OGH 1Ob160/01p

OGH1Ob160/01p7.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden, widerbeklagten, gefährdeten und gefährdenden Partei Alois B*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schwarzinger, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte, widerklagende, gefährdende und gefährdete Partei Helga B*****, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Ehescheidung (hier: wegen Erlassung einstweiliger Verfügungen) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 10. Jänner 2001, GZ 21 R 428/00s-15, womit die Punkte 1. und 3. des Beschlusses des Bezirksgerichts Gmunden vom 2. November 2000, GZ 1 C 88/00p-9, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4, § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Streitteile begehrten mit ihrer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klage bzw Widerklage die Scheidung ihrer Ehe jeweils aus dem Verschulden des anderen Teils. Beide stellten Sicherungsanträge, von denen hier nur zwei relevant sind. Das Verfahren zur Erledigung des nicht im Scheidungsverfahren gestellten und unten unter b) behandelten Sicherungsantrags des Mannes wurde gleichfalls mit den Scheidungsverfahren verbunden. In der Folge wird die klagende, widerbeklagte, gefährdete und gefährdende Partei nur als Mann, die beklagte, widerklagende, gefährdende und gefährdete Partei nur als Frau bezeichnet.

a) Das Erstgericht verhielt den Mann mit Punkt 1. seines Beschlusses nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO ab 1. September 2000 zur Zahlung eines monatlichen einstweiligen Unterhalts von 6.500 S an die Frau bis zur rechtskräftigen Beendigung des Unterhalts- und Scheidungsverfahrens. Die zweite Instanz bestätigte diese einstweilige Verfügung, erachtete den Revisionsrekurs insoweit nicht als zulässig und wies in der Folge den Antrag des Mannes auf Abänderung seines Zulässigkeitsausspruchs zurück (ON 18). Festzuhalten bleibt, dass dieser Punkt mit einem Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz von weniger als 260.000 S daher nicht mehr Gegenstand einer drittinstanzlichen Entscheidung sein kann.

b) Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentüümer dreier Liegenschaften, auf denen eine Landwirtschaft betrieben wird, mit welcher als landwirtschaftliches Nebengewerbe eine Kornbrennerei und ein Mostausschank verbunden sind, also offenbar ein nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliegendes Unternehmen. Am 3. Juli 2000 unterfertigten die Parteien eine Vereinbarung über die einvernehmliche Ehescheidung, in welcher u.a. die Übertragung der Hälfteanteile der Frau an den Mann gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrags und Entlassung der Frau aus der Kredithaftung festgelegt ist. Die Frau focht diese Vereinbarung an; das Verfahren über diese Klage ist anhängig. Das Erstgericht erließ am 25. August 2000 ohne vorherige Anhörung der Frau die einstweilige Verfügung, zur Sicherung des Anspruchs des gefährdeten Mannes (auf Übertragung des Eigentums an den drei Liegenschaftshälften) werde der Frau - bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Parteien anhängigen Ehescheidungsverfahrens bzw. bis zur rechtskräftigen Erledigung eines allfälligen Aufteilungsverfahrens - verboten, über ihre Hälfteanteile an den drei Liegenschaften rechtsgeschäftlich zu verfügen, diese insbesondere weder zu verpfänden, zu veräußern oder zu belasten bzw. dritten Personen Nutzungsrechte aus welchem Titel auch immer einzuräumen.

