Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.725,-- (darin S 3.787,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 6.1.1991 ereignete sich in einem Haus im 3.Wiener Gemeindebezirk eine Gasexplosion, durch die die 85jährige Wohnungsinhaberin zu Tode kam und erheblicher Sachschaden in dieser Wohnung und auch an anderen Gebäudeteilen entstand. Als Unfallursache wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein bis zum Anschlag geöffneter Gasabsperrhahn („Schlauchhahn“) identifiziert. Dieser Hahn war durch ein T-Stück mit der Gaszuleitung zum Gasherd verbunden und befand sich zwischen diesem und der Wand schräg nach unten weisend im Bereich der hinteren Außenkante des Herdes. Unmittelbar neben dieser Seite des Gasherds befand sich die Tür zum Kabinett. Der Schlauchhahn war im Jahr 1962 installiert worden, um über einen Gasschlauch einen ortsbeweglichen Gasstrahler zur Beheizung dieses Kabinetts anzuschließen. Nachdem dieses Heizgerät außer Betrieb genommen worden war, wurde der Absperrhahn anläßlich einer Hausbegehung der Gasanlage durch Leute der Beklagten am 23.10.1970 mit einer Schutzkappe aus Gummi versehen. Nach Installation eines Gasspeicherofens im Jahr 1978 fanden am 13.10.1978 und am 6.6.1979 Kommissionierungen der Gasanlage durch Leute der Beklagten statt. Am 30.3.1984 und am 26.4.1984 erfolgten Begehungen der Gasanlage in der Wohnung durch den Hausdienstmonteur der Beklagten.
Im Zeitpunkt des Unfalls befand sich die Gummischutzkappe nicht mehr auf dem Abgang des Gasabsperrhahns. Wann und auf welche Weise die Schutzkappe entfernt worden war, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, wann und von wem der Hahn geöffnet worden war, dies deshalb, weil auch die Möglichkeit besteht, daß der Hahn unabsichtlich, also unbemerkt, geöffnet wurde. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß Leuten der Beklagten vor dem Unfall das Fehlen der Schutzkappe oder das Offenstehen des Gasabsperrhahns bekannt geworden war.
Die Klägerin ersetzte aufgrund des mit ihr abgeschlossenen Gebäudevielschutzversicherungsvertrags die am Haus aufgrund der Gasexplosion aufgetretenen Schäden in der Höhe von zumindest 1 Mio S.
Mit ihrer am 27.12.1993 bei Gericht eingelangten Regreßklage machte die Klägerin den Forderungsübergang gemäß § 67 VersVG geltend und brachte vor, aufgrund der „Technischen Richtlinien der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach für Einrichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen“ (ÖVGW-TR Gas 1975) hätte der ungesicherte Schlauchhahn bei den Begehungen der Gasanlage durch Bedienstete der Beklagten in den Jahren 1979 und 1984 demontiert und das Rohrende mit einem Propfen verschlossen werden müssen. Die Beklagte habe als Gasversorgungsunternehmen gegen ihre gesetzlichen und vertraglichen Pflichten auch gegenüber dem geschädigten Legalzedenten (Hauseigentümer) verstoßen. Sie wäre verpflichtet gewesen, die bei ihren Begehungen aufgefundenen Gefahrenquellen und Mängel bekanntzugeben und zu beheben oder auf deren Behebung zu dringen. Das Belassen des in den Unterlagen der Beklagten aktenkundigen Schlauchhahns stelle einen grob fahrlässigen Verstoß gegen Schutz-, Sorgfalts- und Warnpflichten der Beklagten dar. Durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei die Haftung für einen eigenen groben Sorgfaltsverstoß nicht ausgeschlossen. Ein derartiger Haftungsausschluß wäre sittenwidrig. Für ein vorsätzliches Aufdrehen des Schlauchhahns durch die Wohnungsinhaberin in Selbstmordabsicht bestehe kein Anhaltspunkt. Das Klagebegehren werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf Schadenersatz aus Vertrag, Gesetz bzw. Schutzgesetzverletzung gemäß § 1311 ABGB gestützt.
