Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und der zweitbeklagten Partei die mit S 30.810,78 (darin enthalten S 5.135,13 Umsatzsteuer) und der drittbeklagten Partei die mit S 28.009,80 (darin enthalten S 4.668,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Die Klägerin verkaufte mit Vertrag vom 4.11.1991 ihren Hälfteanteil an einer Liegenschaft an die - damals noch unter einer anderen Firma auftretende - zweitbeklagte Partei. Diese plante die Errichtung eines Wohn-, Geschäfts- und Kommunikationszentrums unter Einbeziehung dieser Liegenschaft. Sie bot der Klägerin an, ihr zum Preis von S 4,450.000 Wohnungseigentum an Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoß und im ersten Stock sowie an sechs Kraftfahrzeug-Abstellplätzen in der Tiefgarage des auf der Liegenschaft zu errichtenden Objekts zu verschaffen. Der Miteigentumsanteil der Klägerin sollte sich nach dem Ergebnis der Parifizierung richten. Das Anbot war unwiderruflich, aber bis zur anbotmäßigen Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes befristet. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 17.2.1993 die Annahme des Anbots erklärt hatte, teilte ihr die zweitbeklagte Partei mit, ihr Anbot sei gegenstandslos, weil die Bindungsfrist am 4.2.1993 abgelaufen sei.
Die Klägerin begehrte die Verurteilung 1. der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 2,857.448,40, 2. des Drittbeklagten a) zur lastenfreien Übergabe der von ihm erworbenen Geschäftsräumlichkeit Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises von S 4,066.936 und b) zu dessen Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechts auf jenen Anteilen, mit welchen das Wohnungseigentum an den Geschäftsräumlichkeiten untrennbar verbunden ist, sowie 3. der erstbeklagten Partei a) zur lastenfreien Übergabe von sieben Autoabstellplätzen Zug um Zug gegen Bezahlung eines Kaufpreises von S 770.000 und b) zur Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an jenen Anteilen, mit welchen das Wohnungseigentum an diesen PKW-Abstellplätzen untrennbar verbunden ist. Hilfsweise begehrte sie 1. die Feststellung, daß aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Erstgerichts der Erwerb der Geschäftsräumlichkeit durch die erstbeklagte Partei und in der Folge durch die drittbeklagte Partei sowie der Erwerb von sechs Autoabstellplätzen durch die erstbeklagte Partei der klagenden Partei gegenüber unwirksam seien, 2. die Verurteilung der beklagten Parteien zur Einwilligung in die Antragstellung zur Neuparifizierung gemäß einem bestimmten Gutachten sowie in die Neudurchführung der dafür notwendigen Baumaßnahmen und 3. die Verurteilung des Drittbeklagten a) zur lastenfreien Übergabe der von ihr erworbenen Geschäftsräumlichkeit Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises von S 3,790.000 an die beklagten Parteien und b) zur Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechts auf den für die Geschäftsräumlichkeit neu festzusetzenden Miteigentumsanteilen. Sie brachte dazu vor, die zweitbeklagte Partei habe ihr im Zuge des Verkaufs ihrer Liegenschaftshälfte zum Kaufpreis von S 2,250.000 mit Unterfertigung des Kaufvertrags auch ein Anbot zum Erwerb des Wohnungseigentums an einem Geschäftslokal in dem von der zweitbeklagten Partei projektierten Wohn-, Geschäfts- und Kommunikationszentrum gestellt, dessen Gegenstand neben einem bestimmten Geschäftslokal auch noch sechs genau bezeichnete Kraftfahrzeug-Abstellplätze gewesen seien. Das bis dahin unwiderrufliche Anbot, in dem ein Kaufpreis von S 4,450.000 festgelegt worden sei, sei bis zum Zeitpunkt der anbotsmäßigen Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes des Gebäudes befristet gewesen. Während der Planungs- und Bauphase habe die zweitbeklagte Partei bzw der beim Bau tätige Architekt mit der Klägerin immer wieder bauliche Detailfragen über das ihr angebotene Geschäftslokal besprochen; im Zuge der Planung und Bauausführung sei immer auf die Wünsche der Klägerin eingegangen worden. Diese habe wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung ihres Geschäftslokals genommen. Bereits in dieser Planungs- und Bauausführungsphase habe die Klägerin mehrmals erklärt, sie werde das Anbot annehmen; auch die zweitbeklagte Partei sei von einem „fixen Vertragsabschluß“ ausgegangen. „Im Prinzip“ sei das Anbot mit Unterfertigung des Kaufvertrags vom 4.11.1991, mit dem die Klägerin ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft an die zweitbeklagte Partei veräußert habe, bereits angenommen worden. Im Kaufvertrag sei vereinbart worden, daß die Verkäuferin von der Käuferin (= zweitbeklagte Partei) ein Geschäftslokal samt Kraftfahrzeug-Abstellplätzen im projektierten Bauwerk erwerbe; die Erstellung eines Anbots sei nur deshalb notwendig gewesen, um die wesentlichen Punkte des in Zukunft noch abzuschließenden Kaufvertrags zu fixieren, zumal infolge Fehlens eines Parifizierungsbeschlusses ein verbücherungsfähiger Kaufvertrag noch nicht habe erstellt werden können. Die Klägerin habe das Anbot der zweitbeklagten Partei vom Oktober 1991 auch im Jahre 1992 mündlich und schlüssig angenommen. Mit Schreiben vom 19.11.1992 sei dem Klagevertreter bestätigt worden, daß die erst- und zweitbeklagte Partei zu dem der Klägerin abgegebenen Kaufanbot stünden. In diesem Schreiben sei ausgeführt worden, daß es bisher nicht möglich gewesen sei, die Parifizierung abzuschließen und einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vorzulegen. Es sei auch mitgeteilt worden, daß nach Fertigstellung der Parifizierung der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag an die Klägerin übermittelt werde. Es gehe aus diesem Schreiben eindeutig hervor, daß die erst- und auch die zweitbeklagte Partei von einer bereits erfolgten Anbotsannahme durch die Klägerin ausgegangen seien. Nach Auftreten von Unstimmigkeiten zwischen dem Ehegatten der Klägerin und einem Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei im Februar 1993 habe die Klägerin aus Gründen der Vorsicht am 17.2.1993 nochmals das Anbot vom Oktober 1991 schriftlich angenommen. Daraufhin sei der Klägerin mitgeteilt worden, die Annahme des Anbots sei verspätet, weil bereits am 4.2.1993 die Rohbaudecke im zweiten Obergeschoß des in Bau befindlichen Gebäudes fertiggestellt worden sei. In der Folge habe die Klägerin beim Erstgericht eine Klage auf Feststellung der Wohnungseigentumsbewerbereigenschaft eingebracht und am 11.3.1993 eine einstweilige Verfügung erwirkt, womit der zweitbeklagten Partei zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin mit sofortiger Wirksamkeit verboten worden sei, über jene Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an den Geschäftsräumlichkeiten und an sechs Kraftfahrzeug-Abstellplätzen verbunden werden sollte, zu verfügen, insbesondere diese zu veräußern, zu belasten und zu verpfänden. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot sei auch im Grundbuch angemerkt worden. Das Oberlandesgericht Innsbruck habe zwar infolge Rekurses der zweitbeklagten Partei den Sicherungsantrag der Klägerin abgewiesen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses sei die einstweilige Verfügung im Umfang des begehrten Belastungs- und Veräußerungsverbots jedoch wiederhergestellt und lediglich das Mehrbegehren auf Anmerkung dieser Verbote abgewiesen worden. Trotz dieses Belastungs- und Veräußerungsverbots habe die zweitbeklagte Partei am 3.6.1993 Liegenschaftsanteile an die erstbeklagte Partei veräußert, die ihrerseits noch am selben Tag mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag Liegenschaftsanteile (betreffend das Geschäftslokal) an den Drittbeklagten veräußert habe. Die erst- und die zweitbeklagte Partei hätten durch ihr listiges Verhalten die Ausschaltung der Klägerin als Käuferin bezweckt. Alle drei Beklagten seien bei Abschluß der Verträge schlechtgläubig gewesen. Die erst- und die zweitbeklagte Partei hätten die Klägerin entsprechend einer ordentlichen Geschäftsabwicklung darüber informieren müssen, daß der für die Annahme des Anbots vorgesehene Fertigstellungstermin unmittelbar bevorstehe oder bereits eingetreten sei. Aus der Unterlassung einer solchen Mitteilung sei zu schließen, daß die erst- und die zweitbeklagte Partei davon ausgegangen seien, die Klägerin habe das Anbot bereits längst angenommen. Da die Klägerin bereits am 4.11.1991 entschlossen gewesen sei, das Geschäftslokal und die Autoabstellplätze zu erwerben, sei das Anbot auch nicht notwendig gewesen. Die Reduzierung der Kaufpreise für die Liegenschaft und für das Geschäftslokal im Ausmaß von je S 250.000 sei als Anzahlung für das Geschäftslokal zu verstehen. Es wäre der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Arbeiten am Projekt bis zur Fertigstellung der Rohbaudecke im zweiten Obergeschoß zu überwachen.
