Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 19.437,20 EUR samt 8,88 % Zinsen aus diesem Betrag seit 13. 6. 2010 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 8,88 % Zinsen aus 19.437,20 EUR vom 26. 3. 2010 bis 12. 6. 2010 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.320,10 EUR (darin 1.347,85 EUR USt und 1.233 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.189,44 EUR (darin enthalten 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte betreibt ein Kälte-, Wärme-, Schall- und Branddämmungsunternehmen, mit dem er auch international tätig ist und für das er immer wieder Isoliermaterial benötigt, das er nicht nur in Österreich, sondern dort kauft, wo er dies am günstigsten bekommt. 2009 hatte der Beklagte in Rumänien eine Baustelle und lernte dort Ion R***** kennen, der für diese Baustelle dem Beklagten Personal bereitgestellt hatte. Ion R***** ist Geschäftsführer der S***** S.R.L. mit Sitz in Rumänien, die Isoliermaterial ankauft und montiert. Er ist der Ehemann von Frunzina R*****, der „Verwalterin“ der Klägerin. Nach Abwicklung dieser Baustelle in Rumänien besprach der Beklagte mit Ion R*****, dass dieser auch in Österreich eine Firma gründen solle, damit diese für den Beklagten in Österreich tätig werden kann. Ion R***** gründete daraufhin im Jänner 2010 die R***** GmbH, deren Alleingesellschafter er ist. Zum Geschäftsführer wurde Anto J***** bestellt.
Die R***** GmbH „befand sich“ bis Mitte 2011 in den Büroräumlichkeiten des Beklagten und konnte die gesamte Infrastruktur des Unternehmens des Beklagten nutzen; sie hatte auch Zugang zu sämtlichen Büroräumlichkeiten des Beklagten.
Die R***** GmbH führte für den Beklagten Montageaufträge aus. Im Februar 2010 kam es zwischen dem Beklagten, Anto J*****, Ion R***** und einer weiteren Person zu einem Gespräch, weil für eine Baustelle in K***** Isoliermaterial benötigt wurde. Anlässlich dieses Gesprächs meinte der Beklagte, dass die Preise für das Isoliermaterial in Rumänien und Österreich verglichen werden sollten und, wenn das Isoliermaterial in Rumänien günstiger sei, sollte Material in Rumänien für die Baustelle gekauft werden. Anto J***** war durch die Nutzung der Büroräumlichkeiten des Beklagten mit diesem ständig in Kontakt. Er verglich daraufhin die Preise und der Beklagte vereinbarte mit ihm, dass sich Anto J***** darum kümmern soll, wo nunmehr das Isoliermaterial für die Baustelle in K***** am günstigsten eingekauft werden kann. Anto J***** zeigte dem Beklagten dann die Preise des rumänischen Isoliermaterials und teilte ihm gleichzeitig mit, dass dieses günstiger sei als in Österreich. J***** erstellte daraufhin eine Liste der für die Baustelle benötigten Mengen an Isoliermaterial und schickte Anfang März 2010 die Bestellung über die genauen Mengenangaben mittels E-Mail an die Klägerin.
Am 12. 3. 2010 lieferte eine Spedition das bestellte Isoliermaterial an die Firmenadresse des Beklagten. Die Rechnung war an diesen gerichtet und enthielt die genaue Bezeichnung des Materials mit Mengenangaben pro Laufmeter und Einzelpreis; die gesamte Rechnungssumme betrug 19.437,20 EUR. Das gelieferte Isoliermaterial wurde in den Lagerräumlichkeiten des Beklagten eingelagert. Bei der Warenlieferung waren sowohl der Beklagte als auch Anto J***** anwesend. Als der Beklagte sah, dass die Lieferung mit dem Isoliermaterial kam und in seine Räumlichkeiten eingelagert wurde, war er erstmals verwundert und fragte Anto J*****, um welche Lieferung es sich dabei handle. Dieser teilte dem Beklagten mit, dass dies das Material für die fragliche Baustelle sei. Der Beklagte erklärte daraufhin, dass Anto J***** mit der Bestellung noch warten hätte sollen, nachdem sich die Baustelle verzögern würde. Nachdem der Beklagte die Rechnung in seinen Büroräumlichkeiten bemerkte, nahm er mit Ion R***** Kontakt auf und besprach dann gemeinsam mit Anto J*****, dass die verrechneten Preise für die gelieferten Waren weit überhöht seien und er um einen solch teuren Preis diese Ware nicht bestellt hätte. Ion R***** war der Meinung, dass der Preis für das gelieferte Isoliermaterial den rumänischen Verhältnissen entspreche. Nachdem der Beklagte die gelieferte Ware nicht bezahlte, forderte Ion R***** ihn etwa zwei bis drei Monate nach der Lieferung auf, die Rechnung zu bezahlen.