Die Beklagte wendete ein, die Installierung des Schlauchhahns habe ursprünglich dem Stand der Technik und den Gasinstallationsvorschriften entsprochen. Nach den Technischen Richtlinien ÖVGW-TR Gas 1975, die mit Verordnung anerkannt, aber nicht für verbindlich erklärt worden seien, müsse bei Außerbetriebnahme unbenützter Teile einer Innenleitung die zugehörige Absperreinrichtung geschlossen und das freie Leitungsende mit Kappen verschlossen werden, was hier geschehen sei. All dies könne aber gegen ein bewußtes Öffnen der Leitung keine Sicherheit bieten und dies nicht verhindern. Zur Explosion sei es nur deshalb gekommen, weil die Wohnungsinhaberin die Schutzkappe entfernt und den Hahn bewußt geöffnet habe, zumal ein unbeabsichtigtes Öffnen des Hahnes gar nicht möglich gewesen sei. Eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten bestehe nicht. Nach den Allgemeinen Bedingungen für den Gasbezug habe die Beklagte keine Haftung für den Zustand der Gaszuleitungen und der Gasverteilungs- und Benützungsanlagen in den Räumlichkeiten der Gasabnehmer übernommen. Auch nach dem Wiener Gasgesetz hafte für den ordnungsgemäßen Zustand der Gasverbrauchsanlage der Inhaber. Aus einer Kommissionierung könnten nur Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, die aber hier nicht geltend gemacht würden. Den Begehungen sei kein Auftrag zur Anlagenüberprüfung durch die Inhaberin der Anlage zugrundegelegen. Es könne daher den Bediensteten der Beklagten kein Vorwurf gemacht werden, daß sie anläßlich der Begehungen den geschlossenen und mit einer Schutzkappe versehenen Schlauchhahn hinter dem Gasherd nicht zum Anlaß für Beanstandungen genommen hätten. Die Explosion sei nur auf das Fehlverhalten der Inhaberin der Anlage zurückzuführen gewesen, die somit das Alleinverschulden treffe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen führte es in rechtlicher Hinsicht aus, auch aus den Technischen Richtlinien des Jahres 1975 ergebe sich nicht zwingend, daß der nicht mehr benützte Schlauchhahn zu demontieren gewesen wäre. Voraussichtlich nicht mehr in Betrieb genommene Leitungsteile seien nur nach Tunlichkeit von der Anlage zu trennen. Es komme daher auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an, wozu die Klägerin aber nichts vorgebracht habe. Das Vorliegen von Tunlichkeit müsse deshalb bezweifelt werden, weil sich der Gasherd vor dem Leitungsstück mit dem Hahn befunden habe. Ein Verstoß gegen die Technischen Richtlinien 1975 und somit ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten der Beklagten sei daher nicht ersichtlich.
Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die von ihm übernommenen und präzisierten erstgerichtlichen Feststellungen beurteilte es rechtlich dahin, daß die Rechtsbeziehungen zwischen einem Gasversorgungsunternehmen, wie es die Beklagte ist, und den Abnehmern nicht durch Hoheitsakt, sondern durch Vertrag und dementsprechende gesetzliche Bestimmungen geregelt wurden, sodaß die Beziehungen zwischen dem Gasversorgungsunternehmen und den Gasabnehmern privatrechtlicher Natur seien. Der in den Allgemeinen Bedingungen der Beklagten enthaltene Haftungsausschluß beziehe sich lediglich auf die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten für den jeweiligen Zustand der Gaszuleitung und der Gasverteilungs- und Benützungsanlagen, eine Haftung für ein Verschulden bei der Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen gegenüber den Gasabnehmern werde damit aber nicht ausgeschlossen. Gemäß § 5 Abs 2 des Wiener Gasgesetzes sei insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß durch den Bestand und Betrieb der Anlagen jede Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen und jede Sachbeschädigung vermieden wird. Gemäß § 6 Abs 1 und 2 dieses Gesetzes seien Gasversorgungsunternehmen befugt, die von ihnen belieferten Gasanlagen zu überprüfen, wozu ihren Organen Zutritt zu gewähren sei. Bei Vorliegen von Mängeln bestehe die Verpflichtung des Gasversorgungsunternehmens, dem Inhaber der Anlage diese unverzüglich bekanntzugeben und ihn zur Behebung aufzufordern. Gemäß § 6a des Wiener Gasgesetzes treffe den Inhaber der Anlage für neuerrichtete oder geänderte Gasanlagen die Pflicht, einen Überprüfungsbefund einzuholen. Im Sinne all dieser gesetzlichen Bestimmungen sei die Beklagte bei Überprüfung der Gasanlage in der betroffenen Wohnung im Jahre 1979 und bei Begehung der Gasanlage im Frühjahr 1984 verpflichtet gewesen, darauf zu achten, daß die anerkannten Technischen Richtlinien ÖVGW-TR Gas 1975 auch eingehalten werden, weil diese anerkannte Grundlagen der technischen Wissenschaften seien, nach denen sich Sachkundige zur Vermeidung von Gefährdungen zu verhalten hätten. Nach dieser Richtlinie seien Leitungsteile, die voraussichtlich nicht mehr in Betrieb genommen werden, nach Tunlichkeit von der Innenleitung zu trennen. Dies habe jedenfalls auf den schon 1970 mit einer Kappe versehenen Schlauchhahn zugetroffen, der unbestrittenermaßen nicht mehr in Verwendung gestanden sei. „Nach Tunlichkeit“ sei mit dem Begriff „nach Möglichkeit“ gleichzusetzen. Diese Möglichkeit der Entfernung des Schlauchhahns sei im vorliegenden Fall gegeben gewesen, weil der nicht mehr verwendete