Die erst- und die zweitbeklagte Partei wendeten ein, das Anbot sei deshalb erstellt worden, weil sich die Klägerin zum Ankauf eines Geschäftslokals und der Kraftfahrzeug-Abstellplätze im Zeitpunkt der Errichtung des Kaufvertrags nicht habe entschließen können. Dieser sei bewußt gewesen, daß durch das Anbot kein „endgültiger Vertrag“ zustandekomme. Die Dispositionen der Klägerin über das in Aussicht genommene Geschäftslokal seien akzeptiert worden. Die Klägerin habe erst verspätet, nämlich mit Schreiben vom 17.2.1993, das Anbot angenommen. Für die Annahme des Anbots sei Schriftlichkeit vereinbart gewesen. Die Annahme sei vor dem 17.2.1993 aber auch nicht mündlich oder schlüssig erfolgt. Da im Anbot ausdrücklich festgehalten worden sei, daß es verfalle, wenn die Annahme bis zum Zeitpunkt der anbotsmäßigen Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes nicht erfolgen werde und diese Rohbaudecke am 4.2.1993 fertiggestellt gewesen sei, habe bei Annahme des Anbots am 17.2.1993 keine Verbindlichkeit für die erst- und die zweitbeklagte Partei mehr bestanden. Der Drittbeklagte sei vom Sachverhalt, insbesondere von der Aufhebung der von der Klägerin ursprünglich erwirkten einstweiligen Verfügung, informiert gewesen; er habe rechtmäßig mit Vertrag vom 3.6.1993 Eigentum erworben.
Der Drittbeklagte wendete ein, von der erstbeklagten Partei Aufklärung verlangt zu haben, weil er von der Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbots in Kenntnis gewesen sei. Er sei dahin informiert worden, daß die Ansprüche der Klägerin nicht berechtigt seien. Insbesondere sei ihm mitgeteilt worden, die einstweilige Verfügung sei bereits durch das Oberlandesgericht Innsbruck aufgehoben worden. Arglist und ein Zusammenwirken mit der erst- bzw der zweitbeklagten Partei seien ihm nicht anzulasten.
Das Erstgericht wies sämtliche Begehren ab.
Es stellte fest, der Ehemann der Klägerin habe im Zuge des in Aussicht genommenen Verkaufs der Liegenschaftshälfte der Klägerin erklärt, ein solcher Verkauf käme nur in Frage, wenn der Klägerin ein Geschäftslokal im projektierten Wohn- und Geschäftszentrum zur Verfügung gestellt werde. Das von der Klägerin zu erwerbende Geschäftslokal sei präzise festgelegt, der Kaufpreis für die Liegenschaftshälfte der Klägerin mit 2,5 Mio S ausgehandelt und eine von der Klägerin für das Geschäftslokal zu leistende Aufzahlung mit S 2,350.000 fixiert worden. Über Anregung des Ehegatten der Klägerin seien beide Kaufpreise um S 250.000 reduziert worden. Am 4.11.1991 sei der Kaufvertrag über den Hälfteanteil der Liegenschaft der Klägerin zu einem Kaufpreis von S 2,250.000 abgeschlossen worden. Dieser Vertrag habe folgende Bestimmung enthalten:
„Zwischen den Vertragsparteien ist vereinbart, daß die Verkäuferin von der Käuferin ein Geschäftslokal in Wohnungseigentum samt Kraftfahrzeug-Abstellplätzen in dem Bauwerk erwirbt, welches die Käuferin als Gesamtbauvorhaben ... unter anderem auf dem Grundstück ... errichten wird ...“.
