Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas M***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (A/2) sowie der Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (A/1), der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (A/3), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (B/I) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (B/II) schuldig erkannt.
Danach hat er in Innsbruck
(A/1) am 21. Juli 2012 den Polizeibeamten Christian S***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Körperverletzung „unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 83 Abs 1, 313 StGB“ (vgl dazu RIS-Justiz RS0112621; jüngst 17 Os 4/13m, 5/13h) falsch verdächtigte, indem er anlässlich seiner Einlieferung in die Unfallchirurgie gegenüber den Ärzten und den einschreitenden Beamten wahrheitswidrig sinngemäß angab, er sei von Christian S***** absichtlich angefahren worden, wobei er wusste, dass diese Verdächtigung falsch war;
(A/2) am 21. Juli 2012 die Polizeibeamten Christian S***** und Alois Sch*****, die bei Thomas M***** eine Alkoholkontrolle hatten durchführen wollen, durch die sinngemäße Aufforderung, sie sollten „das mit der Anzeige vergessen, dann hätte er auch nichts gesehen“, zu bestimmen versucht, als Beamte der Bundespolizeidirektion Innsbruck „mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf Ausschluss alkoholisierter Lenker vom Straßenverkehr und Anzeigeerstattung wegen einer Verwaltungsübertretung (§ 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 StVO) zu schädigen“, ihre Befugnis, im Namen des (richtig [vgl Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG]) Landes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, „wissentlich“ durch die Unterlassung einer Anzeige gegen Thomas M***** zu missbrauchen;
(A/3) am 31. Juli 2012 bei seiner Vernehmung als Zeuge vor Beamten der Landesverkehrsabteilung für Tirol in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung gegen Christian S***** wegen des Vergehens der Körperverletzung „unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§ 83 Abs 1, 313 StGB“ vor der Kriminalpolizei durch die wahrheitswidrige Angabe, er sei (sinngemäß) von diesem angefahren worden, falsch ausgesagt;
(B) am 9. Dezember 2012
I) Alessandro N***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er auf diesen mit einem Luftdruckgewehr schoss, was einen Steckschuss in dessen Oberkörper, der operativ entfernt werden musste, sowie eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zumindest bis Ende Jänner 2013 zur Folge hatte;
II) trotz aufrechten Waffenverbots (§ 12 WaffG) Waffen, nämlich ein Luftdruckgewehr der Marke „Remington NPSS“, ein Jagdgewehr und zwei Kleinkalibergewehre, unbefugt besessen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden Beweisanträge des Beschwerdeführers ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen:
Der Antrag auf „Einholung eines kfz-technischen SV-Gutachtens zum Beweis dafür, dass es für den Zeugen Sch***** unmöglich war, vom Beifahrersitz aus aus der Fahrertür zu beobachten, was neben dem linken Hinterrad dieses Fahrzeuges geschieht“ (ON 21 S 13 iVm ON 36 S 17), zielte auf Erschütterung der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen ab. Weshalb zur Klärung dieser Frage die Einholung eines derartigen Gutachtens notwendig oder überhaupt zielführend sein soll, wurde anlässlich der Antragstellung nicht dargelegt. In Ermangelung eines derartigen Vorbringens war das Begehren auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Dem weiteren Beweisthema dieses Antrags, der Zeuge Christian S***** hätte „unter den geschilderten Umständen während seines Rückfahrmanövers den Angeklagten derart rechtzeitig“ sehen müssen, „dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre“ (ON 21 S 13 f iVm ON 36 S 17), fehlte es an Erheblichkeit, weil die vom Antragsvorbringen unterstellte Prämisse (eines von diesem Zeugen verursachten Unfalls) von den Tatrichtern als unglaubwürdig verworfen wurde (US 7 und 12; RIS-Justiz RS0099721; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342).
Gleiches gilt für den Antrag auf „Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, dass aufgrund der örtlichen Verhältnisse der Zeuge Christian S***** während seines Rückfahrmanövers freie Sicht auf den Angeklagten hatte“ (ON 21 S 14 iVm ON 36 S 17).
Der Antrag auf „Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens zum Beweis dafür, dass es dem Angeklagten am 21. 07. 2012 nicht zumutbar war, weiterhin auf die Vorführung zum Amtsarzt zuzuwarten, dies aus gesundheitlichen Gründen“ (ON 21 S 14 iVm ON 36 S 17), ließ (mit Blick auf den von der Verfahrensrüge angesprochenen Schuldspruch A/2 kein für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage relevantes Beweisthema erkennen.
Die als nicht begründet (Z 5 vierter Fall) kritisierte Konstatierung, der Beschwerdeführer habe den „Alkotest mittels Vortester“ mehrmals nicht ordnungsgemäß durchgeführt (US 6), betrifft keine entscheidende Tatsache und ist demnach einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0117499).
