Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 728,11 EUR (darin enthalten 121,35 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahren und die mit 1.029,82 EUR (darin 74,30 EUR USt und 584 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ließ im Auftrag der Beklagten durch eine Subunternehmerin Asphaltierungsarbeiten in einer Leichtbauhalle auf dem Betriebsgelände der Beklagten durchführen. Die Arbeiten wurden ordnungsgemäß erbracht und abgerechnet, wofür ein Werklohn von 8.289,49 EUR zusteht. Durch das Aufbringen der Asphaltschicht entstand Abstrahlungswärme, die die Luft im Bereich des Hallendachs stark erwärmte. Aufgrund ungenügender Lüftung entstand ein Hitzestau, der die untere Blechschicht der Paneele der Dachkonstruktion erwärmte und eine plastische Verformung des Blechs hervorrief, die irreparabel ist. Die Tragfähigkeit der Dachpaneele und deren Funktionsfähigkeit wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Es besteht lediglich eine optische Störung in Bezug auf etwa ein Drittel der Innenansicht der Dachoberfläche. Die Halle war zum Zeitpunkt der Asphaltierungsarbeiten etwa zwei Monate alt und ist eine Werkstatthalle einfachster Bauart, ohne wesentliche ästhetische und architektonische Ansprüche, die die Beklagte zur Reinigung und Reparatur von Fahrzeugen verwendet. Für die Erneuerung der Paneele sind 4.623,05 EUR netto erforderlich. Im Hinblick auf die rein optische Störung der Dachoberfläche ohne Beeinträchtigung ihrer Funktion oder Tragfähigkeit stellte das Erstgericht einen „Qualitätsminderungsanspruch" von 180 EUR brutto fest.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung zur Gänze, die Gegenforderung mit 180 EUR als zu Recht bestehend und sprach der klagenden Partei die Differenz (8.109,49 EUR), samt Zinsen zu. Die durch die Hitzeeinwirkung aufgrund der Asphaltierungsarbeiten verursachten Schäden an den Dachpaneelen seien als Begleitschäden zu werten. Die klagende Partei habe nur Sorge für den Untergrund und für die unmittelbar an den Asphalt angrenzenden Materialien getragen, auf das Erfordernis einer entsprechenden Belüftung im Hinblick auf die Hitzeentwicklung aber nicht Bedacht genommen und insoweit nicht gewarnt. Sie habe daher der Beklagten den verursachten Vermögensschaden zu ersetzen. Der Aufwand für die Erneuerung der Dachpaneele übersteige aber den eingetretenen Schaden von 180 EUR brutto wesentlich, weshalb diese Art der Schadensbehebung - auch in Relation zum Honorar für die ordnungsgemäß erbrachte Leistung der Klägerin und zum Verwendungszweck der Halle - unwirtschaftlich und untunlich sei. Deshalb sei nach § 1323 ABGB nur der genannte Schätzwert zu vergüten.
Das Berufungsgericht erachtete die Gegenforderung mit 5.547,66 EUR als zu Recht bestehend. Die Beklagte könne nicht bloß auf den Ersatz der optischen Beeinträchtigung der Halle verwiesen werden, sondern habe Anspruch auf Ersatz des gesamten Substanzschadens in Höhe der angemessenen Reparaturkosten des Dachs. Untunlichkeit sei nicht am Werklohnanspruch der Klägerin zu messen, sondern aus dem Verhältnis der Reparaturkosten zum Wert der Sache (Halle) abzuleiten. Eine Wiederherstellung könnte nur dann untunlich sein, wenn die Kosten der Reparatur unverhältnismäßig hoch lägen, zB ein Totalschaden an der Sache eingetreten wäre. Dafür fehle jeder Anhaltspunkt. Es sei daher die Gegenforderung in Höhe der Bruttoreparaturkosten als zu Recht bestehend festzustellen. Die Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens stellten nicht ersatzfähige vorprozessuale Kosten dar.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin, in der begehrt wird, die kompensando eingewendeten Schadensbehebungskosten nur mit 180 EUR als zu Recht bestehend zu erkennen, ist zulässig und berechtigt.