Gleichzeitig mit der Unterfertigung des Kaufvertrags sei der Klägerin ein von der zweitbeklagten Partei unterfertigtes Anbot übergeben worden, das folgendes zum Inhalt gehabt habe:
Das Anbot werde bis zum Zeitpunkt der angebotsmäßigen Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes des Gebäudes unwiderruflich abgegeben und verfalle, wenn bis zu diesem Zeitpunkt eine Annahme nicht erfolgt sei. Die Klägerin sei berechtigt, dieses Angebot selbst anzunehmen oder die ihr zustehenden Annahmerechte an dritte Personen ihrer Wahl weiterzugeben. Diese Weitergabeerklärung habe schriftlich unter Beisetzung einer beglaubigten Unterschrift zu erfolgen. Mit dem der Klägerin angebotenen Kaufvertrag sollten ein genau bezeichnetes Geschäftslokal und exakt festgelegte Kraftfahrzeug-Abstellplätze ins Wohnungseigentum der Klägerin übergehen, und zwar zu einem Preis von S 4,450.000. Der Kaufpreis sei in drei gleich hohen Raten zu entrichten. „Für dieses Vertragsverhältnis“ sei Schriftlichkeit vereinbart, was auch für allfällige Abänderungen oder Ergänzungen gelte; mündliche Nebenabreden bestünden nicht.
Die Klägerin und deren Ehegatte hätten in der Folge regelmäßige Kontakte mit dem mit der Projektdurchführung beauftragten Architekten unterhalten und ihre Wünsche bei der Ausgestaltung des vom Anbot umfaßten Geschäftslokals zum Ausdruck gebracht. Diese Wünsche seien nach Rücksprache mit dem Bauherrn planlich weitgehend umgesetzt worden. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin oder ihr Ehegatte im Verlauf des Jahres 1992 den Entschluß, einen dem Anbot entsprechenden Ankauf vorzunehmen, der zweitbeklagten Partei oder Vertretern der erstbeklagten Partei gegenüber erklärt hätten. Im November 1992 seien in einem Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der erstbeklagten Partei und dem Klagevertreter von letzterem aufgeworfene Fragen erörtert worden, auf welche der Geschäftsführer der erstbeklagten Partei mit einem an den Klagevertreter gerichteten Schreiben vom 19.11.1992 geantwortet habe. In diesem Schreiben sei unter Bezugnahme auf das vorangegangene Telefonat zum Ausdruck gebracht worden, die erst- und die zweitbeklagte Partei stünden „selbstverständlich“ zu dem der Klägerin gegebenen Kaufanbot. Es sei bisher nicht möglich gewesen, die Parifizierung abzuschließen und einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag über das Geschäftslokal vorzulegen. Sobald die Parifizierung fertiggestellt sei und der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vorliege, werde dieser an die Klägerin übermittelt werden. Die nach Vertragsabschluß und entsprechend dem Baufortschritt fälligen Zahlungen würden erst nach Vorlage des Vertrags und dessen Unterzeichnung angefordert werden.
Am 9.12.1992 sei die Stahlbetondecke über dem zweiten Obergeschoß des Gebäudes betoniert gewesen. Mit der Ausschalung dieser Decke am 4.2.1993 sei die Decke über dem zweiten Obergeschoß fertiggestellt gewesen. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin von der bevorstehenden Fertigstellung informiert oder aufgefordert worden sei, sich im Hinblick auf den Fertigstellungstermin zum noch offenen Anbot zu äußern. Am 10.2.1996 habe der Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei dem Ehegatten der Klägerin gegenüber erklärt, die Klägerin habe das Anbot nie angenommen und die zweitbeklagte Partei sei daher nicht mehr an dieses gebunden. Er habe dem Ehegatten der Klägerin nochmals „eine Gesprächsmöglichkeit“ eingeräumt, dieser habe aber angekündigt, „den Termin nicht wahrzunehmen“, auf das Schreiben der erstbeklagten Partei vom 19.11.1992 hingewiesen und angekündigt, der Klagevertreter werde sich mit den beklagten Parteien in Verbindung setzen. Am 17.2.1993 habe die Klägerin über Anraten des Klagevertreters ein Schreiben mit folgendem wesentlichen Inhalt verfaßt:
„Wie Ihnen bereits mündlich mitgeteilt und seit langem bekannt ist, dazu verweise ich auf Ihr Schreiben vom 19.11.1992, nehme ich Ihr Anbot vom Oktober 1991 über Kauf eines Geschäftslokals/Garagenplatzes an.“
