OGH 1Ob109/11b

OGH1Ob109/11b26.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Herta S*****, und 2.) Sabine S*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Wiedenbauer Mutz Winkler Pramberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 35.142,33 EUR sA, in eventu Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. März 2011, GZ 1 R 29/11h-19, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. November 2010, GZ 49 Cg 35/10d-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur Rechtsfrage, ob der klagende Anleger unrichtig informiert wurde, weil er von der (auch hier) Beklagten - bzw dem eingeschalteten Vermittler - nicht auf die Gefahr der Insolvenz der Emittentin oder Garantin hingewiesen wurde, hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in der einen gleich gelagerten Parallelfall betreffenden Entscheidung 4 Ob 20/11m (ihr folgend: 7 Ob 29/11g; 8 Ob 148/10p; 1 Ob 71/11i ua) Stellung genommen (Die ablehnende Besprechung von Graf, ecolex 2011, 506, geht naturgemäß nicht von den konkreten Umständen des nunmehr zu entscheidenden Falls aus.). Er verneinte die Verpflichtung, den Anleger über das (zum Kaufzeitpunkt bloß theoretische) allgemeine Insolvenzrisiko aufzuklären; mangels Verletzung von Aufklärungspflichten sei das auf Irrtum und Schadenersatz gestützte Begehren unberechtigt.

Die Ausführungen in der zitierten Vorjudikatur gehen ersichtlich davon aus, dass auch die Angaben im Verkaufsprospekt der Beklagten - sowie die damit weitgehend übereinstimmenden Erklärungen des Vermittlers -, es bestünde „kein Risiko“ bzw der Anleger werde auch bei ungünstiger Entwicklung jedenfalls das eingesetzte Kapital wieder zurückbekommen, nicht losgelöst von der grundsätzlichen Konstruktion des Wertpapiers als Zertifikat mit Kapitalgarantie einer Bank, zu verstehen sind. Auch die genannten Anpreisungen bzw Erklärungen können daher nicht so verstanden werden, dass nicht einmal das allgemeine Insolvenzrisiko (von Emittentin bzw Garantin) bestünde, sondern sind als Hinweis auf die (tatsächlich existierende) Garantie einer Bank zu verstehen, die damals sehr gute Bonität aufwies (vgl dazu auch 4 Ob 20/11m, 5 Ob 56/11p). In diesem Sinne waren die der Erstklägerin gegenüber geäußerten Angaben über die Sicherheit des Wertpapiers daher weder unrichtig noch in - irrtums- oder schadenersatzrechtlich - relevanter Weise irreführend. Das Bestehen einer dem österreichischen System der Einlagensicherung entsprechenden Sicherheit wurde der Erstklägerin - entgegen den Rechtsausführungen in der Revision - nicht vorgespiegelt.

2.) Soweit sich die Revisionswerberinnen auf bestimmte Zeugenaussagen berufen, aus denen bestimmte Feststellungen ableitbar gewesen wären, ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt. Der Oberste Gerichtshof kann als bloße Rechtsinstanz keine zusätzlichen Feststellungen treffen. Warum die Vorinstanzen allenfalls gehalten gewesen wären, die getroffenen Tatsachenfeststellungen entsprechend zu ergänzen, wird nicht ausgeführt.

3.) Verwirklicht hat sich das Insolvenzrisiko, über das nach der dargelegten gesicherten Rechtsprechung nicht eigens aufzuklären war. Soweit sich die Revisionswerberinnen darüber hinaus auf eine Verletzung des § 4 KMG sowie der „Wohlverhaltensregeln“ nach den §§ 11 ff WAG berufen, wird in der Revision nicht dargelegt, welche - nicht die bereits abgehandelten Fragen der Sicherheit der Anlage bzw des Insolvenzrisikos betreffenden - Erklärungen zusätzlich abgegeben hätten werden sollen (und in welcher Weise die Klägerinnen darauf reagiert hätten).

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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