Schlauchhahn durch den Ersatz des T-Stücks der Zuleitung unschwer hätte entfernt werden können. Die Bediensteten der Beklagten wären verpflichtet gewesen, auf diesen die Sicherheit gefährdenden Mangel der Anlage hinzuweisen und die Behebung entweder selbst vorzunehmen oder zu veranlassen. Auch wenn sich der Schlauchhahn hinter dem Gasherd befunden habe, habe er für einen die Anlage überprüfenden Fachmann, auf den der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzuwenden sei, nicht verborgen bleiben können. Die von der Beklagten behauptete und von ihr auch zu beweisende vorsätzliche Öffnung des Schlauchhahns durch die Wohnungsinhaberin in Selbstmordabsicht sei nicht erwiesen, was zu Lasten der Beklagten gehe. Es bestehe vielmehr zwischen der fahrlässigen Unterlassung der sachgerechten Prüfung und Aufzeigung dieses Mangels und der daher unterbliebenen Entfernung des Schlauchhahns und der Gasexplosion ein Kausal- und Rechtswidrigkeitszusammenhang. Dem Hauseigentümer als Legalzedenten gemäß § 67 VersVG sei kein fahrlässigerweise zu dieser Explosion führendes Verhalten anzulasten, weil er die Gasanlage in der Wohnung nicht hätte überprüfen müssen und können. Die Beklagte hafte aufgrund des Gasbezugsvertrags mit der Wohnungsinhaberin für ihr sorgfaltswidriges Verhalten aufgrund der mit dem Vertrag verbundenen Schutz- und Sorgfaltspflichten auch gegenüber dritten Personen, somit auch gegenüber dem Hauseigentümer und Vermieter und hiebei auch für ihre Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB. Ein möglicherweise fahrlässiges Verhalten der Wohnungsinhaberin schließe diese Haftung der Beklagten nicht aus und schränke sie auch nicht ein, weil die Schäden durch Fahrlässigkeit verursacht worden seien und sich die Schadensteile keineswegs bestimmen ließen, sodaß gemäß § 1302 ABGB Solidarhaftung vorliege.
Der dagegen erhobenen Revision der beklagten Partei kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte hat im Verfahren (AS 15) unter anderem eingewendet, die Kommissionierung der Anlageerweiterung im Jahre 1978 stelle eine behördliche Tätigkeit dar, die nur Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen könne. Das Berufungsgericht hat diese Einwendung damit abgetan, daß die Rechtsbeziehungen zwischen Gasversorgungsunternehmen und Gasabnehmern privatrechtlicher Natur seien, weil deren Regelung nicht durch Hoheitsakt, sondern durch Vertrag und Gesetz erfolge. Die Klägerin leite ihren hier geltend gemachten Regreßanspruch auch nicht aus einem Fehlverhalten bei behördlichem Handeln des Magistrats der Stadt Wien ab, sondern aus der Nichterfüllung von Verpflichtungen der Beklagten als Gasversorgungsunternehmen aufgrund der Vertragsbeziehungen zu ihren Abnehmern. Dieser Rechtsansicht ist zweifellos soweit beizupflichten, als die zu beurteilende Verpflichtung in der Tat aus dem privatrechtlich zu beurteilenden Rechtsgeschäft selbst entspringt, wie das bereits in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung EvBl 1951/283 zum Ausdruck gebracht wird. Das gilt allerdings dann nicht mehr, wenn das Handeln der Beklagten im Dienst der Erreichung hoheitlicher Zielsetzung steht und einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben aufweist (1 Ob 24/94; 1 Ob 49/95; 1 Ob 50/95). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tätigkeit zum überwiegenden Teil dem Schutz der Allgemeinheit und damit öffentlichen Interessen dient (VfSlg 4827/1964; SZ 67/39).
Gemäß § 4 Abs 1 des Wiener Gasgesetzes in der geltenden Fassung obliegt die Handhabung der Bestimmungen dieses Gesetzes dem Magistrat. Nach Abs 2 steht dem Magistrat insbesondere das Aufsichtsrecht über die Ausführung, den Betrieb und die Benützung der Gasanlage zu. Abs 3 zufolge hat der Magistrat nötigenfalls den Inhaber einer Gasanlage zu verhalten, diese innerhalb angemessener Frist in guten, den gesetzlichen Vorschriften und den Erfahrungen der technischen Wissenschaft entsprechenden Zustand zu versetzen, und kann gemäß Abs 4 bei unmittelbarer Gefahr alle zu ihrer Beseitigung notwendigen Maßnahmen, wie die Absperrung der Gasanlage, verfügen. § 6 Abs 1 dieses Gesetzes berechtigt die Gasversorgungsunternehmen, die von ihnen mit Gas belieferten Gasanlagen zu überprüfen. Werden anläßlich einer - solchen - Überprüfung Mängel festgestellt, so ist das Gasversorgungsunternehmen verpflichtet, dem Inhaber der Anlage die Mängel unverzüglich bekanntzugeben und diesen zur Veranlassung ihrer Behebung aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung nicht nach, so hat das Gasversorgungsunternehmen den Magistrat hievon zu verständigen (Abs 2). Ist der Inhaber einer neu hergestellten oder geänderten Gasanlage nach § 6a Abs 1 Wiener Gasgesetz verpflichtet, diese vor der Benützung überprüfen zu lassen, so ist gemäß Abs 4 bei Gasanlagen, die an ein öffentliches Gasverteilungsnetz angeschlossen sind, der Überprüfungsbefund vom Gasversorgungsunternehmen auszustellen. Bei Handhabung der Sicherheitsvorkehrungen des Wiener Gasgesetzes ist dessen § 5 Abs 2 zufolge insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß durch den Bestand und Betrieb der Anlage jede Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen und jede Sachbeschädigung vermieden wird.