Nach § 1323 ABGB ist ein Schaden in erster Linie durch Zurückversetzung in den vorigen Stand (Naturalrestitution) auszugleichen. Der Geschädigte ist demnach primär so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestellt wäre (1 Ob 620/94 = SZ 68/101; 1 Ob 535/90 = SZ 63/53). Er hat auch grundsätzlich Anspruch auf Ersatz von bloß fiktiven Wiederherstellungskosten, das sind die zur Wiederherstellung notwendigen und angemessenen Kosten, unabhängig davon, ob er die Schadensbehebung tatsächlich vornehmen lässt (1 Ob 620/94; SZ 63/46). Er muss die beschädigte Sache jedenfalls nicht schon vor der Schadensliquidierung wieder herstellen lassen und ist nicht gehalten, den Schaden auf eigene Kosten zu sanieren und erst danach Ersatz zu begehren. Steht aber fest, dass die Reparatur nicht durchgeführt wird, ist ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren grundsätzlich abzuweisen (Reischauer in Rummel3 § 1323 ABGB, Rz 11b und 12).
Der Zuspruch fiktiver Reparaturkosten in voller Höhe verbietet sich aber dann, wenn sie höher als die objektive Wertminderung sind. Andernfalls würde man die Prinzipien des Schadenersatzrechts verlassen und dem Geschädigten nicht nur den ihm gebührenden Ausgleich für den erlittenen Schaden zuerkennen. Dies würde zu einer Bereicherung des Geschädigten auf Kosten des Schädigers führen (RIS-Justiz RS0022844). Es sind deshalb die fiktiven Schadensbehebungskosten nur bis zur Höhe der Minderung des Werts der beschädigten Sache - und zwar nicht bloß bei Kraftfahrzeugen (vgl SZ 71/85; 1 Ob 620/94; 1 Ob 701/89 = JBl 1990, 718; Harrer in Schwimann, ABGB3, § 1323 Rz 55 mwN) - zu ersetzen.
Nun sind Grundstücke (und Gebäude) anders als Kraftfahrzeuge und ähnliche Gebrauchsgüter keine vertretbaren Sachen, für die durch Austausch immer voller Ersatz geleistet werden kann, und überdies als knappe Wirtschaftsgüter in weitaus geringerer Zahl vorhanden und nicht beliebig vermehrbar (1 Ob 620/94; Harrer aaO § 1323 ABGB Rz 3). Bei Beschädigung solcher Güter ist deshalb, weil Naturalrestitution grundsätzlich auch dann vorzunehmen ist, wenn sie teurer kommt als Geldersatz (Harrer aaO); - ähnlich wie bei Sachen ohne Verkehrswert - zu prüfen, ob ein verständiger Eigentümer in der Lage des Geschädigten die Kosten aufwenden, ob also ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Mensch, der den Schaden selbst zu tragen hätte, diesen Aufwand gleichfalls bestreiten würde (vgl Reischauer aaO § 1323 ABGB Rz 9b). Ob die Leichtbauhalle der Beklagten als „solches Gut" zu werten wäre, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls würde ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Mensch bei einem rein funktionalen Zweckbau ohne ästhetische Ansprüche nicht etwa 5.500 EUR zur Behebung von Schäden an Dachpaneelen aufwenden, die funktionell völlig in Ordnung und lediglich in optischer Hinsicht beeinträchtigt sind. Dies ist letztlich auch der Revisionsbeantwortung der Beklagten zu entnehmen, die vorbringt, die Dachpaneele erst dann austauschen zu lassen, wenn „definitiv feststeht, dass der - beträchtliche - Reparaturaufwand zu Lasten der Klägerin geht".
Der zu ersetzende Schaden findet daher seine Grenze in der vom Erstgericht als „Qualitätsminderungsanspruch" festgestellten Wertminderung für die optische Störung der Innenansicht der Dachoberfläche.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO wobei das Revisionsinteresse im Hinblick auf die Nichtanfechtung der Gegenforderung im Ausmaß von 180 EUR zu berichtigen war.
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