Cirka 60 bis 70 % des gelieferten Isoliermaterials wurde etwa zwei bis drei Monate nach der Lieferung an den Beklagten für die Baustelle in K***** im Auftrag des Beklagten verwendet. Das restliche Isoliermaterial befindet sich noch im Lager des Beklagten.
Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Zahlung von 19.437,20 EUR sA als Kaufpreis für das von ihr gelieferte Isoliermaterial. Durch die Warenannahme habe sich der Beklagte zur Zahlung des Rechnungsbetrags verpflichtet; er habe die gelieferte Ware zum großen Teil bei verschiedenen Bauvorhaben weiterverwendet und eingebaut. Der Beklagte habe der Rechnung niemals widersprochen, sondern im Sommer 2010 die offene Forderung ausdrücklich anerkannt. Es sei beabsichtigt gewesen, dass die R***** GmbH für den Beklagten als Subunternehmer bei der Durchführung von Isolierungsarbeiten tätig werden sollte; ausdrücklich sei vereinbart worden, dass das rumänische Unternehmen von Ion R***** ausschließlich Arbeitsleistungen an „Gewerken“ des Beklagten erbringen sollte, sofern der Beklagte das gesamte Material stelle. Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin sei Frunzina R*****; es bestünden keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen mit der R***** GmbH.
Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, zwischen ihm und der Klägerin bestehe kein Vertragsverhältnis. Er habe bei der Klägerin nie Waren bestellt. Sein Firmenstempel sei ohne Mitwirken und Wissen von Anto J***** auf dem Frachtbrief angebracht worden. Er habe die Ware auch nicht übernommen. Die Ware habe Anto J***** als Geschäftsführer der R***** GmbH bestellt. Die Klägerin stehe im wirtschaftlichen Einflussbereich von Ion R*****, deren faktischer Geschäftsführer dieser gewesen sei. Im Februar 2010 habe er mit Ion R***** vereinbart, dass die R***** GmbH oder Ion R***** an ihn für ein bestehendes Bauvorhaben in Rumänien Waren (Mineralwolle) liefere und Dienstleistungen (vollständige Montage) für zwei Stück Großbehälter im Wert von 45.000 EUR als Ausgleich für die offenen Forderungen (Miete für die Betriebsstätte, PC-Programme etc) unentgeltlich erbringe. Für diesen Fall habe sich der Beklagte bereit erklärt, im Zuge dieses Bauvorhabens das Isoliermaterial zu den Einkaufspreisen in Österreich in Teilbeträgen und entsprechend dem Leistungsfortschritt auf der rumänischen Baustelle anzukaufen. Mit dieser Vereinbarung sollten sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt und beglichen sein. Ion R***** habe diese Vereinbarung nicht eingehalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ausgehend von weiteren Feststellungen, die das Berufungsgericht nicht übernahm, führte es rechtlich aus, der Beklagte habe Anto J***** beauftragt, in seinem Namen und auf seine Rechnung für die Baustelle in K***** Material zu bestellen. Es liege ein Bevollmächtigungsvertrag im Sinn des § 1002 ABGB vor. Bei der Bestellung handle es sich um einen Warenkauf im Sinn des UGB. Sowohl die Rechnung als auch der Frachtbrief seien an den Beklagten gerichtet gewesen. Anto J***** habe den Frachtbrief im Rahmen des Bevollmächtigungsvertrags mit dem Firmenstempel des Beklagten versehen. Die Handlungen von Anto J***** seien durch die Bevollmächtigung durch den Beklagten gedeckt; dieser sei auch bei der Anlieferung der Ware anwesend und damit einverstanden gewesen, dass das Isoliermaterial abgeladen und in sein Lager eingelagert werde. Eine Vollmachtsüberschreitung durch Anto J***** liege nicht vor. Durch die Annahme des Frachtguts und des Frachtbriefs werde der Empfänger verpflichtet (§ 436 UGB) nach Maßgabe des Frachtbriefs zu zahlen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es behandelte die Beweisrüge des Beklagten großteils nicht und hielt die erstgerichtlichen Feststellungen insbesondere zur Besprechung zwischen Anto J***** und dem Beklagten über die getätigte Bestellung und zur nachträglichen Zahlungszusage des Beklagten für die rechtliche Beurteilung entbehrlich. Nach Art 1 Abs 1 lit a des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrechtsübk) sei dieses Übereinkommen auf Verträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten hätten, wenn diese Staaten Vertragsstaaten seien. Die Klägerin habe ihren Sitz in Rumänien, der Beklagte in Österreich. Beide Staaten seien Vertragsstaaten des UN-Kaufrechtsübk. Die Parteien hätten nicht behauptet, dass gemäß Art 6 UN-Kaufrechtsübk die Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen oder abweichende Bestimmungen vereinbart worden seien; zur Beurteilung der Frage, ob ein Kaufvertrag zustande gekommen sei, sei somit UN-Kaufrecht anzuwenden.