Es erweist sich somit, daß das Gesetz die grundsätzlich dem Magistrat zustehenden behördlichen Befugnisse, deren Zweck insgesamt dem sicheren Betrieb von Gasanlagen dient, teilweise den Gasversorgungsunternehmen dadurch übertragen hat, daß diese einerseits - ebenso wie der Magistrat selbst - aus eigenem Antrieb Überprüfungen vornehmen können (§ 6 Abs 1) und andererseits Überprüfungsbefunde (§ 6a) zu erstatten haben. Daß diese Aufgaben nicht nur im Interesse der Sicherheit des einzelnen Gasabnehmers, sondern im hohen Maß auch in jenem der Allgemeinheit besorgt werden, bedarf in Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit von Gasanlagen und des - wie gerade auch der hier zu beurteilende Fall zeigt - über den Bereich des einzelnen Abnehmers weit hinausgehenden Unfallrisikos keiner weiteren Erörterung. Die Tätigkeit der Gasversorgungsunternehmen kann daher soweit jener von Vereinen und Gewerbetreibenden gleichgehalten werden, die vom Landeshauptmann gemäß § 57a KFG zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen ermächtigt wurden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die für derartige Vereine oder Gewerbetreibende handelnden Personen Organe gemäß § 1 Abs 2 AHG sind (SZ 54/19; 1 Ob 3/82; 1 Ob 37/83; JBl 1991/180; SZ 67/39).
Gemäß § 1 Abs 2 AHG können Organe im Sinne dieses Bundesgesetzes nur physische Personen sein, für die der zuständige Rechtsträger haftet. Wird einer juristischen Person des Privatrechts die Besorgung hoheitlicher Aufgaben übertragen, gilt als Organ des Rechtsträgers jene physische Person, die das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten, aus dem der Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, namens der juristischen Person des Privatrechts für den Rechtsträger gesetzt hat (SZ 54/19; SZ 59/199). Nur in dem Fall, daß eine physische Person als Organ in Anspruch genommen wird, ist gemäß § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg unzulässig (SZ 39/150; SZ 43/10; 1 Ob 49/95).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch eine physische Person als Beklagter nicht in Anspruch genommen, sodaß sich nicht die Frage nach der Rechtswegzulässigkeit, sondern jene nach der Passivlegitimation der Beklagten stellt. Diese könnte etwa mit der Verpflichtung zur Besorgung bestimmter hoheitlicher Aufgaben beliehen worden sein (vgl hiezu Schragel AHG2 Rz 27 ff), sofern ihr eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Es ist daher vorerst die Rechtsnatur der Beklagten zu untersuchen:
Diese ist unter der Firma „Wiener Stadtwerke2 mit dem Beisatz, daß das Unternehmen von der Stadt Wien betrieben werde, zu HRA 13.438 im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien mit den Untergliederungen Elektrizitätswerke, Gaswerke, Verkehrsbetriebe und Städtische Bestattung registriert. Grundlage dieser Eintragung waren bis zum Inkrafttreten des Firmenbuchgesetzes die Bestimmungen des § 36 HGB und des Art 6 Nr 9 EVHGB. Danach konnten, ohne daß dies verpflichtend gewesen wäre, Unternehmen, die von Gebietskörperschaften selbst unmittelbar, d.h. ohne Dazwischenschaltung eines eigenen Rechtsträgers, betrieben wurden, im Handelsregister eingetragen werden. Hauptanwendungsfälle dieser Vorschrift waren kommunale Verkehrs- und Versorgungsbetriebe. Für „ausgegliederte Unternehmen“ (vgl zu den wichtigsten Ausgliederungsfällen Aicher in Funk, Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, 191, 216), waren nicht diese Normen, sondern - je nach der Rechtsform - GmbH- bzw Aktienrecht oder allfällige Sondergesetze anzuwenden (Straube, HGB1, § 36 Rz 2). Durch Art II des Firmenbuchgesetzes BGBl 1991/10 wurden sowohl § 36 HGB als auch Art 6 Nr 9 EVHGB aufgehoben. Der Gesetzgeber erachtete die Freistellung von Rechtsträgern von der Pflicht zur Eintragung ihrer Unternehmen als nicht mehr zeitgerecht. Aus Transparenzgründen seien diese künftighin ebenfalls in das Hauptbuch des Firmenbuchs einzutragen (JAB, 23 BlgNR 18.GP, 23 f). Demgemäß normiert § 2 Z 11 des Art 1 FBG (nunmehr § 2 Z 13) die Eintragung von „sonstigen“ Rechtsträgern, deren Eintragung gesetzlich vorgesehen ist, ins Hauptbuch. Zu diesen Rechtsträgern zählen einerseits die im § 33 HGB näher bezeichneten juristischen Personen und andererseits die in einzelnen Sondergesetzen genannten Rechtsträger, deren Eintragung dort angeordnet ist (EvBl 1993/127).