Die Erstrichterin wies mit Punkt 3. ihres hier maßgeblichen Beschlusses (ON 9), dem Widerspruch der Frau gegen die einstweilige Verfügung vom 25. August 2000 Folge gebend, den Sicherungsantrag des Mannes ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, erachtete den ordentliche Revisionsrekurs als nicht zulässig und trug dem Erstgericht insoweit die unmittelbare Vorlage des Rechtsmittels als außerordentlichen Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof zufolge § 402 Abs 4 iVm § 78 EO und § 528 Abs 3, § 507b Abs 3 ZPO auf. Allein die Abweisung dieses Sicherungsantrags des Mannes ist somit Gegenstand des drittinstanzlichen Verfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend erkannte das Rekursgericht, dass nach § 402 Abs 4, § 78 EO iVm § 528 Abs 3, § 505 Abs 4 ZPO in familienrechtlichen Angelegenheiten nach § 502 Abs 5 ZPO einschließlich einstweiliger Verfügungen zur Sicherung des Aufteilungsanspruchs nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO der außerordentliche Revisionsrekurs erhoben werden kann, auch wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig; einer Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht bedarf es dabei nicht (9 Ob 361/98y = EFSlg 91.171 f zu einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO u.a.; RIS-Justiz RS0110049). Auch Streitigkeiten aus Vereinbarungen, die aus Anlass einer Scheidung geschlossen worden sind, stammen aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten und wurzeln insofern im Familienrecht, als sie der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Rahmen der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft dienen. Sie fallen daher unter die familienrechtlichen Streitigkeiten des § 49 Abs 2 Z 2c JN (RZ 1983/35; aA Mayr in Rechberger2 § 49 JN Rz 7), selbst wenn sie nicht der Aufteilung nach §§ 81 ff EheG unterliegende Vermögensobjekte betreffen. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Mannes ist daher nicht jedenfalls unzulässig iSd § 402 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO.

Freilich werden im Rechtsmittel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1, § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung gebracht.

Der Mann stützte seinen Sicherungsanspruch auf die Scheidungsfolgenvereinbarung vom 3. Juli 2000, und berief sich im Antragsvorbringen auf § 382 Abs 1 Z 6 EO, im Punkt 3. seines Antrags erkennbar aber auch auf die Sicherung seines Aufteilungsanspruchs nach den §§ 81 ff EheG und auf § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO. Die zweite Instanz führte aus, der Rechtsmittelwerber habe weder seinen Anspruch, die behauptete Verknüpfung von Ehewohnung und landwirtschaftlichem Betrieb, konkretisiert und bescheinigt noch eine konkrete Gefährdung bescheinigt. Bei Beurteilung der Anspruchsgefährdung iSd § 381 EO kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei die Bescheinigung einer konkreten Gefahr gefordert wird. Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, die diese Voraussetzungen begründen, liegt ausschließlich bei der gefährdeten Partei (stRsp, zuletzt 7 Ob 34/01b; RIS-Justiz RS0005175; Kodek in Angst, Kommentar zur EO, § 389 EO Rz 6 f; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren2 Rz 2/75 mwN). Dies gilt im Übrigen auch für eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO (stRsp, 4 Ob 18/99x = EvBl 1999/171 u.v.a.; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, § 382 EO Rz 12 mwN). Ob sich aber aus einem bescheinigten Sachverhalt eine Gefährdung des Antragstellers zwingend ableiten läßt oder nicht - hier: die Absicht der Frau, ihre Liegenschaftshälften zu belasten und/oder zu veräußern - stellt wegen der Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage dar. Von einer auffallenden Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann bei dem im Widerspruchsverfahren als bescheinigt angenommenen Sachverhalt keine Rede sein.

Auf den behaupteten Anspruch, die von der zweiten Instanz dazu geäußerten Bedenken, einerseits weil sich eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines Aufteilungsanspruchs nur auf Vermögenswerte beziehen könne, die nach den §§ 81 ff EheG der Aufteilung unterliegen (2 Ob 271/99p; RIS-Justiz RS0037061; Kodek aaO § 382 EO Rz 53), und andererseits zur Wirksamkeit der Vereinbarung vom 3. Juli 2000, kommt es damit nicht mehr an. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Rsp zu § 97 EheG auch auf Vereinbarungen über nicht der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegendes Vermögen anzuwenden sei oder ob es der Einhaltung der Formvorschrift des § 1 Abs 1 lit b NZwG bedürfe.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a Abs 2 zweiter Satz, § 510 Abs 3 ZPO).

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