Die zweitbeklagte Partei habe mit Schreiben vom 19.2.1993 geantwortet, auf die Verfallsbestimmung und die verspätete Annahme des Anbots durch die Klägerin verwiesen und festgehalten, daß die verspätete Annahme abgelehnt werde.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Klägerin sei der Beweis, daß sie das unwiderrufliche Anbot fristgerecht angenommen habe, nicht gelungen. Die zweitbeklagte Partei sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin von der bevorstehenden Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes zu informieren; dieser sei ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, das Anbot innerhalb offener Frist zu nützen. Im Herantragen von Gestaltungswünschen an den beim Projekt tätigen Architekten und in der Berücksichtigung dieser Wünsche durch die erst- bzw die zweitbeklagte Partei sei eine konkludente Annahme des Anbots nicht zu erblicken. Überdies sei für die Annahme des Anbots Schriftlichkeit vereinbart gewesen. Die schriftliche Annahme des Anbots sei jedenfalls erst nach Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes erfolgt. Ein gültiger Kaufvertrag sei zwischen den Streitteilen somit nicht zustandegekommen, was zur Abweisung sämtlicher Begehren führen müsse.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm unter Billigung der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung dessen Feststellungen. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß sie das Anbot innerhalb der Annahmefrist schriftlich oder mündlich gegenüber der Offerentin (= zweitbeklagte Partei) angenommen habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Schriftlichkeitserfordernis auch für die Annahmeerklärung vereinbart worden sei, weil auch keine mündliche oder konkludente Annahme des Anbots unterstellt werden könne. Darin, daß die Klägerin Wünsche bezüglich der Ausgestaltung des vom Anbot umfaßten Geschäftslokals geäußert habe, sei keine schlüssige Anbotsannahme zu erblicken. Selbst unter Zugrundelegung einer Verpflichtung der zweitbeklagten Partei, der Klägerin den Eintritt des die Bindungsfrist beendenden Ereignisses mitzuteilen, erweise sich die Annahmeerklärung als verspätet, weil sie erst eine Woche nach der Erklärung der zweitbeklagten Partei, an das Angebot nicht mehr gebunden zu sein, abgegeben worden sei. Die von Lehre und Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze für die Haftung eines Vertragspartners wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten seien hier nicht anzuwenden, weil die Klägerin einerseits konkretes Tatsachenvorbringen nicht erstattet und einen Vertrauensschaden nicht geltend gemacht habe, und ihr andererseits hätte klar sein müssen, daß die zweitbeklagte Partei über die Anbotsfrist hinaus nicht gebunden sein wollte. Die Klägerin hätte durch entsprechende Anfragen den Zeitpunkt der Fertigstellung der Rohdecke des zweiten Obergeschoßes erkunden bzw unmittelbar von der zweitbeklagten Partei erfragen können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist unzulässig.
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Eine erhebliche Rechtsfrage ist nicht ersichtlich und wird in der Revision auch nicht dargetan:
Die Klägerin vertritt nach wie vor die Ansicht, die erst- oder die zweitbeklagte Partei hätte sie vom unmittelbar bevorstehenden Ablauf der Frist zur Anbotsannahme verständigen müssen, weil es ihr nicht zumutbar gewesen sei, täglich auf der Baustelle den Baufortschritt zu beobachten. Ihr hätte nach Billigkeit eine angemessene Nachfrist zur Annahme des Anbots gesetzt werden müssen, und sie habe ohnehin innerhalb von 14 Tagen nach Fertigstellung der Rohbaudecke im zweiten Obergeschoß das Anbot schriftlich angenommen. Demgegenüber verwies das Gericht zweiter Instanz auf die Möglichkeit der Klägerin, den Zeitpunkt der Fertigstellung der Rohbaudecke des zweiten Obergeschoßes durch entsprechende Anfragen - insbesondere bei der zweitbeklagten Partei selbst - zu erkunden können, daß - so das Berufungsgericht der Sache nach - keine Verpflichtung der Offerentin bestanden habe, den für das Fristende bedeutsamen Fertigstellungstermin anzukündigen oder mitzuteilen. Ob eine solche Verpflichtung besteht, kann jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Die Auffassung der Vorinstanzen, es wäre angesichts der Vereinbarung eines bestimmbaren, von einem künftigen Ereignis abhängigen Zeitpunkts Sache der Klägerin gewesen, den Baufortschritt im Auge zu behalten und die Annahme noch vor dem Fristende zu erklären, zumal das bevorstehende Ende der Frist durch entsprechende Anfragen an die zweitbeklagte Partei leicht zu ermitteln gewesen wäre, beruht weder auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage noch auf einer unvertretbaren Auslegung, die im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit korrigiert werden müßte: Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob die erst- oder die zweitbeklagte Partei die Klägerin vom Fertigstellungstermin verständigen hätten müssen, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (10 Ob 503/95 mwN).