Gemäß § 71 Abs 1 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien LGBl für Wien 1968/28 idF LGBl für Wien 1992/22 sind Unternehmungen im Sinne dieses Gesetzes jene wirtschaftliche Einrichtungen, denen der Gemeinderat die Eigenschaft einer Unternehmung zuerkennt. Gemäß Abs 2 besitzen die Unternehmungen keine Rechtspersönlichkeit. Ihr Vermögen wird vom übrigen Vermögen der Gemeinde gesondert verwaltet. Die Unternehmungen sind nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen. Sie haben sich, soweit das gesetzlich nicht ausgeschlossen ist, nach den handelsgesetzlichen Bestimmungen unter entsprechender „Firmabezeichnung“ in das Firmenbuch eintragen zu lassen; aus der Firmabezeichnung muß ersichtlich sein, daß es sich um eine Unternehmung der Stadt Wien handelt. Zu den wirtschaftlichen Einrichtungen, denen die Eigenschaft einer Unternehmung vom Gemeinderat zuerkannt wurde (Beschluß des Gemeinderats vom 23.Dezember 1948, Pr.Z. 2415 idF des Beschlusses vom 15.Dezember 1952, Pr.Z.2945), zählen unter anderem die Wiener Stadtwerke mit den Teilunternehmungen Elektrizitätswerke, Gaswerke, Verkehrsbetriebe und Städtische Bestattung (Schütz, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, 209; Wiener kommunale Schriften, Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, 57). Die hier gewählte Bezeichnung der Beklagten stellt daher lediglich die Firma im Sinne des § 17 HGB dar, unter welcher die Stadt Wien bestimmte Geschäfte betreibt und klagen und geklagt werden kann. Die Beklagte ist daher kein von der Stadt Wien verschiedenes Rechtssubjekt, sondern vielmehr mit dieser identisch, wie der Oberste Gerichtshof, wenngleich in anderem Zusammenhang, schon wiederholt ausgesprochen hat (HS 1.067; 2 Ob 405/60; JBl 1974, 101; 1 Ob 698/84; ÖBl 1989, 165; 9 ObA 125/94).
Die Beklagte ist daher kein beliehenes Unternehmen, sondern der unter dieser Bezeichnung auftretende Rechtsträger Stadt Wien und deshalb auch gegenüber Amtshaftungsansprüchen passiv legitimiert.
Nach ständiger Rechtsprechung schließen einander Amtshaftung und Gefährdungshaftung nicht aus. Im Fall einer Anspruchskonkurrenz können die einzelnen Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden (SZ 56/133; ZVR 1989/94; SZ 65/112; SZ 66/77; 1 Ob 49/95).
§ 1a des Gesetzes vom 7.Juni l871 DRGBl 207 betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen (RHPflG) sieht unter anderem für die Inhaber von Anlagen zur Fortleitung oder Abgabe von Elektrizität oder Gas eine verschuldensunabhängige Haftung in dem Fall vor, daß ein Unfall, „der den Tod oder die Gesundheitsschädigung eines Menschen oder eine Sachbeschädigung zur Folge hat, auf die Wirkungen der Elektrizität oder des Gases zurückzuführen“ ist, die von einer derartigen Anlage ausgeht. Gemäß Abs.3 Z 1 dieser Gesetzesstelle ist die Ersatzpflicht des Inhabers der Anlage jedoch unter anderem dann ausgeschlossen, wenn der Schaden innerhalb eines Gebäudes entstanden und auf eine darin befindliche Anlage zurückzuführen ist. Dieser Haftungsausschluß wird damit begründet, daß derartige Ereignisse die Öffentlichkeit nicht berührten, sondern allein den Inhaber, seine Angehörigen, Hausangestellten und Gäste. Diese müßten die von der Anlage ausgehende Gefahr auf sich nehmen; sie handelten insofern auf eigene Gefahr. Das Einsetzen der gefährlichen Kraft im eigenen Interesse führt demnach zum Ausschluß der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung gegenüber der gesamten Sphäre des Abnehmers (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2, 417).
