine „niedrigere Versicherungssumme" sei bloß ein Nachteil für den Versicherten, „solange berechtigte Ansprüche - von wem auch immer - befriedigt werden" könnten. Die klagende Partei habe ferner den behaupteten Vermögensschaden als Folge einer „mangelhaften Ebenflächigkeit" von Stahlbetonoberflächen nicht erlitten. Sie habe daher weder gegen die Gesellschaft, deren Geschäftsführer er sei, noch gegen andere Personen einen Schadenersatzanspruch. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der klagenden Partei sei nicht zu erkennen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil sich die getroffene Entscheidung auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stütze. Die außerordentliche Revision ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die klagende Partei wirft dem Berufungsgericht vor, es habe die Solidarhaftung des Beklagten für den auch gegen die Gesellschaft als Vertragspartnerin gerichtlich geltend gemachten Schaden auf eine „Ausfallshaftung" reduziert, obgleich der Gläubiger einer Solidarschuld jeden der Haftenden ungeachtet der Ansprüche gegen andere Schuldner sogleich in Anspruch nehmen könne.
2. Der Oberste Gerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass die Anwendung der Bestimmungen über die Gesamtschuld nur eine gemeinschaftliche Schuld, aber nicht deren Entstehung aus demselben Rechtsgrund voraussetzt. Eine Solidarschuld kann sich demnach aus jeweils verschiedenen, für die einzelnen Haftenden maßgebenden Rechtsgründen ergeben (1 Ob 772/82 = SZ 56/21; siehe ferner RIS-Justiz RS0017315). Daher können auch für den Ersatzanspruch wegen eines bestimmten Schadens mehrere Personen als Solidarschuldner auf Grund unterschiedlicher Rechtsgründe haften. Wesentlich ist nur das Bestehen einer Erfüllungsgemeinschaft in Ansehung desselben Schadens (6 Ob 316/02t; 7 Ob 148/02v). Bedeutsam ist insofern somit die Identität der geschuldeten Leistung (P. Bydlinski in KBB § 891 ABGB Rz 2).
3. Die klagende Partei machte im anhängigen Parallelverfahren gegen die Gesellschaft als Vertragspartnerin Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche wegen einer behaupteten mangelnden Ebenflächigkeit bestimmter Stahlbetonoberflächen (auch) als Voraussetzung für deren ordnungsgemäße Beschichtung geltend. Ein Schadenersatzanspruch wegen eines zu erwartenden Forderungsausfalls als Folge der vereinbarungswidrigen Unterversicherung eines Haftpflichtrisikos - entsprechend dem eingangs referierten Klagegrund - ist nicht Gegenstand jenes Verfahrens. Den in den beiden Verfahren erhobenen Ansprüchen mangelt es daher an der Identität der behaupteten geschuldeten Leistung nach den voranstehenden Gründen. Dort werden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegen die Gesellschaft als Vertragspartnerin geltend gemacht. Hier wird der Beklagte dagegen wegen einer behaupteten sittenwidrigen Schädigung in Anspruch genommen, weil die Vertragspartnerin die im Parallelverfahren erhobenen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche nicht vollständig mit Eigenmitteln werde erfüllen können und dieser drohende Forderungsausfall wegen der hinter der getroffenen Vereinbarung zurückbleibenden Versicherungsdeckung für Ansprüche gegen die Vertragspartnerin im Umfang des Klageanspruchs dem Beklagten anzulasten sei. Es besteht ferner auch keine Identität der vom Beklagten nach den Klagebehauptungen geschuldeten Leistung mit den von der klagenden Partei in weiteren Verfahren gegen zwei andere Gesellschaften erhobenen Ansprüchen.
4. Nach den bisherigen Erwägungen erweist sich das von der klagenden Partei im Mittelpunkt ihrer Revisionsausführungen stehende Argument einer Solidarhaftung der vom Beklagten als Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft, zweier anderer Gesellschaften und des Beklagten persönlich für einen bestimmten Ersatzanspruch als unzutreffend. Angesichts dessen ist nicht zu erkennen, dass das Berufungsgericht die seine Entscheidung tragenden Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0022464; vgl insbesondere auch die E 1 Ob 214/03g) als Voraussetzung der Zulässigkeit der Revision offenkundig fehlerhaft auf den Anlassfall angewendet hätte. Dass jene Leitlinien unrichtig seien, wird im Rechtsmittel nicht behauptet und begründet. Die klagende Partei setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob anstelle einer Verurteilung zur Leistung ein Feststellungsurteil als minus in Betracht gekommen wäre. Somit erübrigt sich eine Erörterung dieser Frage.
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