OGH 17Ob19/07d

OGH17Ob19/07d13.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Schlosser Peter Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. C***** GmbH, *****, und 2. Erwin F*****, beide vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 44.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. Mai 2007, GZ 3 R 53/07x-10, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Lizenznehmerin einer seit 23. Oktober 2005 registrierten Gemeinschaftsmarke (Wortbildmarke), die die jeweils mit großen Anfangsbuchstaben geschriebenen Worte „Aktien" und „Power" mit einem Prozentzeichen verbindet, das einen nach rechts oben gerichteten gezackten Pfeil enthält. Die Erstbeklagte, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, verwendet „aktienpower" in Verbindung mit der Abkürzung „cfd" in zahlreichen Domains zur Kennzeichnung ihres Internetauftritts und darüber hinaus in einem bunten Logo, welches ebenfalls das Wort „Aktienpower", die Abkürzung „CFD" sowie eine durch das „A" sowie „w" führende mehrfach gezackte symbolische Kurslinie mit einem rechts nach oben weisenden Pfeil umfasst.

Das Rekursgericht verbot den Beklagten mit einstweiliger Verfügung, die Bezeichnung „Aktienpower" oder ähnliche Bezeichnungen zur Kennzeichnung ihres Unternehmens zu verwenden und die Bezeichnung „Aktienpower" oder verwechselbar ähnliche Bezeichnungen im Zusammenhang mit der Ankündigung und dem Versenden ihres Newsletters und mit dem Ankündigen ihres Börsebriefs und ihrer „CFD-Tradingworkshops" kennzeichenmäßig zu verwenden, sofern es sich nicht um Erzeugnisse der Klägerin handelt. „Aktienpower" sei ein schwaches Zeichen, aber nicht bloß beschreibend. Das Zeichen ermögliche keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Veranstaltung von Seminaren und den Vertrieb von Börseinformationen. Die von den Beklagten verwendeten rein beschreibenden Zusätze bewirkten keine eigenartige sprachliche Neubildung, der Begriff „Aktienpower" bleibe im Vordergrund, auch im beanstandeten Logo. Die Zeichen der Beklagten erweckten bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den gleichen Gesamteindruck wie die Firma und die Wortbildmarke der Klägerin. Verwechslungsgefahr sei daher zu bejahen.

Die Beklagten sehen erhebliche Rechtsfragen einerseits im Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zu den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH sowie des Obersten Gerichtshofs, was den ihrer Ansicht nach bloß beschreibenden Charakter der Klagsmarke anlange, andererseits vermissen sie eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den anzuwendenden Kriterien bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Wortkombination aus zwei beschreibenden Bestandteilen nach der EuGH-Entscheidung „Doublemint".

Rechtliche Beurteilung

Die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach Art 9 Abs 1 lit b GMV maßgebenden Grundsätze hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach dargelegt: Zu berücksichtigen sind die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, welchen Einfluss die einzelnen Markenbestandteile auf den Gesamteindruck des Zeichens haben, den ein Durchschnittsverbraucher, der die Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf Einzelheiten achtet, davon erhält (4 Ob 154/06k = ÖBl 2007/30 [Gamerith] - Amadeo by living dimension; 17 Ob 16/07p).

Wird eine Marke vollständig in ein anderes Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig - und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind - Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (RIS-Justiz RS0079033). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht Verwechslungsgefahr auch bei der vollständigen Übernahme eines schwachen Zeichens, wenn es innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (17 Ob 16/07p mwN).

Der Oberste Gerichtshof sprach auch schon aus, dass Zeichenidentität auch schon dann anzunehmen ist, wenn die Unterschiede bei einer Gesamtbetrachtung so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (17 Ob 16/07p mwN). Der Umstand, dass von der Wortbildmarke „AktienPower" nur der nach rechts oben zeigende Pfeil (ohne Prozentzeichen) übernommen und das „P" durch „p" ersetzt wurde, kann daher nicht von Bedeutung sein. Die Anwendung der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Grundsätze auf den Einzelfall wirft regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf. Eine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende (krasse) Fehlbeurteilung des Rekursgerichts liegt nicht vor.

Zur Schutzfähigkeit von aus zwei oder mehr Bestandteilen kombinierten Wortmarken, auch unter Berücksichtigung neuester Rechtsprechung des EuGH (C-191/01 - Doublemint; C-265/00 - biomild ua), liegt bereits Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor (17 Ob 15/07s - We will rock you; 4 Ob 158/05x - Steirer Parkett ua). Die Beurteilung des konkreten Einzelfalls (hier: die Beurteilung der Kombination von „Aktien" und „Power" als nicht beschreibend, obwohl beide Worte dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen sind) wirft gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

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