Da der hier zu beurteilende Schaden unbestrittenermaßen innerhalb eines Wohnhauses aufgrund einer darin befindlichen Gasanlage entstanden ist, ist die auf das Reichshaftpflichtgesetz gestützte Ersatzpflicht ausgeschlossen.
Auf den Haftungsausschluß in Punkt I. 5. der Allgemeinen Bedingungen für den Gasbezug aus den Wiener Stadtwerken-Gaswerken ist im Rahmen der hier maßgeblichen Amtshaftung nicht Bedacht zu nehmen; eine einseitige Freizeichnung durch den Rechtsträger ist ausgeschlossen.
Da eine Gefährdungshaftung für Gasanlagen nur im Rahmen des § 1a RHPflG mit den besonderen, im Abs.3 Z 1 und 2 bestimmten Ausnahmen besteht, im übrigen aber für Gasanlagen keine über die Verschuldenshaftung hinausgehende Gefährdungshaftung normiert ist (2 Ob 564/83), setzt die in Anspruch genommene Haftung der Beklagten für die unfallbedingten Schäden voraus, daß dieser ein schuldhaft rechtswidriges und für das Schadensereignis kausales Verhalten zur Last fällt. Somit muß neben der Übertretung einer besonderen Schutzvorschrift oder eines allgemeinen Gefährdungsverbots auch die Vorwerfbarkeit des Verhaltens und dessen Schadensursächlichkeit zu bejahen sein; dabei ist zu beachten, daß die der Beklagten vorgeworfenen Unterlassungen im Bereich der Vollziehung hoheitlicher Aufgaben liegen.
Die Klägerin hat ihren Ersatzanspruch auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt und ausdrücklich (auch) den Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen im Zuge der Abnahme der Gasanlage gerügt. Es ist daher die Überprüfung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nicht ausgeschlossen (vgl. SZ 67/208; 1 Ob 25/94), sodaß der Oberste Gerichtshof auch diesen Rechtsgrund wahrzunehmen hat.
Das Gesetz vom 21.Mai 1954 LGBl für Wien Nr.17 über die Erzeugung, Lagerung, Leitung und Verwendung brennbarer Gase in Wien (Wiener Gasgesetz) wurde unter anderem durch das Gesetz vom 18.Juni 1971 LGBl für Wien 1971/19 in seinem § 5 Abs.1 dahin abgeändert, daß durch Verordnung der Landesregierung Vorschriften einschließlich der in diesem Zusammenhang zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen unter anderem über die Errichtung, Änderung und Erhaltung der Leitungen, die technische Beschaffenheit und Einrichtung von Leitungsanlagen, Rohrleitungen und Rohrverbindungen verbindlich erklärt oder anerkannt werden können. Derartige Vorschriften enthalten die Technischen Richtlinien für Einrichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen in der hier relevanten Fassung 1975 (ÖVGW-TR Gas 1975). Nach deren Punkt 3.6.3.2 ist bei Außerbetriebnahme von unbenützten Leitungsteilen einer Innenleitung die zugehörige Absperreinrichtung zu schließen und sind die freien Leitungsenden mit Kappen, Stopfen (Propfen) oder Blindflanschen gasdicht zu verschließen. Jedes behelfsmäßige Abschließen ist verboten. Geschlossene Absperreinrichtungen gelten nicht als gasdichte Verschlüsse. Leitungsteile, die voraussichtlich nicht mehr in Betrieb genommen werden, sind nach Tunlichkeit von der Innenleitung zu trennen. Mit Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11.November 1975 LGBl für Wien 1975/33 wurden diese Technischen Richtlinien - mit hier nicht relevanten Vorbehalten - anerkannt.
Beschreibt eine Norm gebotenes oder verbotenes Verhalten genau und ergibt sich aus der Norm, daß sie gerade den Schutz bestimmter Interessen im Auge hat, liegt ein Schutzgesetz im Sinn des § 1311 ABGB vor (SZ 51/109; SZ 57/134; SZ 60/33 uva; Koziol, Haftpflichtrecht I2 93, 153). Schutzgesetze sind nicht nur Gesetze im formellen, sondern auch solche im bloß materiellen Sinn, die einen Schutzzweck verfolgen, wie etwa Verordnungen (VersRdSch 1987, 31; ImmZ 1990, 287; VersR 1991, 612; Reischauer in Rummel ABGB2 § 1311 Rz 4).
Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die durch Verordnung gemäß § 5 Abs.1 des Wiener Gasgesetzes anerkannten Technischen Richtlinien der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach für Einrichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruck-Gasanlagen (ÖVGW-TR Gas 1975) als Schutzgesetz im dargestellten Sinne zu sehen sind, wurden sie doch durch einen generellen Verwaltungsakt anerkannt, sodaß sie bei Vollziehung des Wiener Gasgesetzes somit ganz allgemein zu beachten sind. Der schon aus den Richtlinien selbst hervorleuchtende Zweck dieser Maßnahmen wird noch durch die Bestimmung des § 5 Abs.2 des Wiener Gasgesetzes verdeutlicht, wonach „durch den Bestand und Betrieb der Anlagen jede Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen und jede Sachbeschädigung vermieden“ werden soll.
