European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00109.15H.0618.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 614,85 EUR (darin 102,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich eines Verkaufs der Nachbarliegenschaft im Jahr 1954 räumte die Rechtsvorgängerin der Kläger im Liegenschaftseigentum den Käufern und Rechtsvorgängern der Beklagten zur Versorgung der gekauften Liegenschaft mit Trink‑ und Nutzwasser auf immerwährende Zeiten die dingliche Berechtigung ein, eine vom Kaufgrundstück in nordöstlicher Richtung in etwa 40 m Entfernung auf dem Nachbargrundstück befindliche Wasserquelle zu benützen, diese mit einem Sammelbassin zu fassen und das Wasser mittels einer in die Erde verlegten Rohrleitung bis zum Kaufgrundstück zu leiten. Vereinbart wurde weiters, dass die Käufer im Bedarfsfall an dieser Wasserleitungsanlage und am Sammelbassin Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten vornehmen können, nach deren Beendigung der frühere Zustand wiederherzustellen ist. Die Rechtsvorgänger der Beklagten errichteten in der Folge einen Quellsammelbehälter aus Beton im Ausmaß von 1 m³ und verlegten eine Wasserleitung, die der Wasserversorgung des Einfamilienhauses sowie des Gartenbereichs diente. Das „Überwasser“ der Quelle floss vom Quellsammelbehälter in den Quellgraben über das benachbarte Grundstück der Verkäuferin talwärts. Nachdem sich der Zustand der Quellfassung verschlechtert hatte und ein vom Erstkläger beigezogener Fachmann die Empfehlung abgegeben hatte, die aus zwei Ästen bestehende Quelle rund 10 m oberhalb des damaligen Aufleitungsstandorts an deren Wurzel freizulegen und fachgerecht zu fassen, ließ die Beklagte 2011 diese Arbeiten durchführen, wobei die Quelle ungefähr 8 bis 10 m vom ursprünglichen Standort entfernt neu gefasst wurde, was technisch erforderlich war, um den Flurabstand zur Quelle hin zu vergrößern und die Sicherheit gegen einsickerndes Oberflächenwasser zu erlangen. Es wurden ein neuer Sammelbehälter aus Kunststoff mit einem Volumen von 1m³ errichtet und im ausgehobenen Graben zwei neue Leitungen (eine davon als Leerverrohrung) zum Objekt der Beklagten verlegt. Das in den Quellgraben abfließende „Überwasser“ hatte schon vorher dem Vieh auf der Weide der Kläger für ihre Wasserversorgung gedient. Auch nach der Errichtung des neuen Behälters gab es hinsichtlich des Überwassers keine Versorgungsengpässe mit Wasser für das Vieh.
Die Vorinstanzen wiesen die von den Klägern erhobenen Begehren ab. Diese waren auf die Feststellung gerichtet, die Beklagte habe durch die Verlegung eines weiteren Schlauchs sowie durch Fassung weiterer austretender Wässer die Dienstbarkeit laut Kaufvertrag unzulässig erweitert und dadurch in das Eigentumsrecht der Kläger eingegriffen, sie habe den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen sowie 300 EUR samt Zinsen für Flur‑ und Holzschäden zu zahlen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig. Der Umfang der Servitut ergebe sich nach den Auslegungsregeln des ABGB bereits aus dem Wortlaut des Servitutsbestellungsvertrags. Darin sei den Rechtsvorgängern der Beklagten das Recht zur „Fassung“ der Quelle mit der Errichtung eines Sammelbassins und der Ableitung des Wassers mittels einer in die Erde verlegten Rohrleitung eingeräumt worden. Da Ausmaß und Umfang des Dienstbarkeitsrechts nicht näher festgelegt worden seien, liege eine ungemessene Servitut vor, sodass bei deren Ausübung das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Guts maßgeblich sei. Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit durch erhebliche Mehrbelastung des dienenden Guts, liege nicht vor. Nach der Vertragsbestimmung seien die Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur Fassung und daher auch zur Neufassung der Quelle berechtigt gewesen. Da es in der Natur einer Quelle liege, dass eine solche Neufassung durch die sich im Laufe der Zeit ändernden Boden‑ und Fließverhältnisse räumlich von der ursprünglichen Fassung abweichen könne, komme dem vertraglichen Hinweis, dass sich diese Quelle in etwa 40 m Entfernung vom Kaufgrundstück befinde, keine Bedeutung zu. Dass sich die Rechtsvorgänger der Kläger die Nutzung des Überwassers ausdrücklich vorbehalten hätten, gehe aus der Vereinbarung nicht hervor. Der Umstand, dass der Beklagten nach der Neufassung der Quelle nun ein höheres Wasserangebot zur Verfügung stehe, stelle allein kein berücksichtigungswürdiges Interesse der Kläger an der Untersagung dieser nach über 60 Jahren schon aus hygienischen Gründen gebotenen Maßnahmen dar. Schon in Anbetracht des festgestellten hygienischen Erfordernisses einer Neufassung spiele es rechtlich keine Rolle, ob am ursprünglichen Standort der Quellfassung genügend Quellwasser vorhanden gewesen wäre.
