European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00186.17K.1129.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Der Kläger begehrt Schadenersatz für den durch eine übermäßige Entleerung der Dolensperre am F*****bach im August 2011 an seiner Fischzuchtanlage entstandenen Schaden. Die Dolensperre wurde in den Jahren 1993 bis 1994 von der Wildbach‑ und Lawinenverbauung, einer Einrichtung der öffentlichen Hand, errichtet. Sie steht zum Teil auf öffentlichem Wassergut, deren Eigentümer die Beklagte ist. Die verwaltungsrechtliche Grundlage für die Errichtung der Dolensperre ist der Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 27. 11. 1990, mit dem der Nebenintervenientin die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Verbauungsmaßnahmen am genannten Bach erteilt wurde. Darin wurde diese Gemeinde (ua) dazu verpflichtet, Verunreinigungen des Baches beim Bau zu vermeiden, entstandene Schäden zu beheben und in weiterer Folge den Eintritt von Beeinträchtigungen in der Fischzuchtanlage zu unterbinden. Mit der Kollaudierungsniederschrift vom 4. 6. 2007 wurde die Instandhaltung (auch) der gegenständlichen Regulierungsanlage in den Aufgabenbereich nicht nur der Nebenintervenientin, sondern auch des Landes als Interessenten übertragen.
Aufgabe einer Dolensperre ist das Zurückhalten von sogenanntem Geschiebe wie Schlamm und Geröll und das anschließende Zuführen der Ablagerungen bei erhöhtem Abfluss an das unterliegende Gerinne. Dazu ist die Öffnung von geschlossenen Sperrbauwerken nötig, was durch die Anordnung von Dolen oder Schlitzen erreicht werden kann, die auf das zu erwartende Geschiebe abgestimmt werden. Im August 2011 kam es zu einer übermäßigen Selbstentleerung der Dolensperre, die den Schaden des Klägers herbeiführte und bei rechtzeitiger Räumung des Verlandungsraums hätte vermieden werden können.
Rechtliche Beurteilung
Beide Vorinstanzen kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Beklagte für den aus der übermäßigen Selbstentleerung herrührenden Schadens nicht hafte. Schon das Erstgericht legte anhand der Rechtsprechung dar, dass die Gemeinde als „Konsensinhaberin“ die Wasserberechtigte und Regulierungsunternehmerin im Sinne des WRG gewesen sei. Damit sei aber die Gemeinde und nicht der Bund gemäß § 50 Abs 1 iVm Abs 6 WRG verpflichtet gewesen, den Bau einschließlich der dazugehörigen Wasseransammlungen und sonstigen Vorrichtungen (samt der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich) in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand zu erhalten und die Dolensperre derart zu bedienen, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies den Kläger deutlich auf den Umstand hin, dass im vorliegenden Fall der Schaden weder durch einen (der Beklagten angelasteten) Konstruktions- oder Baumangel, noch durch den bewilligungsgemäßen Betrieb der Dolensperre herbeigeführt worden sei. Es sei vielmehr wegen einer Verlegung von Dolenöffnungen und der damit zusammenhängende Ansammlung von Geschiebe über längere Zeit im Rückhalteraum der Sperre, die bei der in einem solchen Fall erforderlichen Räumung des Rückhalteraums hätte vermieden werden können, zur übermäßigen, nicht für den Betrieb typischen Selbstentleerung gekommen. Ursächlich für den Schaden sei damit nicht der „konsensmäßige“ Betrieb, sondern eine mangelnde Instandhaltung gewesen. Es teilte den Standpunkt des Erstgerichts zur alleinigen Verpflichtung der Gemeinde zur Instandhaltung unter ausführlichen Zitaten höchstgerichtlicher Rechtsprechung und Lehre. Auf erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptungen dazu, dass die Beklagte (Wildbach- und Lawinenverbauung) „sehenden Auges“ eine Verklausung und Bepflanzung im Rückhalteraum hingenommen habe und verpflichtet gewesen wäre, davon die Gemeinde zu verständigen, könne sich der Kläger als unzulässige Neuerungen nicht stützen. Eine Haftung der Beklagten bestehe nicht. Es sei weder zu einer Überwälzung der Instandhaltungspflichten gekommen, noch seien der Beklagten als bloßer Liegenschaftseigentümerin eigene Verwaltungs‑ und Gebrauchsbefugnisse betreffend der Anlage zugekommen; ihr seien also auch keine rechtlichen Möglichkeiten zu Gebote gestanden, gegenüber der Wasserberechtigten bei Verletzung von Instandhaltungspflichten auf Abhilfe zu dringen, weswegen ein verschuldensunabhängiger Ausgleich nach § 364a ABGB auch aus diesem Grund ausscheide.
Wiewohl dem Kläger schon vom Berufungsgericht erläutert worden war, dass es auf die Frage, ob die Beklagte als Liegenschaftseigentümerin auch Eigentümerin der Anlage sei, nicht ankomme, weil unabhängig von der sachenrechtlichen Qualifikation der Anlage als Überbau oder als unselbständiger Bestandteil der Liegenschaft im vorliegenden Fall nur die Nebenintervenientin nicht aber die Beklagte für den Betrieb und die Instandhaltung der Anlage gemäß § 50 Abs 1 iVm Abs 6 WRG verantwortlich gewesen sei, beschäftigt sich der Revisionswerber in seiner Revision schwerpunktmäßig mit der Behauptung, es liege eine erhebliche Rechtsfrage darin, wer als Eigentümerin der Bauten anzusehen wäre. Daraus leitet er in weiterer Folge ab, dass die als Eigentümerin der Dolensperre anzusehende Beklagte gemäß § 50 Abs 6 WRG verpflichtet gewesen wäre, die Schutz‑ und Regulierungsbauten instandzuhalten und zu warten und zwar– wie sie behauptet – neben der Gemeinde als Bewilligungswerberin und Wasserberechtigte. Die eingeschränkte Instandhaltungspflicht nach Abs 6 zweiter Satz leg cit trifft aber angesichts der gesetzlichen Verweisung, die auch die Regelung des Abs 1 leg cit erfasst, einen Eigentümer nur dann, wenn „keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer“ wie hier jene der Gemeinde (aufgrund öffentlich-rechtlicher Rechtsakte) bestehen (s VwGH 98/07/0114 zu einer Bachregulierung; 1 Ob 87/09i; RIS-Justiz RS0123642; zur gesetzlich angeordneten Rangordnung der potenziell Haftenden vgl Oberleitner/Berger , WRG‑ON 1.04 § 50 Rz 13 mwN).
Wenn sich der Kläger zuletzt darauf stützt, dass nach § 41 Abs 4 WRG Schutz‑ und Regulierungsbauten so auszuführen seien, dass öffentliche Rechte nicht verletzt würden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden werde, übersieht er, dass Regulierungsunternehmerin die Nebenintervenientin war und im Übrigen aus der Errichtung der Anlage nach dem festgestellten Sachverhalt Ansprüche auch gar nicht abgeleitet werden können, hat sich doch das Vorbringen des Klägers, es läge ein Konstruktionsfehler vor, der den Schaden verursacht habe, nicht erweisen lassen.
Die Revision ist mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, ohne dass es einer weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ein Kostenersatz für die ohne Freistellung eingebrachte Revisionsbeantwortung steht der Nebenintervenientin der Beklagten nach § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zu (RIS‑Justiz RS0043690 [T6, T7]).
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