European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133148
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Der Kläger war Werbeberater mit Know‑how in Kommunikation und Marketing. Er wollte ein Unternehmen erwerben, das über eine gute Infrastruktur verfügt, aber keinen Geschäftsnachfolger hat. Er interessierte sich deshalb für einige branchenfremde Unternehmen. Die Beklagte, eine Wirtschaftsprüferin, durchleuchtete deshalb in seinem Auftrag einige Unternehmen.
[2] Zuletzt interessierte sich der Kläger für den Tischlereibetrieb der K* GesmbH. Er unterfertigte am 30. 1. 2004 als Geschäftsführer der C* GesmbH mit dem Geschäftsführer der K* GesmbH einen Letter of Intent (kurz auch: LoI), in dem festgehalten war, dass die K* GesmbH der C* GesmbH 80 % der Geschäftsanteile der durch Abspaltung zur Neugründung aus der K* GesmbH zum Stichtag 31. 1. 2004 entstehenden Betriebs‑GesmbH um einen Kaufpreis von 1.141.000 EUR veräußert. Im Letter of Intent waren auch Unternehmenskennzahlen wie die Bewertung der Aktiva und der Passiva aus der Bilanz zum 1. 2. 2004 wiedergegeben. In § 3 des Letter of Intent war unter anderem festgehalten, dass die auf Wunsch des Käufers durchzuführende Due Diligence‑Prüfung im Zeitraum Mitte bis Ende Februar 2004 in der Dauer von ca zwei Werktagen erfolgt. In § 4 ist folgender Absatz enthalten:
„Sollte im Zuge der Due Diligence aufgrund der Änderung der der Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Parameter eine Änderung des Unternehmenswerts von mehr als 5 % erforderlich sein, so ist vorliegender LoI gegenstandslos und müsste neu verhandelt werden.“
[3] Die Beklagte wurde beauftragt, eine Due Diligence‑Prüfung der K* GesmbH anhand des Jahresabschlusses zum 31. 12. 2003 gemäß dem Letter of Intent vom 30. 1. 2004 durchzuführen. Weitere Präzisierungen zum Umfang und Inhalt dieser Prüfung wurden nicht besprochen; das interessierte den Kläger auch nicht. Nach der Verkehrsauffassung umfasst eine Due Diligence‑Prüfung keine „Bewertungsleistungen“.
[4] Die Beklagte führte die Due Diligence‑Prüfung „diesem Auftrag gemäß ordnungsgemäß“ durch und erstattete dazu den Bericht vom 15. 3. 2004. Das Ergebnis war eine Abweichung des Unternehmenswerts von rund 8 %. Der Kläger hätte zwar gemäß § 4 des Letter of Intent die Möglichkeit gehabt, neu zu verhandeln, tat dies aber nicht; die zusätzlichen 3 % Abweichungen störten ihn nicht.
[5] Ein darüber hinausgehender Beratungsauftrag kann nicht festgestellt werden. Die Beklagte war nicht beauftragt, eine Unternehmensbewertung durchzuführen. Dies wollte der Kläger aus Kostengründen nicht, obwohl er von der Beklagten darauf angesprochen worden war. Bei einer Unternehmensbewertung wären Anzeichen einer Konkursgefahr sichtbar gewesen.
[6] Am 23. 5. 2005 wurde über das Vermögen der Betriebs‑GesmbH der Konkurs eröffnet.
[7] Die C* GesmbH ist seit Juli 2006 gelöscht; das Unternehmen ging auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger über.
[8] Der Kläger forderte von den Verkäufern die Rückzahlung des Abtretungspreises. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen (6 Ob 100/15x). Er wurde in diesem Prozess zum Kostenersatz von 135.765,03 EUR an die beklagten Verkäufer und von 57.573,56 EUR an die Nebenintervenientin verurteilt.
[9] Der Kläger hatte für zwei von der C* GesmbH (für die Zahlung des Abtretungspreises) bei einem Kreditinstitut aufgenommene Kredite über insgesamt 1 Mio EUR mitgehaftet und als Bürge und Zahler für den Kontokorrentkredit der Betriebs‑GmbH über 50.000 EUR bei diesem Kreditunternehmen. Er verpflichtete sich nach der Insolvenz der Betriebs‑GesmbH in einem gerichtlichen Vergleich, dem Kreditunternehmen entsprechend seiner Haftung für diese Kredite insgesamt 1.062.746,38 EUR sA zu zahlen.
