Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die ihnen im Rekursverfahren entstandenen Verfahrenskosten endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gegenstand des Rekurses der Klägerin gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss ist allein die Frage, ob die Beklagte aufgrund bestimmter Abweichungen der von der Klägerin gelieferten Tore von der vertraglichen Spezifikation Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Die Rekurswerberin erörtert in ihrem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, was vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen ist, der bei Prüfung der Zulässigkeit an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO). In sinngemäßer Anwendung des § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a ZPO).
Soweit die Rekurswerberin (weiterhin) die Auffassung vertritt, das Unterlassen einer Rüge der Abweichungen („eindimensionale" anstelle der vereinbarten „dreidimensionalen" Türbänder) bei den Begehungen durch die von der Beklagten beauftragte Bauaufsicht stelle einen schlüssigen Verzicht auf die Geltendmachung dieser Mängel dar, ist sie auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen: Bei Beurteilung der Frage, ob auf ein Recht stillschweigend verzichtet wurde, ist besondere Vorsicht geboten und ein strenger Maßstab anzulegen. Das Verhalten des (allenfalls) Verzichtenden muss bei Überlegung aller Umstände des Falles unter Berücksichtigung der im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche den eindeutigen, zweifelsfreien und zwingenden Schluss zulassen, er habe ernstlich verzichten wollen. Bleibt aber - wie im vorliegenden Fall - vernünftigerweise auch die Möglichkeit offen, dass der nunmehr zu beurteilende Mangel von den Mitarbeitern bzw Beauftragten der Beklagten auch einfach übersehen worden sein könnte, liegt die erforderliche Eindeutigkeit nicht vor, die § 863 ABGB voraussetzt, um einem Verhalten einen ganz bestimmten Erklärungswert zuzuordnen.
Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung 6 Ob 623/87 (= wbl 1987, 312), der allerdings ein durchaus abweichender Sachverhalt zugrundelag, begegnet die Verneinung eines Verzichts durch das Berufungsgericht keinen Bedenken. Von „in die Augen fallenden" Mängeln kann regelmäßig nur dann gesprochen werden, wenn diese auch ohne nähere Überprüfung nicht zu übersehen sind, nicht aber wenn es einer zielgerichteten Untersuchung bzw einer Besichtigung im Detail bedarf, mag diese auch von einem Laien durchgeführt werden können. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass eine formelle Übernahme nicht stattgefunden hat und die Klägerin selbst schriftlich „bestätigte", dass die beauftragten Leistungen leistungsverzeichnis- und plangemäß ausgeführt worden seien. Haben ihre Mitarbeiter nun offenbar selbst die Abweichungen von der vereinbarten Ausführungsart nicht bemerkt, ist nicht nachvollziehbar, warum sie zugleich einer unterlassenen Beanstandung den Erklärungswert beimessen will, die Beklagte habe damit auf die Geltendmachung dieser Mängel verzichten wollen.
Ebenso entspricht die Ablehnung des Verjährungseinwands durch das Berufungsgericht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Wenn die Rekurswerberin nicht versteht, weshalb der Beginn des Laufs der dreijährigen Verjährungsfrist nicht - ebenso wie bei der Gewährleistungsfrist - spätestens mit der Nutzung des Gebäudes anzusetzen sein soll, ist sie auf den unmissverständlichen Wortlaut des § 1489 Satz 1 ABGB zu verweisen, nach dem die Verjährungsfrist mit Kenntnis von Schaden und Schädiger beginnt. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass diese Kenntnis zu einem bestimmten Zeitpunkt schon bestanden hat, trifft den Schadenersatzpflichtigen (vgl nur die Judikaturnachweise bei M. Bydlinski in Rummel II/33 § 1489 ABGB Rz 7).
Die fehlende Kenntnis des Geschädigten vom Schaden kann grundsätzlich auch nicht durch die bloße Erkennbarkeit substituiert werden (SZ 30/40; JBl 1988, 321 ua). Inwieweit die Kenntnis einer vom Ersatzberechtigten beauftragten Person diesem zuzurechnen ist, ist hier nicht zu erörtern, steht doch gar nicht fest, dass im Rahmen der Bauaufsicht die hier zu beurteilende Abweichung von der vertraglichen Vorgabe bereits früher aufgefallen wäre. Unverständlich sind die Ausführungen der Rekurswerberin zu einem allfälligen Mitverschuldenseinwand bei nicht sorgfältiger Prüfung durch den Besteller oder seinen Beauftragten; hier geht es doch ausschließlich um die Verantwortlichkeit der Klägerin für den „Mangelschaden" selbst, der auch durch eine frühere Anzeige weder beseitigt noch vermindert hätte werden können.
Soweit sich die Rekurswerberin letztlich mit der von der Rechtsprechung in gewissem Ausmaß anerkannten Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten beschäftigt, ist ihr entgegen zu halten, dass diese nicht überspannt werden darf (vgl nur SZ 57/171; 6 Ob 213/02w), zumal ansonsten das gesetzliche Kriterium der positiven Kenntnis ausgehöhlt würde. Sie setzt regelmäßig deutliche Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt voraus. Ob und inwieweit derartige Erkundigungsobliegenheiten anzunehmen sind, die zu einer Vorverlagerung des Fristbeginns führten, ist vor allem von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig und entzieht sich einer generellen Beurteilung, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO regelmäßig nicht zu beantworten ist. Dem Berufungsgericht ist auch in diesem Zusammenhang keine bedenkliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen. Aus den im Rekurs zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen ist für den Standpunkt der Rekurswerberin nichts zu gewinnen. Dort (SZ 44/115; SZ 50/87) war dem Geschädigten der Eintritt eines Schadens jeweils bewusst; die erörterte Erkundigungsobliegenheit bezog sich in diesen Fällen auf die Ausforschung des Schädigers.
Die Zurückweisung des somit unzulässigen Rechtsmittels hat zur Folge, dass die Rekurswerberin ihre Rekurskosten endgültig selbst zu tragen hat (§ 40 Abs 1 ZPO). Dies gilt letztlich auch für die Kosten der Rekursbeantwortung der Beklagten, in der auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen wurde und die daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich (§ 41 Abs 1 ZPO) qualifiziert werden kann.
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