Äußere der Empfänger aufgrund des Angebots, der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder der „Gebräuche“ seine Zustimmung „dadurch, dass er eine Handlung vornehme“, die sich zum Beispiel auf die Absendung der Ware oder die Zahlung des Preises beziehe, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so sei die Annahme zum Zeitpunkt der Handlung wirksam, sofern diese innerhalb der in Art 18 Abs 2 UN-Kaufrechtsübk vorgeschriebenen Frist vorgenommen werde (Art 18 Abs 3 UN-Kaufrechtsübk). Die Annahme durch Verhalten werde etwa in der Verarbeitung der gelieferten Ware durch den Käufer erblickt, wobei ein Zugang der damit zum Ausdruck gebrachten Zustimmung regelmäßig nicht für erforderlich gehalten werde. Da der Beklagte etwa 60 bis 70 % des gelieferten Isoliermaterials etwa zwei bis drei Monate nach der Anlieferung für die Baustelle in K***** verwendet habe, sei zu diesem Zeitpunkt der Abschluss des Vertrags als erfolgt anzusehen. Auf die Frage einer möglichen wirksamen Stellvertretung komme es ebenso wenig an, wie darauf, ob der Beklagte die Forderung im Nachhinein anerkannt habe. Unbeachtlich seien auch Umstände über die Anbringung des Stempels des Beklagten auf dem Frachtschein. Auf die Angemessenheit des Preises komme es nicht an, weil der Beklagte durch seine „Handlung“ (Verwertung der gelieferten Ware) dem Kaufvertrag zugestimmt habe.
Das Berufungsgericht erklärte zunächst die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf Antrag des Beklagten nach § 508 ZPO änderte es diesen Ausspruch dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte, weil zum Zustandekommen eines Kaufvertrags durch Verarbeitung der gelieferten Ware nach Art 18 UN-Kaufrechtsübk Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die „ordentliche Revision nicht zuzulassen“, in eventu dem Rechtsmittel ihres Prozessgegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und teilweise im Hinblick auf das Verzugszinsenbegehren auch berechtigt.
1. Da Österreich und Rumänien Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrechtsübk; auch CISG) sind, ist dieses kraft autonomer Anknüpfung (Art 1 Abs 1 lit a UN-Kaufrechtsübk) anzuwenden. Auch der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens ist gegeben, weil Gegenstand des zu beurteilenden Kaufvertrags die Lieferung von Waren ist (vgl 4 Ob 80/05a).
2. Voranzustellen ist, dass das Berufungsgericht die vom Beklagten in der Berufung mit Beweisrüge bekämpfte Feststellung, dass Anto J***** sämtliche Bestellungen gemeinsam mit dem Beklagten besprach, als für die rechtliche Beurteilung entbehrlich ansah und nicht übernahm. Damit steht nicht fest, dass Anto J*****, der Anfang März 2010 die Bestellung mit den genauen Mengenangaben des Isoliermaterials an die Klägerin schickte, dazu vom Beklagten rechtswirksam bevollmächtigt wurde. Mangels Vertretungsmacht kann dem Beklagten diese Bestellung daher nicht als Angebot zugerechnet werden.
