OGH 1Ob221/00g

OGH1Ob221/00g6.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Stefan Gloss, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner und Mag. Reinhard Walther, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Aufkündigung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 14. Juli 2000, GZ 1 R 91/00b und 1 R 92/00z-16, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Gerichtsstandsvereinbarung der Streitteile im Bestandvertrag vom 18. 5. 1992 über eine "Hallenfläche von 1260 m2 samt einigen Büro- und Nebenräumen sowie rund 996 m2 Freifläche" hat folgenden Wortlaut:

"Gerichtsstand: Beide Vertragsteile unterwerfen sich für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag dem sachlich zuständigen Gericht in Wien."

Die klagende Partei ist die Mieterin. Sie brachte die gerichtliche Aufkündigung des Bestandvertrags bei dem nach § 83 JN zuständigen Gericht ein.

Die beklagte Partei ist die Vermieterin. Sie erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, die sie auf die eingangs dargestellte Gerichtsstandsvereinbarung und auf einen Schriftverkehr zur Vertragslage stützte. Im übrigen wendete sie sich gegen die gerichtliche Aufkündigung mit Sacheinwendungen.

Das Erstgericht sprach nach Durchführung eines - über den Wortlaut der Gerichtsstandsvereinbarung und des Schriftverkehrs zur Vertragslage hinausgehenden - Beweisverfahrens seine örtliche Unzuständigkeit aus und wies "die Aufkündigung" zurück.

Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei wendet sich gegen die Ansicht des Rekursgerichts, allein dem aktenkundigen Schriftverkehr sei nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass sich die ins Treffen geführte Gerichtsstandsvereinbarung auf das der gerichtlichen Aufkündigung zugrunde liegende Rechtsverhältnis bezieht. Sie vertritt ferner die Meinung, das Rekursgericht hätte bei seiner Entscheidung auch die erstgerichtlichen Feststellungen aufgrund jener Beweisergebnisse, die über den bloßen Wortlaut der Urkunden hinausgehen, berücksichtigen müssen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung im Zweifel nur einen Wahlgerichtsstand begründet. Soll hingegen der vereinbarte als ausschließlicher Gerichtsstand gelten, so bedarf es entweder einer ausdrücklichen Abrede (6 Ob 562/91; 7 Ob 712/83; SZ 44/31; EvBl 1970/230; SZ 19/228) oder eines solchen, sich eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang der Gerichtsstandsvereinbarung ergebenden rechtsgeschäftlichen Willens (EvBl 1994/112). Wiederholt wurde auch schon ausgesprochen, dass eine Vereinbarung, die Parteien würden sich der Gerichtsbarkeit eines bestimmten Gerichts "unterwerfen", für die Annahme eines ausschließlichen Gerichtsstands bei diesem Gericht nicht ausreicht (SZ 44/31; EvBl 1970/230; SZ 19/228).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage hängt die Entscheidung nicht von der Lösung der im außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen ab, weil die Vereinbarung eines - den Gerichtsstand nach § 83 JN verdrängenden - ausschließlichen Gerichtsstands auch dann nicht unterstellt werden könnte, wenn die Ansicht der beklagten Partei über die Maßgeblichkeit aller erstgerichtlichen Feststellungen (rein theoretisch) zuträfe, wurde doch auch vom Erstgericht nur festgestellt, dass für das von der gerichtlichen Aufkündigung betroffene Bestandverhältnis "alle übrigen Vertragspunkte des Mietvertrags vom 2. 4. bzw 18. 5. 1992 ... unverändert aufrecht blieben, so auch die Gerichtsstandsvereinbarung ...". Diese Feststellung trägt den Standpunkt der beklagten Partei selbst nach dem Gesichtspunkt der Bedeutsamkeit des "Gesamtzusammenhangs" der Gerichtsstandsvereinbarung nicht.

Die gerichtliche Aufkündigung durfte somit auch bei dem nach § 83 JN zuständigen Gericht eingebracht werden.

Vor dem Hintergrund der voranstehenden Erwägungen ist der außerordentliche Revisionsrekurs gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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