[10] Der Kläger begehrt von der Beklagten 1.262.163,96 EUR sA, nämlich den Ersatz der ihm auferlegten Kosten im verloren gegangenen Prozess gegen die Veräußerer in der Gesamthöhe von 199.417,58 EUR und der im gerichtlichen Vergleich ihm auferlegten Zahlungspflicht für die Kredite von 1.062.746,38 EUR. Er habe ab Ende 2003 mit dem Geschäftsführer Gespräche über den Verkauf des von der K* GesmbH betriebenen Tischlereiunternehmens geführt. Schon bei den Gesprächen und dann auch bei der Abwicklung habe er die Beklagte – konkret deren Geschäftsführer – als Berater beigezogen. Im Jänner 2014 habe er auf dessen Empfehlung ein Angebot über 1.141.000 EUR gemacht. Demgemäß sei am 30. 1. 2014 ein Letter of Intent unterschrieben worden, aufgrund dessen er gegen Zahlung von 1.141.000 EUR 80 % des Unternehmens der neu zu gründenden Betriebs‑GesmbH erhalten sollte, allerdings vorbehaltlich einer Due Diligence‑Prüfung und der Zusage der Finanzierung des Kaufpreises durch ein Kreditunternehmen. Die Beklagte habe in seinem Auftrag im Februar und März 2014 diese Due Diligence‑Prüfung durchgeführt. Das Ergebnis sei eine Verringerung des Ertragswerts um 8,1 % gewesen, also nur knapp über dem im Letter of Intent vorgesehenen Schwellenwert von 5 %, sodass es ihm und auch der Beklagten nicht gelungen sei, eine Verringerung des Kaufpreises zu erreichen. Im März 2004 sei ein weiterer Letter of Intent unterschrieben worden; als Käufer um den schon bisher festgelegten Preis sei die C* GesmbH vorgesehen gewesen, deren Geschäftsführer er gewesen sei. Im Juli 2004 sei dann die Abspaltung durchgeführt worden. Die erste Rate des Abtretungspreises von 1 Mio EUR sei durch zwei Kredite bei einer Bank über 700.000 EUR und 300.000 EUR finanziert worden; er habe die Mithaftung übernommen. Die neu gegründete Betriebs‑GesmbH habe einen Kontokorrentkredit bei diesem Kreditunternehmen aufgenommen, für den er als Bürge und Zahler gebürgt habe. Im Jahr 2005 sei die Betriebs‑GesmbH zahlungsunfähig geworden und über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet worden. Das Kreditunternehmen habe die drei Kredite mit insgesamt 1.062.746,38 EUR fällig gestellt. Er habe sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, dem Kreditunternehmen diesen Betrag zu zahlen.
[11] Die Beklagte habe ihre Pflichten als Beraterin mangelhaft erfüllt und hafte ihm für die daraus resultierenden finanziellen Nachteile aus dem Unternehmenskauf. Sie habe bei der Due Diligence‑Prüfung nicht berücksichtigt, dass die Betriebs‑GesmbH ein strukturell völlig anderes Unternehmen als die K* GesmbH gewesen sei, sodass bei dieser Prüfung nicht einfach die Jahresabschlüsse der K* GesmbH herangezogen hätten werden dürfen. Weiters sei nicht berücksichtigt worden, dass die Betriebs‑GesmbH pro Jahr 60.000 EUR an Miete für die Betriebsliegenschaft und 140.000 EUR für die Tätigkeit des Geschäftsführers zahlen habe müssen und dass sie wegen ihres geringeren Eigenkapitals höhere Finanzierungskosten habe. Die Beklagte habe dies alles weder berücksichtigt noch den Kläger darauf hingewiesen und ihn somit falsch beraten. Im Jahresabschluss der K* GesmbH für 2003 sei ein um zumindest 179.482 EUR zu hoher Gewinn ausgewiesen worden, was für die Beklagte bei entsprechender Sorgfalt bei der Due Diligence‑Prüfung erkennbar gewesen wäre, sie aber nicht erkannt habe. Er hätte den Erwerb des Unternehmens nie getätigt, wäre die Beklagte ihrer Aufklärungs‑ und Warnpflicht nachgekommen.