Die Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob es in der Natur einer Quelle liegt, dass eine Neufassung durch die sich im Laufe der Zeit ändernden Boden‑ und Fließverhältnisse räumlich von der ursprünglichen Fassung (hier 8 bis 10 m) abweichen könne und auch bisher nicht gefasste weitere Quelläste mitgefasst werden könnten, sodass weniger Überwasser austrete.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Kläger ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist und die Entscheidung des Berufungsgerichts in erster Linie auf einer (keineswegs unvertretbaren) Auslegung des konkreten Servitutsbestellungsvertrags beruht (vgl nur RIS‑Justiz RS0042936; RS0044358).
Zutreffend hat das Berufungsgericht nämlich darauf hingewiesen, dass den Rechtsvorgängern der Beklagten das Recht eingeräumt wurde, eine bestimmte Wasserquelle auf dem Grundstück der Verkäuferin zu nützen, diese Quelle mit einem Sammelbassin zu fassen und das Wasser über eine Rohrleitung bis zum Kaufgrundstück zu leiten. Angesichts der weiteren Feststellung, dass die von den Klägern bekämpften Maßnahmen der Beklagten die „gegenständliche“ (aus zwei Ästen bestehende) Quelle betrafen und eine Neufassung der Quelle jedenfalls schon aus hygienischen Gründen erforderlich war, ergibt sich keineswegs eine unzulässige Ausweitung des Servitutsrechts, war doch den Rechtsvorgängern der Klägerin die Berechtigung zur Nutzung der gesamten Quelle eingeräumt worden (vgl auch RIS‑Justiz RS0011760). Da es sich nach den Feststellungen weiterhin um dieselbe Quelle handelt, ist auch der gegen das Berufungsgericht erhobene Revisionsvorwurf unberechtigt, dieses vertrete offensichtlich die Ansicht, dass alle Quellen der Beklagten zuzuordnen seien.
Mit ihren Ausführungen, die Menge an „Überwasser“ habe sich seit der Neufassung der Quelle verringert und es sei nun nicht mehr ausreichend Wasser zur Versorgung ihrer Tiere vorhanden, weichen die Revisionswerber in unzulässiger Weise von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ab, nach denen es weiterhin keine Versorgungsengpässe gibt. Ob eine solche Verringerung rechtlich von Relevanz wäre, braucht daher gar nicht untersucht zu werden. Im Übrigen ist nicht zu erkennen, warum das „Überwasser“ weniger geworden sein sollte, hat doch der neue Sammelbehälter kein größeres Fassungsvermögen als der frühere und müsste bei der von den Klägern behaupteten höheren Quellschüttung doch sogar mehr „Überwasser“ aus diesem abrinnen.
Die erstmalige Berufung der Revisionswerber auf den Rechtsgrund der Ersitzung, durch den sie ein Recht auf eine (unveränderte?) Menge an Überwasser erworben hätten, ist als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Im bisherigen Verfahren haben die Kläger insbesondere nie behauptet, dass sie und/oder ihre Rechtsvorgängerin der Ansicht gewesen wären, sie hätten die Berechtigung an der Nutzung des Überwassers in bestimmtem Umfang aus der an sich der Beklagten zustehenden Quelle erworben.
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO), zumal die Revisionswerber auf ihr Begehren auf Entfernung der Rohrleitungen nicht mehr zurückkommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 und § 46 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihr Schriftsatz eine zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme war.
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