Gleiches gilt für die Beurteilung der Frage, ob das Anbot, wie von der Klägerin behauptet, von ihr zumindest konkludent angenommen worden sei. Die Vorinstanzen haben sich mit allen Argumenten, die nach Auffassung der Klägerin für eine Annahme des Anbots vor Ablauf der Annahmefrist - in welcher Form immer - sprechen, befaßt und vertraten dabei die Ansicht, weder aus der Reduktion der Kaufpreise um je S 250.000 noch aus dem Umstand, daß die Klägerin und deren Ehegatte Wünsche für die Ausgestaltung des vom Anbot umfaßten Geschäftslokals äußerten, die nach Rücksprache mit dem Bauherrn weitgehend planlich umgesetzt wurden, sei eine (konkludente) Annahme des Anbots abzuleiten. Auch auf die Auffassung der Revisionswerberin, bereits im Kaufvertrag vom 4.11.1991 sei angesichts dessen Wortlauts die Annahme des Anbots vereinbart worden, gingen die Vorinstanzen ein, zogen jedoch aus der Tatsache, daß zugleich mit dem Kaufvertrag das Anbot gestellt wurde, den gegenteiligen Schluß. Auch die Frage, ob eine Offerte konkludent angenommen wurde, ist nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen; die Lösung im Einzelfall ist nicht verallgemeinerungsfähig. Der Oberste Gerichtshof ist außerstande, allgemein gültige Grundsätze aufzustellen, bei deren Beachtung die Frage nach dem stillschweigenden Zustandekommen eines Vertrags im Einzelfall gelöst werden könnte. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte deshalb nur kasuistisch sein; dies schließt aber in bürgerlichen Rechtssachen im allgemeinen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof aus. Etwas anderes würde im Interesse der Rechtssicherheit nur gelten, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (10 Ob 503/95; EFSlg 79.667; 9 ObA 1026/95; vgl 4 Ob 517/95).
Dies trifft aber nicht im vorliegenden Fall gerade zu, die von den Vorinstanzen vorgenommene Deutung der Verhaltensweisen und Auslegung der Erklärungen der Beteiligten erweist sich vielmehr als logisch einwandfrei und rechtskonform. Eine konkludente Handlung darf nämlich mit Rücksicht auf die strengen Anforderungen des § 863 ABGB nur dann angenommen werden, wenn sie nach der Verkehrssitte eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es dürfte kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß der Wille, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, vorliegt (2 Ob 506/96; RdW 1990, 286; JBl 1984, 487; SZ 55/134; MietSlg 31.081). Um trotz unterlassener ausdrücklicher Annahmeerklärung das Zustandekommen des Vertrags annehmen zu können, hätte es eines zusätzlichen Verhaltens der Parteien bedurft, aus dem sich unmißverständlich ergeben hätte, daß sie den Vertrag als zustandegekommen ansehen wollten; Derartiges wurde aber nicht festgestellt (2 Ob 574/91; 1 Ob 679/87; SZ 55/134). Es besteht auch keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner vom bevorstehenden Fristablauf in Kenntnis zu setzen, wenn der Ablauf dieser Frist mit einem vom Geschäftspartner selbst ohne größere Mühen erkennbaren und feststellbaren Zeitpunkt terminisiert wurde. Eine derartige (vorvertragliche) Aufklärungspflicht würde nur bestehen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte. Die Aufklärungspflicht endet aber an der Grenze objektiver Voraussehbarkeit einer Gefährdung der Interessen des Gegners (vgl SZ 59/15). Vereinbarte die Klägerin selbst den Eintritt eines bestimmten Ereignisses (Fertigstellung einer Decke) als Endzeitpunkt für die Annahmefrist, dann lag es tatsächlich an ihr, den Eintritt dieses Ereignisses in Evidenz zu halten. Auch in dieser Hinsicht ist den Vorinstanzen kein Rechtsirrtum, der im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre, anzulasten.
Die Revision ist demnach mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen.
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