[12] Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe sie im Dezember 2003 für Beratungen wegen eines Kaufs des Unternehmens der K* GesmbH zugezogen. Sie habe ihn von Dezember 2003 bis Februar 2004 beraten und dann eine „plausibilitätsmäßige Verprobung“ der von einem Unternehmensberater erstellten Unternehmensbewertung gemäß den berufsüblichen Usancen durchgeführt. Auf Wunsch des Klägers habe sie selbst keine Unternehmensbewertung vorgenommen, sondern lediglich die „plausibilitätsmäßige Verprobung“ des Kaufpreises der K* GesmbH. Der von der K* GesmbH beauftragte Unternehmensberater habe die K* GesmbH samt der Liegenschaft mit ca 2,6 Mio EUR und ohne Liegenschaft mit 1,6 Mio EUR für 100 % der Geschäftsanteile bewertet. Die „plausibilitätsmäßige Verprobung“ des Ertragswerts durch sie habe rechnerisch für 80 % 1.141.000 EUR ergeben. Mitte Februar 2004 habe sie der Kläger mit der Durchführung einer Due Diligence‑Prüfung beauftragt. Diese habe eine Abweichung von 8 % bezogen auf den ursprünglich in Rede stehenden Kaufpreis ergeben, sodass der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, ohne jede weitere rechtliche Verpflichtung das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Er habe das Unternehmen aber trotzdem unbedingt kaufen wollen, und zwar ohne jeden Wertabschlag. Dass die Betriebs‑GesmbH im Jahr 2005 in Konkurs gegangen sei, sei ausschließlich am Kläger gelegen, der als Geschäftsführer für den kaufmännischen Teil zuständig gewesen sei. Er habe mit Lieferanten gestritten, habe teure Werbeaufträge erteilt und die Kündigung wesentlicher Mitarbeiter zu verantworten. Er sei in der Branche unerfahren gewesen und habe keine Großaufträge erhalten, obwohl er die Geschäftstätigkeit darauf konzentriert habe. Außerdem sei es zu einer geringeren Nachfrage an den produzierten Produkten und zu einem Preisverfall gekommen. Die Prüfungen durch sie seien jedenfalls nicht fehlerhaft gewesen.
[13] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Schadenersatzanspruch des Klägers sei nicht berechtigt, weil er die Beklagte nicht mit einer Unternehmensbewertung beauftragt habe und die Due Diligence‑Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
[14] Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Für die Behauptung des Klägers, dass er bei vollständiger Aufklärung über die Unzulänglichkeit der durchgeführten Due Diligence‑Prüfung das Unternehmen nicht gekauft hätte, fehle jede dahingehende Feststellung. Davon könne auch nicht ausgegangen werden, wenn man bedenke, dass er die Beteiligung an der Betriebs‑GesmbH unbedingt erwerben habe wollen. Es könne keineswegs angenommen werden, dass der Kläger, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass die von ihm beauftragte Due Diligence‑Prüfung ohne Unternehmensbewertung nur ein höchst ungenaues Ergebnis über den Wert des Unternehmens und der angestrebten Beteiligung erbringe, das ganze Projekt abgeblasen hätte. Viel wahrscheinlicher wäre gewesen, dass der Kläger, der sich unbedingt an einem derartigen Unternehmen beteiligen habe wollen, dann entweder die Beklagte mit der Unternehmensbewertung beauftragt hätte, oder, noch wahrscheinlicher, dass er sich mit der geringen Aussagekraft der Due Diligence‑Prüfung durch die Beklagte zufrieden gegeben hätte.
[15] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Kläger nur einen sekundären Feststellungsmangel geltend mache.
[16] Die dagegen vom Kläger erhobene – nach Freistellung der Revisionsbeantwortung von der Beklagten beantwortete – außerordentliche Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig. Sie ist auch im Sinn des hilfsweise erhobenen Aufhebungsbegehrens berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[17] 1. Wirtschaftsprüfer sind – ebenso wie Steuerberater – Sachverständige im Sinn des § 1299 ABGB und unterliegen somit einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab (vgl RIS‑Justiz RS0037133). Den Wirtschaftsprüfer treffen für seinen Mandanten Schutz‑, Fürsorge‑ und Aufklärungspflichten. Da die Auskunfts‑ und Fürsorgepflicht des Wirtschaftsprüfers jedoch nicht überspannt werden darf, können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben. Die Auskunfts‑ und Fürsorgepflicht reicht nur soweit, als für den Wirtschaftsprüfer als Berater aus einem Fehlverhalten der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten bei gewöhnlichem Lauf der Dinge vorhersehbar ist (vgl RS0026584 [T14: Steuerberater]). Bei der Beurteilung dieses Sorgfaltsmaßstabs sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich; sie begründen zwar regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl RS0026584 [T17]). Mangels ausreichender Feststellungen kann aber – worauf der Kläger zutreffend hinweist – nicht beurteilt werden, ob er über den Inhalt und das Ergebnis der durchgeführten Due Diligence‑Prüfung von der Beklagten ausreichend aufgeklärt wurde und ob er bei unterlassener vollständiger Aufklärung über die Aussagekraft der durchgeführten Prüfung das Unternehmen – wie er behauptet – nicht gekauft hätte.