Zu beurteilen ist demnach die Annahme des Angebots der Klägerin, das darin liegt, dass sie dem Beklagten Isoliermaterial lieferte und in der an den Beklagten gerichteten Rechnung die genaue Bezeichnung des Materials mit Mengenangaben pro Laufmeter mit Einzelpreis zu einer gesamten Rechnungssumme von 19.437,20 EUR bekannt gab. Dass darin hier nach den festgestellten Umständen des Einzelfalls ein Angebot der Klägerin im Sinn des Art 14 Abs 1 UN-Kaufrechtsübk liegt, ist im Revisionsverfahren nicht strittig.
3. Streitpunkt im Revisionsverfahren ist die Frage der Annahme dieses Angebots durch den Beklagten.
Nach Art 18 UN-Kaufrechtsübk sind drei Annahmeformen zu unterscheiden: 1. ausdrücklich erklärte und zugangsbedürftige Annahme, 2. konkludent erklärte und zugangsbedürftige Annahme und 3. konkludent erklärte und nicht zugangsbedürftige, das heißt mit dem konkludenten Verhalten wirksame Annahme (Schlechtriem/Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht5 [2008] Art 18 Rn 2). Hier ist nur die dritte Annahmevariante von Interesse.
Gemäß Art 18 Abs 1 erster Satz UN-Kaufrechtsübk stellt eine Erklärung oder ein sonstiges Verhalten des Empfängers, das eine Zustimmung zum Angebot ausdrückt, eine Annahme dar. Ein sonstiges Verhalten in diesem Sinn besteht in einer stillschweigenden Zustimmungsäußerung des Annehmenden zum Angebot. Die Zustimmungsäußerung erfolgt hier durch die Vornahme oder Nichtvornahme einer bestimmten Handlung, welche das Einverständnis und den Bindungswillen des Annehmenden ernsthaft und zweifelsfrei zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um eine Bestätigung des Vertragswillens durch den Annehmenden. Maßgebend für die Feststellung, ob eine Handlung des Annehmenden ein annahmegleiches Verhalten darstellt oder nicht, ist gemäß Art 8 UN-Kaufrechtsübk der Erkenntnishorizont eines objektiven Dritten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Dornis in Honsell, Kommentar zum UN-Kaufrecht² [2010] Art 18 Rn 21; Schlechtriem/Schroeter aaO Art 18 Rn 7 f; Ferrari/Mankowski, Int. VertragsR Art 18 CISG Rn 6; Staudinger/Magnus [2005] Art 18 CISG Rn 10 f; Gruber in Münchener Kommentar zum BGB6 [2012] Art 18 CISG Rn 3 f). Beispiele für ein solches Verhalten sind der Weiterverkauf unbestellter Ware durch den Käufer (in diesem Sinn 2 Ob 547/93 = SZ 67/198 = CISG-Online Nr 117) und die Verarbeitung der gelieferten Ware durch den Käufer (Schlechtriem/Schroeter aaO Art 18 Rn 7a; Dornis aaO Art 18 Rn 22; Ferrari/Mankowski aaO Art 18 CISG Rn 7; Staudinger/Magnus aaO Art 18 CISG Rn 11; Gruber aaO Art 18 CISG Rn 4).
Art 18 Abs 3 UN-Kaufrechtsübk sieht eine Ausnahme vom Zugangsprinzip für die Zustimmungsäußerung vor: Äußert der Empfänger aufgrund des Angebots, der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder der Bräuche seine Zustimmung durch eine Handlung, die sich zum Beispiel auf die Absendung der Ware oder die Bezahlung des Preises bezieht, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist die Annahme zum Zeitpunkt der Handlung wirksam, sofern diese innerhalb der in Art 18 Abs 2 leg cit vorgeschriebenen Frist vorgenommen wird. Grundlage dafür kann das Angebot selbst, ein internationaler Handelsbrauch oder eine zwischen den Parteien bestehende Gepflogenheit bilden. Verzichtet wird nur auf den Zugang der Annahme, nicht aber auf die Vornahme der Annahmehandlung selbst (Dornis aaO Art 18 Rn 33; Gruber aaO Art 18 CISG Rn 8; Schlechtriem/Schroeter aaO Art 18 Rn 20 f; Staudinger/Magnus aaO Art 18 CISG Rn 25). Beispiele für Verhaltensweisen, die Zustimmung zum Ausdruck bringen und aufgrund der besonderen Voraussetzungen nach Art 18 Abs 3 UN-Kaufrechtsübk unmittelbar als Annahme wirken, sind vor allem solche Handlungen, bei denen ein Zugang der damit zum Ausdruck gebrachten Zustimmung regelmäßig nicht für erforderlich gehalten wird, wie zum Beispiel Verarbeitung der Ware oder Direktleistung an einen Dritten (Schlechtriem/Schroeter aaO Art 18 Rn 18). Erfüllt die Äußerung des Annehmenden die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit einer Annahme, kommt der Vertrag gemäß Art 23 UN-Kaufrechtsübk zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Äußerung zustande. Bei der sogenannten zugangsfreien Annahmehandlung kommt der Vertrag bereits mit der Vornahme der Handlung zustande, weil damit der Tatbestand der Annahme vollendet ist (Dornis aaO Art 18 Rn 54; Ferrari/Mankowski aaO Art 18 CISG Rn 19; Schlechtriem/Schroeter aaO Art 18 Rn 22).