Adressat dieses Schutzgesetzes ist (auch) die Beklagte. § 6 Abs.1 des Wiener Gasgesetzes räumt ihr in ihrer Funktion als Gasversorgungsunternehmen zwar lediglich die Befugnis ein, die mit Gas belieferten Gasanlagen zu überprüfen, verpflichtet das Unternehmen aber in Abs.3 (in der hier maßgeblichen Fassung LGBl für Wien 1966/13: Abs.2 mit gleichem Inhalt), dem Inhaber der Anlage die Mängel, die bei einer Überprüfung festgestellt werden, unverzüglich bekanntzugeben und diesen zur Veranlassung ihrer Behebung aufzufordern; kommt der Inhaber dieser Aufforderung nicht nach, so hat das Gasversorgungsunternehmen hievon den Magistrat zu verständigen. Gemäß § 6a Abs.1 Wiener Gasgesetz (unverändert in Geltung seit der Novelle LGBl für Wien 1966/13) ist der Inhaber einer neu hergestellten oder einer geänderten Gasanlage verpflichtet, diese vor der Benützung darauf überprüfen zu lassen, ob sie den Sicherheitsvorschriften gemäß § 5, bei genehmigungspflichtigen Anlagen auch den Bedingungen des Genehmigungsbescheids entspricht. Das Ergebnis der Überprüfung ist in einem Überprüfungsbefund festzuhalten. Gemäß Abs.4 dieser Gesetzesstelle ist bei Gasanlagen, die an ein öffentliches Gasverteilungsnetz angeschlossen sind, der Überprüfungsbefund vom Gasversorgungsunternehmen auszustellen.
Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin wurde sie daher bei den von ihr vorgenommenen Überprüfungen in der später von der Gasexplosion betroffenen Wohnung keinesfalls aus freien Stücken, sondern zumindest nach dem Einbau eines Gasspeicherofens aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung tätig. Im übrigen kommt es, wie bereits dargestellt, darauf aber gar nicht an, weil auch bei aus eigenem Antrieb vorgenommenen Hausbegehungen (§ 6 Abs.1 des Wiener Gasgesetzes) die Einhaltung der der Sicherheit dienenden Vorschriften zu kontrollieren und die Behebung festgestellter Mängel zu veranlassen ist. Die Technischen Richtlinien stellten dabei für die Beklagte eine konkrete und detaillierte Verhaltensnorm dar, die das ihr gebotene Verhalten genau umschrieb (vgl. Koziol aaO I 93 sowie II 102; VersR 1991, 612).
Die Revisionswerberin vertritt den Standpunkt, sie wäre nicht verpflichtet gewesen, durch ihre Leute den Absperrhahn als Leitungsteil, der voraussichtlich nicht mehr in Betrieb genommen wird, von der Innenleitung zu trennen, weil die von den Technischen Richtlinien dafür als Voraussetzung geforderte Tunlichkeit nicht gegeben und daher das Verschließen mit einer Gummikappe ausreichend gewesen sei. Dem Gericht zweiter Instanz ist darin beizupflichten, daß „Tunlichkeit“ mit dem Begriff „Möglichkeit“ gleichzusetzen und im Sinne des § 1323 ABGB dahin auszulegen ist, daß den Leuten der Beklagten damit bei Beurteilung der Sachlage kein ungebundenes Ermessen eingeräumt wird, sondern sie bei Vorliegen der Tunlichkeit zu einer Trennung des nicht mehr benötigten Leitungsteils von der Innenleitung oder zur Veranlassung dieser Maßnahme verpflichtet gewesen waren. Inwieweit bei Beurteilung der Tunlichkeit auch Erwägungen über die Zumutbarkeit (die in Anbetracht des hohen Gefahrenpotentials problematisch erscheinen könnten) einzubeziehen sind, muß hier nicht abschließend geprüft werden, weil aufgrund der im Strafakt erliegenden Lichtbilder schon für den Laien leicht erkennbar ist, daß die Demontage des Absperrhahns ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre. Der von der Revisionswerberin dazu allein ins Treffen geführte Umstand, daß sich der Absperrhahn im Zwischenraum zwischen Gasherd und Wand befunden hat, kann nicht als ernsthafte Arbeitserschwernis betrachtet werden.
Die bisherigen Überlegungen sind daher dahin zusammenzufassen, daß Leute der Beklagten ein Schutzgesetz übertreten haben, das gerade die Verhinderung jener Nachteile bezweckte, die in der Folge tatsächlich eingetreten sind, nämlich die Gefährdung von Leben und Sachwerten durch ausströmendes Gas.