[18] 2. Die beklagte Wirtschaftsprüferin wurde beauftragt, in einem bestimmten Umfang eine Due Diligence‑Prüfung der K* GesmbH durchzuführen.
[19] Als Due Diligence wird allgemein eine detaillierte Untersuchung mit gebotener Sorgfalt insbesondere bei Kauf/Verkauf eines Unternehmens bezeichnet, um die damit verbundenen Risiken zu beschränken. Eine Due Diligence ist eine systematische Analyse von quantitativen Daten und qualitativen Informationen des Zielunternehmens, um darüber ein aussagefähiges Gesamtbild zu erhalten (Judt/Klausegger, Was ist eigentlich … Due Diligence? ÖBA 2016, 276; Völkl, Pflichten und Haftung des Due Diligence‑Prüfers, in Althuber/Schopper, Handbuch Unternehmenskauf & Due Diligence, Band I2,25 Rz 5).
[20] 3. Der Due Diligence‑Prüfungsvertrag ist grundsätzlich ein zweiseitiger synallagmatischer Beratungsvertrag, wobei die Hauptleistungspflichten des Beraters in der Prüfung und Berichterstattung in Bezug auf den Kaufgegenstand, jene des Auftraggebers in der Pflicht zur Entgeltzahlung bestehen. Die Hauptpflichten des Beraters sind einerseits die Prüfung, andererseits die Berichterstattung; hinzutreten Nebenpflichten vor allem im Hinblick auf die gebotene Aufklärung (Völkl aaO, 27 Rz 11).
[21] Der Due Diligence‑Prüfungsvertrag ist grundsätzlich als gemischter Vertrag mit Elementen des Werk‑ und des freien Dienstvertrags zu qualifizieren. Auf die Hauptleistungen kommen die jeweils gesetzlichen Regelungen, also auf die Hauptleistung „Prüfung“ freies Dienstvertragsrecht und auf die Hauptleistung „Berichterstattung“ Werkvertragsrecht zur Anwendung (vgl Völkl aaO, S 35 Rz 45). Speziell hinsichtlich des Due Diligence‑Reports ist von einem Werkvertrag auszugehen, immerhin handelt es sich dabei um die Erstattung eines Gutachtens über die im Zuge der Prüfung festgestellten Risiken (Völkl aaO, 34 f Rz 43).
[22] Bereits im Rahmen der Prüfungstätigkeit ist der Due Diligence‑Prüfer als Ausfluss seiner Treuepflicht in zumutbarem Umfang verpflichtet, alle Umstände und Gegebenheiten zu überprüfen, von denen er nach Maßgabe des § 1299 ABGB annehmen muss, dass sie für den Erwerb der Zielgesellschaft in seinem Fachbereich wesentlich und zur Einschätzung der mit diesem verbundenen Risiken erforderlich sind (Völkl aaO, 42 Rz 72). Im Rahmen des Due Diligence‑Berichts, der als eine Art Gutachten einzustufen und in der Regel als Werkvertrag zu qualifizieren ist, haftet der Prüfer für Schäden aus fehlerhafter Formulierung, wenn er den Bericht grob missverständlich formuliert und ein redlicher Empfänger die Ausführungen im Bericht falsch verstehen konnte. In diesem Zusammenhang schuldet der Due Diligence‑Prüfer für eine durchschnittliche Person in der Position seines Vertragspartners verständliche Ausführungen. Im Zusammenhang mit dem Due Diligence‑Bericht ist regelmäßig unter anderem davon auszugehen, dass unterlassene Risikohinweise vom durchschnittlichen Empfänger so zu verstehen sind, dass in diesem Bereich keine über die für jedermann ersichtlichen (abstrakten) Alltagsrisiken hinausgehenden (konkreten) Risiken bestehen (Völkl aaO, 43 Rz 79, 47 Rz 94).
