Spruch:
1. Zur Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers gegen die mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17. April 2007 ausgesprochene Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wird das Oberlandesgericht Wien bestimmt.
2. Zur Entscheidung über ein sich daraus allenfalls ergebendes weiteres Verfahren über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie für die allfällige Verhandlung und Entscheidung über eine Amtshaftungsklage wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestimmt.
Text
Begründung
Der Antragsteller begehrt Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Amtshaftungsklage wegen unvertretbarer und materiell falscher Entscheidungen des Bezirksgerichts Lienz, des Landesgerichts Innsbruck, des Oberlandesgerichts Innsbruck sowie der Staatsanwaltschaft Innsbruck, wozu er einzelne Aktenzeichen anführt und weiters ausdrücklich auf § 9 Abs 4 AHG hinweist. Nach ergänzender Einvernahme des Antragstellers wies das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 17. April 2007, 59 Nc 13/06p-7, den Verfahrenshilfeantrag wegen offenbarer Mutwilligkeit und Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ab.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers sowie ein Antrag auf Ablehnung der Erstrichterin, in dem wieder - wie bereits im Verfahrenshilfeantrag und bei der Einvernahme - die Delegierung der Sache gemäß § 9 Abs 4 AHG beantragt wird.
Nach Übermittlung des Aktes an den Ablehnungssenat des Landesgerichts Innsbruck, legte ihn dieser zur Delegierung an ein anderes Gericht zwecks Entscheidung über die Ausgeschlossenheit bzw Befangenheit der Erstrichterin dem OGH vor.
Der erkennende Senat hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Die Regelung des § 9 Abs 4 AHG stellt einen Fall notwendiger, der Parteiendisposition entzogener Delegierung dar und soll gewährleisten, das auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen kann, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder des Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach § 1 Abs 1 AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der rechtspolitische Grund dieser Bestimmung zielt darauf ab, alle betroffenen Gerichte, aus deren Verhalten als Klagegrund ein Amtshaftungsanspruch bzw ein nach dem Amtshaftungsgesetz zu beurteilender Anspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über solche Ansprüche auszuschließen, sollen doch Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben (1 Nd 23/00; 1 Nd 5/00). § 9 Abs 4 AHG ist sinngemäß auf Verfahren, die dem Amtshaftungsprozess vorausgehen und die Voraussetzung für die Einbringung der Amtshaftungsklage bilden, anzuwenden (RIS-Justiz RS0053097), so auch für die Gewährung der Verfahrenshilfe (1 Nd 1/88 uva).
Die Verletzung dieser Bestimmung hat Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge (Schragel, AHG3 Rz 255 mwN). Hat daher entgegen den dargelegten Grundsätzen ein ausgeschlossenes Gericht in erster Instanz entschieden, ist zumindest dafür Sorge zu tragen, dass ein nicht vom Ausschließungsgrund des § 9 Abs 4 AHG betroffenes Rechtsmittelgericht bestimmt wird (Schragel aaO mit Verweis auf 1 Nd 1/84; vgl auch 1 Ob 356/97b).
Da hier im Sinne der Entscheidung 1 Ob 356/97b das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO indiziert ist, bedarf es der Delegierung zur Entscheidung über die Ausgeschlossenheit bzw Befangenheit der Erstrichterin, deren Bejahung lediglich einen weiteren Grund dafür darstellen könnte, dass sie zur Entscheidung im vorliegenden Fall nicht berufen ist, nicht, und ist daher mangels Möglichkeit, die Nichtigkeit im Delegierungsverfahren wahrzunehmen, ein vom Ausschließungsgrund des § 9 Abs 4 AHG nicht betroffenes Rechtsmittelgericht zu bestimmen, sowie für das allfällig weitere erstinstanzliche Verfahren auch das dafür zuständige Gericht (vgl überdies RIS-Justiz RS0050128).
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