4. Der Beklagte war zwar zunächst mit der Höhe des Kaufpreises des von der Klägerin am 12. 3. 2010 über Bestellung von Anto J***** gelieferten Isoliermaterials nicht einverstanden, jedoch verwendete er 60 bis 70 % des gelieferten Isoliermaterials etwa innerhalb von zwei bis drei Monaten nach der Anlieferung (Zeitraum zwischen 12. 5. und 12. 6. 2010) für die Baustelle in K*****. Durch die Verarbeitung des Isoliermaterials akzeptierte er das Kaufanbot der Klägerin. Der Einzelpreis je Laufmeter des Isoliermaterials war ihm bekannt. Verarbeitete er aber den Großteil des von der Klägerin gelieferten Isoliermaterials weiter, so ist dies, jedenfalls unter den hier gegebenen besonderen Umständen, als wirksame Zustimmung zum Abschluss eines Kaufvertrags zu werten. Vom Verständnishorizont eines objektiven Dritten war damit klar, dass der Beklagte ein Erklärungsverhalten setzt, wodurch der Kaufvertrag über das gesamte Isoliermaterial im Zeitraum der Vornahme der Verarbeitung zustande kam. Berücksichtigt man, dass die Lieferung (also das Anbot) genau den der klagenden Partei bekannt gegebenen Bedarf des Beklagten deckte und eine Rechnung mitgeschickt wurde, kann darin ein Verzicht auf die Übermittlung der Annahme gesehen werden.
Die Annahme des Angebots durch den Beklagten erfolgte nach den festgestellten Umständen auch noch „innerhalb einer angemessenen Frist“ (Art 18 Abs 2 zweiter Satz UN-Kaufrechtsübk). Die Verarbeitung des Isoliermaterials zwei bis drei Monate nach der Lieferung auf einer Baustelle fand hier unter Berücksichtigung der Umstände des Geschäfts, weil ja die Lieferung der Klägerin für eine (auswärtige) Baustelle des Beklagten an dessen Sitz erfolgte, noch innerhalb angemessener Annahmefrist statt.
Der Kaufvertrag über das Isoliermaterial ist jedenfalls, sobald dieses vom Beklagten großteils bis 12. 6. 2010 verarbeitet wurde, abgeschlossen worden. Gemäß Art 58 und Art 59 iVm 78 UN-Kaufrechtsübk hat der Beklagte ab der Fälligkeit des Kaufpreises Verzugszinsen zu zahlen.
5. Die Urteile der Vorinstanzen sind damit insoweit zu bestätigen, als der Beklagte verpflichtet wurde, der Klägerin den Kaufpreis von 19.437,20 EUR samt den der Höhe nach unstrittigen Verzugszinsen aus diesem Betrag seit 13. 6. 2010 zu zahlen. Das Verzugszinsenmehrbegehren ist dagegen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 und § 43 Abs 2 ZPO. Die geringfügige Teilabweisung fällt bei der Beurteilung der Erfolgsverhältnisse nicht zu Lasten der Klägerin ins Gewicht. Der von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren erlegte und in das Kostenverzeichnis aufgenommene Vorschuss für die Dolmetscherkosten von 200 EUR wurde an sie zurücküberwiesen.
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