[23] 4. Unstrittig ist nach dem wechselseitigen Vorbringen, dass die Beklagte vom Kläger von Anfang an zur Beratung und Unterstützung beim beabsichtigten Unternehmenserwerb, zuletzt des Tischlereibetriebs der K* GesmbH, herangezogen wurde. Die Beklagte war am Zustandekommen des Letter of Intent vom 30. 1. 2004 beteiligt.
[24] Sie wurde mit Schreiben vom 18. 2. 2004 mit einer Due Diligence‑Prüfung beauftragt. Was darüber und über deren Zweck für den Kläger gesprochen wurde, steht nicht fest. Im unstrittigen Prüfbericht verweist die Beklagte zum Auftragsumfang ausschließlich auf die „Due Diligence‑Prüfung der K* GesmbH anhand des Jahresabschlusses per 31. Dezember 2003 gemäß § 3“ des Letter of Intent. Nachdem sie am Zustandekommen dieses Letter of Intent nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien beteiligt gewesen ist, musste ihrem Geschäftsführer zweifellos klar sein (vgl § 4 Letter of Intent), dass sich der Kläger auch eine gewisse Aussage zum Unternehmenswert erwartete. Der Bericht über die Due Diligence‑Prüfung enthält auch mehrmals Angaben zum „tatsächlichen“ bzw zum „adaptierten“ Ertragswert. Die Beklagte ermittelte einen „relativ adaptierten Ertragswert“ von 1.048.200 EUR und damit eine Abweichung von 8,1 % zu dem dem Letter of Intent zugrunde gelegten Unternehmenswert. Zwar hat nach der Verkehrsauffassung eine Due Diligence‑Prüfung keine „Bewertungsleistungen“ zu umfassen und der Kläger wollte eine „echte“ Unternehmensbewertung aus Kostengründen nicht, jedoch ist die Aussage im Bericht über den Ertragswert ohne weitere Aufklärung zumindest irreführend, wenn die vorgenommenen Prüfungsschritte die Ermittlung eines realistischen Ertragswerts gar nicht ermöglichen. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, „dass die Due Diligence […] diesem Auftrag gemäß ordnungsgemäß durchgeführt [wurde]“, ist vor diesem Hintergrund auch mangels Wiedergabe des (unstrittigen) Inhalts des Prüfberichts als Entscheidungsgrundlage unzureichend.
[25] Wenn der Kläger der Beklagten vorwirft, sie habe ihn über die mangelnde Relevanz des ausgewiesenen Ertragswerts und die geringe Aussagekraft des Prüfberichts im Unklaren gelassen, fehlen dazu aussagekräftige Feststellungen des Erstgerichts. Was ihm die Beklagte allenfalls im Einzelnen erklärt hat, steht nicht fest. Der Revisionswerber zeigt zutreffend auf, dass Feststellungen fehlen, um beurteilen zu können, ob ihn die Beklagte ausreichend über den Wert ihres Prüfergebnisses für seine Kaufentscheidung näher aufklärte und ihm auch klarlegte, was ihre Aussage über den Ertragswert von über 1 Mio EUR bedeuten soll.
[26] Der Kläger hat sich auch darauf berufen, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Unternehmenskauf nicht getätigt hätte. Sollte daher ein Aufklärungs‑ und Beratungsfehler der Beklagten nach den noch zu treffenden Feststellungen vorliegen, sind auch zu diesem Beweisthema Feststellungen zu treffen, die das Erstgericht bisher unterließ. Hätte das Berufungsgericht (ohne Beweiswiederholung) ergänzende Feststellungen treffen wollen, ist seinen Ausführungen, was der Kläger bei vollständiger Aufklärung über die Unzulänglichkeit der durchgeführten Due Diligence‑Prüfung gemacht hätte, kein klares Bild zu entnehmen. Das Berufungsgericht mutmaßt, es könne nicht angenommen werden, dass der Kläger „das ganze Projekt abgeblasen hätte“, und meint, er hätte entweder die Beklagte doch mit der Unternehmensbewertung beauftragt oder sich mit der Due Dilligence‑Prüfung zufrieden gegeben. Welches konkrete Verhalten er in Bezug auf den Erwerb der Unternehmensbeteiligung schließlich gesetzt hätte, steht aber selbst nach den Darlegungen des Berufungsgerichts nicht fest.
[27] 5. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher aufzuheben, damit das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren die Feststellungen im aufgezeigten Sinn ergänzt und präzisiert.
[28] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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