Die Feststellung, die Polizeibeamten hätten Klopfgeräusche wahrgenommen, als Christian S***** (bereits) angehalten habe und im Begriff gewesen sei, vorwärts zu fahren (US 7), stützen die Tatrichter im Wesentlichen auf die als glaubwürdig und nachvollziehbar bezeichneten (in diesem Sinn in den Entscheidungsgründen zusammengefassten) Aussagen der Zeugen Christian S***** und Alois Sch***** (US 12). Aus dem Umstand, dass Letzterer in der Hauptverhandlung auch einen geringfügig abweichenden - unmittelbar darauf jedoch im Einklang mit der Urteilskonstatierung korrigierten - Geschehensablauf schilderte (ON 21 S 11 und 13), resultiert keine Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall), also eine erheblich unrichtige Wiedergabe von entscheidende Tatsachen betreffenden Teilen dieser Zeugenaussage (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467).
Die Behauptung unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Feststellung, der Beschwerdeführer habe sich im zuvor genannten Zeitpunkt neben das linke Hinterrad des Polizeiautos gesetzt (US 7), greift eine Passage („soweit ich mich erinnern kann, saß er bereits am Boden“) der als übergangen reklamierten Aussage des Zeugen Christian S***** isoliert heraus. Gleich im Anschluss bestätigte dieser nämlich über Vorhalt seiner vor der Kriminalpolizei - im Sinn der kritisierten Urteilsannahmen - getätigten Angaben (ON 3 S 39) deren Richtigkeit und ergänzte in der Hauptverhandlung, sich nicht mehr so gut erinnern zu können (ON 21 S 7). Erhebliche Beweisergebnisse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409) hat das Erstgericht somit nicht mit Stillschweigen übergangen.
Der Einwand, die Konstatierung des Bedeutungsinhalts der zum Schuldspruch A/2 inkriminierten Äußerung des Beschwerdeführers gegenüber Alois Sch***** sei offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), trifft nicht zu. Deren Wortlaut gab dieser (für glaubwürdig befundene) Zeuge mit den Worten wieder: „Wenn wir nichts gesehen hätten, hätte er auch nichts gesehen.“ Der auf Basis dieser Angaben gezogene Schluss, der Beschwerdeführer habe - auf den Alkoholtest gemünzt - mit Blick auf einen vorgetäuschten Unfall (den er einem der beiden Polizeibeamten anzulasten bereit war) den Polizeibeamten das Angebot unterbreitet, sie sollten „das mit der Anzeige“ (wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 StVO) „vergessen“, verstößt weder gegen Denkgesetze noch grundlegende Erfahrungssätze und stellt somit keine willkürliche Verletzung des den Tatrichtern zukommenden Beweiswürdigungsermessens dar (RIS-Justiz RS0118317). Dass der Beschwerdeführer auf Nachfrage nach dem Bedeutungsinhalt seiner Äußerung keine Antwort gab (vgl ON 21 S 12), steht dem Schluss nicht entgegen (und erfüllt im Übrigen auch nicht die Voraussetzungen eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch).
Gleiches gilt für die Begründung der Feststellung, die Darstellung des Vorfalls durch den Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung als Zeuge sei falsch gewesen (A/3). Das Erstgericht stützt sich insoweit (mängelfrei) auf die für glaubwürdig gehaltenen Aussagen der Zeugen Christian S***** und Alois Sch***** (US 13).
Die Konstatierung zum Wissen des Beschwerdeführers um die Unrichtigkeit seiner Zeugenaussage (A/3) leiteten die Tatrichter - ebenso wie jene zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen im Zusammenhang mit der (versuchten) Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt (A/2) - rechtsstaatlich vertretbar aus dem äußeren Tatgeschehen ab (US 8 und 9 iVm US 13); ein solcher Schluss ist bei leugnenden Angeklagten im Übrigen methodisch meist nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).
Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe angenommen, dass sich kein Projektil im Luftdruckgewehr befunden habe (B/I), und im Zuge seines Präsenzdienstes habe man ihm mitgeteilt, dass das gegen ihn verhängte Waffenverbot nicht mehr aufrecht sei (B/II), haben die Tatrichter sehr wohl erörtert (US 14 f). Der Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) trifft somit nicht zu.
Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen A/1 und 3 aus den - bereits im Rahmen der Mängelrüge relevierten und von den Tatrichtern erörterten - Aussagen der Zeugen Christian S***** und Alois Sch***** für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen zieht als das Erstgericht, bekämpft sie bloß dessen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099674).
Gleiches gilt für das Vorbringen zu den Schuldsprüchen B/I und II, mit welchem der Beschwerdeführer seiner (mängelfrei als unglaubwürdig verworfenen) leugnenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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