OGH 1Ob116/23z

OGH1Ob116/23z20.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* N*, vertreten durch Dr. Erich Moser und Dr. Martin Moser, Rechtsanwälte in Murau, gegen die beklagte Partei M* N*, vertreten durch Dr. Christopher Kempf, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen 105.500 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. April 2023, GZ 2 R 43/23w‑53, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00116.23Z.0920.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin errichtete im Hinblick auf die zugesagte Übergabe auf der Liegenschaft der Beklagten einen Zubau zu einem Wohnhaus. Nach einem Zerwürfnis steht fest, dass die Übergabe nicht erfolgen wird. Die Vorinstanzen gaben der auf Bereicherungsrecht gestützten Klage im Wesentlichen statt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[3] 1. Die wörtliche Wiedergabe von Ausführungen in der Berufung entspricht nicht den Anforderungen an eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge in der Revision, weil damit keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Berufungsgerichts erfolgt (vgl RS0043603 [T15, T16]).

[4] 2. Der von der Klägerin herangezogene § 1435 ABGB analog wird nach gesicherter Rechtsprechung als Grundlage für die Anerkennung eines Bereicherungsanspruchs (condictio causa data causa non secuta) wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolgs bejaht (RS0033952).

[5] Der Wegfall des Zwecks war hier – wovon die Vorinstanzen ohne Fehlbeurteilung ausgingen – im November 2018 eingetreten, als die Beklagte aufgrund des Zerwürfnisses mit der Klägerin nicht mehr bereit war, dieser die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft zu übergeben. Ab diesem Zeitpunkt bestand der Anspruch, hat dieser doch zur Voraussetzung, dass objektiv hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Leistungserbringer nicht mehr mit der Erfüllung seiner Erwartung rechnen kann (RS0021820; vgl RS0021830).

[6] 3. Die von der Klägerin begehrten Zinsen setzen nach § 1333 ABGB zumindest objektiven Verzug voraus. Daher beginnen die Zinsen erst mit der Mahnung durch den Gläubiger zu laufen (RS0017614; speziell für Bereicherungsansprüche 3 Ob 200/74 SZ 47/130). Da eine außergerichtliche Mahnung weder festgestellt ist noch konkret behauptet wurde, ist der Tag der Klagezustellung maßgebend (§ 1334 letzter Satz ABGB; RS0017614 [T4]; 4 Ob 149/06z mwN). Dass das Berufungsgericht auf dieser Grundlage der Klägerin ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Leistungsklage die gesetzlichen Zinsen von 4 % per annum zuerkannte, ist nicht zu beanstanden.

[7] 4. Die Rückforderung im Rahmen einer condictio causa data causa non secuta ist ausgeschlossen, wenn der Leistende selbst die Erreichung des von ihm verfolgten Zwecks wider Treu und Glauben vereitelt (vgl RS0033767). Bei der Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben ist jedoch Zurückhaltung geboten (RS0033767 [T8]; vgl insb 3 Ob 556/90 mwN).

[8] Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass in der Erhebung der Pflichtteilsklage der Klägerin gegen die Beklagte als Alleinerbin nach dem Vater der Klägerin und Ehemann der Beklagten im konkreten Fall keine Vereitelung wider Treu und Glauben zu erblicken sei und besondere Umstände, die diese Klageerhebung als treuwidrig erscheinen ließen, nicht gegeben seien, ist nicht zu beanstanden.

[9] Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang geltend gemachte rechtliche Feststellungsmangel liegt nicht vor, weil das Erstgericht zu diesem Thema Feststellungen getroffen hat (vgl RS0053317 [T1]; RS0043320 [T16, T18]). Eine Vereinbarung über „eine Gesamterbaufteilung“, wonach die Klägerin von ihren Eltern nur die gegenständliche Liegenschaft erhalten und keine weiteren Ansprüche haben sollte, steht gerade nicht fest.

[10] 5. Dass die Klägerin im von ihr errichteten Haus einige Jahre gewohnt hat, wurde bei der Höhe des Rückforderungsanspruchs, der nach dem verbleibenden Restnutzen zu ermitteln ist, berücksichtigt (vgl RS0033921 [T1]). Das Wohnen ist durch die Berücksichtigung der Abnützung der von der Klägerin geschaffenen Investitionen in die Beurteilung eingeflossen (vgl RS0033921 [T8]).

[11] Die Ansicht der Vorinstanzen, wonach ein familienrechtliches unentgeltliches Wohnverhältnis vorlag, begegnet keinen Bedenken (vgl 1 Ob 225/18x). Die Unentgeltlichkeit der Nutzung wurde vom Erstgericht erörtert, ohne dass die Beklagte dazu etwas vorgebracht hätte.

[12] Einen Widerruf der prekaristischen Nutzung hat die Revisionswerberin im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet. Den Anspruch auf Benützungsentgelt für die Nutzung eines Zimmers im Altbau erhob sie im erstinstanzlichen Verfahren nicht, sodass ihre diesbezüglichen Ausführungen gegen das Neuerungsverbot verstoßen (§ 504 Abs 2 ZPO).

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