Gründet der Geschädigte seinen Anspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes, hat er nur den Eintritt des Schadens und die Übertretung der Norm durch den in Anspruch Genommenen zu beweisen. Es bedarf jedoch keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs, weil die Pflichtwidrigkeit vermutet wird. Besteht die Schadenursache in einer Unterlassung, hat die Beklagte zu beweisen, daß ihre Leute die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen haben und daß der Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun eingetreten wäre. Steht die Übertretung des Schutzgesetzes fest, kann sich die Beklagte von ihrer Haftung nur dadurch befreien, daß sie ihr mangelndes Verschulden nachweist oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ernstlich zweifelhaft macht (SZ 57/134; SZ 60/33; SZ 63/217; SZ 66/97; EvBl 1993/57). Diese Entlastungsbeweise sind der Beklagten nicht gelungen. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist auf die Leute der Beklagten der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzuwenden: Bei ihnen sind daher für die Begutachtung von Gasanlagen die erforderlichen Fachkenntnisse vorauszusetzen. Den im Strafakt erliegenden Lichtbildern kann unschwer entnommen werden, daß der Absperrhahn keinesfalls an verborgener Stelle angebracht war, sondern demjenigen, der mit der Überprüfung der Gasanlage befaßt war, sofort auffallen mußte. Auch mußte die besondere, von einem derartigen Gashahn ausgehende Gefährdung für jeden Fachmann selbst bei Unkenntnis der Technischen Richtlinien leicht erkennbar sein. Die aufgesetzte Schutzkappe konnte mangels Schraubverbindung leicht abgestreift und der leichtgängige Absperrhahn jederzeit geöffnet werden. Gerade nahe einer Kochstelle mußte auch mit einer Ermüdung des Materials der Gummikappe gerechnet werden. Insgesamt ist es daher den Leuten der Beklagten als Verschulden zuzurechnen, daß sie es unterließen, die Entfernung des Absperrhahns anzuordnen. Es bedarf auch keiner weiteren Erörterung, daß das Verschließen eines offenen Rohrendes mittels einer verschraubten Metallkappe jedem Versuch des Öffnens wesentlich mehr Widerstand entgegensetzt als das Anbringen einer Gummikappe. Die Beklagte kann sich daher auch nicht darauf berufen, daß rechtmäßiges Vorgehen ihrer Organe den Schadenseintritt auch nicht verhindert hätte. Dies gilt auch für das weitere Vorbringen, daß die Wohnungsinhaberin in Selbstmordabsicht gehandelt habe und daher, wäre der Absperrhahn zu einem früheren Zeitpunkt entfernt worden, auf andere Weise Gas zum Ausströmen gebracht hätte. Abgesehen davon, daß das Erstgericht die Selbstmordabsicht gar nicht feststellen konnte, ist es gerichtsbekannt, daß Gasgeräte mit Schutzvorrichtungen gegen Ausströmen des Gases bei Erlöschen der Flamme ausgestattet sind. Daß gerade im vorliegenden Fall derartige Sicherheitseinrichtungen ausnahmsweise nicht vorhanden gewesen seien oder auf eine sonst vergleichbar leichte Art Gas zum Ausströmen hätte gebracht werden können, hat die Beklagte nicht vorgebracht.
Auf die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage, ob der Gasbezugsvertrag auch dann Schutzwirkungen zugunsten Dritter entfalten könne, wenn der geschützte Dritte, hier der Hauseigentümer, seinerseits in einer Vertragsbeziehung mit einem der Vertragspartner, der Wohnungsinhaberin, stehe, muß nicht eingegangen werden: Die Bestimmungen des Wiener Gasgesetzes und der bereits zitierten Technischen Richtlinien schützen nämlich in ihrem die Sicherheit betreffenden Teil auch diejenigen Personen und Sachen, die sich im Gefahrenbereich der jeweiligen Gasanlage befinden. Der Rechtsträger haftet daher auch jenen Personen, die - ohne in die Schutzwirkungen des Gasbezugsvertrags einbezogen zu sein - vom Unfallereignis getroffen wurden, für unfallursächliche, schuldhaft rechtswidrige Unterlassungen schon unmittelbar aufgrund des Gesetzesverstoßes; zu diesem Personenkreis gehört angesichts seines darauf zurückzuführenden Sachschadens auch der Hauseigentümer.
Auch der im Verfahren erhobene Mitverschuldenseinwand der Beklagten muß ins Leere gehen. Zwar kann auch im Amtshaftungsverfahren ein Mitverschulden des Geschädigten geltend gemacht werden (SZ 51/7; Schragel AHG2 Rz 155), doch wurde im Verfahren ein Mitverschulden des Hauseigentümers, das sich die Klägerin als Legalzessionarin anrechnen lassen müßte, gar nicht behauptet. Ein - im Verfahren übrigens nicht erwiesenes - Mitverschulden der Wohnungsinhaberin kann hingegen den Ansprüchen des Hauseigentümers nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht aus gasbezugsvertraglichen Nebenpflichten, sondern aus (deliktischer) Amtshaftung abzuleiten sind.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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