Spruch:
I. Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 16. Mai 2008, GZ 23 Hv 55/08g-169, verletzt in dem den Angeklagten Milenko K***** betreffenden Strafausspruch infolge Unterbleibens eines Ausspruchs, wonach entsprechend des mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 12. Dezember 2007 gewährten Gnadenerweises der noch nicht verbüßte Rest der verhängten Freiheitsstrafe mit den Wirkungen der bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB) unter Bestimmung einer, am 17. Dezember 2007 beginnenden Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird, § 293 Abs 3 iVm § 290 Abs 2 StPO.
II. In der Sache selbst wird erkannt, dass das zu I. bezeichnete Urteil des Landesgerichts Innsbruck wie folgt ergänzt wird:
Der noch nicht als verbüßt geltende Rest der Strafe in der Dauer von einem Jahr, vier Monaten und 14 Tagen wird unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, die mit 17. Dezember 2007 beginnt, bedingt nachgesehen.
Text
Gründe:
Mit dem, auch Schuldsprüche der Mitangeklagten Fikret B*****, Indira B***** und Nicole F***** enthaltenden Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 19. April 2007, GZ 27 Hv 50/07z-133, wurde der Angeklagte Milenko K***** des durch eine Vielzahl von Einbruchsdiebstählen begangenen Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf ein Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau (GZ 6 U 198/04z-21) sowie unter Anrechnung der seit 31. Oktober 2006 andauernden Verwahrungs- und Untersuchungshaft nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft das Urteil unbekämpft beließ, meldeten die Mitangeklagten Nichtigkeitsbeschwerde und/oder Berufung an. Hinsichtlich Milenko K***** erwuchs das Urteil infolge ungenützten Ablaufs der dreitägigen Bedenkzeit in Rechtskraft.
Milenko K***** wurde in Entsprechung der vorläufigen Vollzugsanordnung vom 9. Juli 2007 (ON 140) mit 19. April 2007 in Strafhaft übernommen (ON 141). Mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 12. Dezember 2007 wurde er mit den Wirkungen der bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB) begnadigt. Der Beginn der dreijährigen Probezeit wurde mit dem Entlassungstermin, somit dem 17. Dezember 2007, festgelegt und der Strafrest (aus der obgenannten Freiheitsstrafe und der vom Bezirksgericht St. Johann im Pongau verhängten 40-tägigen Ersatzfreiheitsstrafe) von einem Jahr, fünf Monaten und 23 Tagen bedingt nachgesehen (ON 157, S 423/V). In teilweiser Stattgebung der vom Angeklagten Fikret B***** ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO) hob der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 18. Februar 2008, GZ 15 Os 137/07x-7 (ON 160), das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt blieb, hinsichtlich aller Angeklagten in Ansehung zweier Einbuchsdiebstähle in den betreffenden Schuldsprüchen, demgemäß auch in der gebildeten Subsumtionseinheit nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB sowie in den Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.
Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 16. Mai 2008, GZ 23 Hv 55/08g-169, wurde - nach Ausscheidung des Verfahrens hinsichtlich der den aufgehobenen Schuldsprüchen zu Grunde liegenden Anklagepunkte (S 430/V) - Milenko K***** (neuerlich) unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau, GZ 6 U 198/04z-21, zu einer (unbedingten) Zusatzstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 StGB wurde die Vorhaftzeit vom 31. Oktober 2006, 21:40 Uhr, bis 17. Dezember 2007, 10:00 Uhr, auf diese Strafe angerechnet. Das Urteil erwuchs infolge allseitigen Rechtsmittelverzichts sofort in Rechtskraft.
Am 29. Mai 2008 erließ der Vorsitzende des Schöffengerichts neuerlich eine Strafvollzugsanordnung betreffend Milenko K***** (ON 176), der die Strafe aber nicht mehr antrat (ON 187). Mit Entschließung vom 24. Juni 2008 ordnete der Bundespräsident die Hemmung des Vollzugs der vom Landesgericht Innsbruck zu AZ 23 Hv 55/08g verhängten Freiheitsstrafe an (ON 184).
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. Mai 2008 steht, wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetztes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Der Oberste Gerichtshof hob mit seinem Urteil vom 18. Februar 2008 (auch) zu Gunsten des Angeklagten Milenko K*****, der aufgrund des Gnadenakts des Bundespräsidenten bereits am 17. Dezember 2007 mit der Wirkung der bedingten Strafnachsicht aus der Strafhaft entlassen worden war, das von Fikret B***** mit Nichtigkeitsbeschwerde sowie von Indira B***** und Nicole F***** mit Berufung (nicht aber von der Staatsanwaltschaft) bekämpfte Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. April 2007 von Amts wegen unter anderem im Strafausspruch auf und ordnete die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung an. Nach § 293 Abs 3 iVm § 290 Abs 2 StPO darf das im zweiten Rechtsgang einschreitende Gericht, an das die Sache zu neuer Verhandlung verwiesen wurde (§§ 288, 292 StPO), im Falle eines zu Gunsten des Angeklagten ergangenen Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofs keine strengere Strafe verhängen, als das behobene Urteil ausgesprochen hatte, falls letzteres von einem dazu legitimierten Beteiligten nicht auch zum Nachteil des Angeklagten bekämpft worden ist (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 40 ff, § 293 Rz 22). Das Verschlechterungsverbot betrifft jede einzelne Unrechtsfolge und Aussprüche bedingter (Ratz WK-StPO § 290 Rz 43) sowie gnadenweiser (11 Os 24/08a) Nachsicht. Gemäß § 512 Abs 1 StPO stehen nämlich gnadenweise gemilderte oder umgewandelte Strafen den von den Gerichten ausgesprochenen Strafen gleich, sodass die vom Bundespräsidenten ohne Bindung an materiallrechtliche Vorgaben letztlich festgesetzte Strafe so zu behandeln ist, als ob sie bereits das die ursprüngliche Strafe festsetzende Gericht so ausgesprochen hätte (Jerabek, WK-StPO § 512 Rz 1).
Damit hätte das im zweiten Rechtsgang erkennende Schöffengericht, das die Freiheitsstrafe (zulässigerweise mangels eines zum Nachteil der Angeklagten erhobenen Rechtsmittels) in der gleichen Höhe wie im ersten Rechtsgang bemessen hat, in Anbetracht des das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil abändernden Gnadenakts des Bundespräsidenten im Urteil auch sogleich aussprechen müssen, dass der nach Anrechnung der Vorhaftzeit verbleibende Rest der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, vier Monaten und 14 Tagen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, deren Beginn mit dem ursprünglichen Probezeitbeginn, somit dem 17. Dezember 2007, festgesetzt wird, bedingt nachgesehen wird.
Lediglich zur Klarstellung bleibt anzumerken, dass die Gesetzesverletzung nur den Milenko K***** betreffenden Strafausspruch im Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. Mai 2008 betrifft, nicht hingegen die mit demselben Gnadenerweis des Bundespräsidenten vom 12. Dezember 2007 gleichfalls bedingt nachgesehene Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vierzig Tagen des Urteils des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau, GZ 6 U 198/04z-21, war letzteres doch nicht Gegenstand der kassatorischen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 18. Februar 2008, GZ 15 Os 137/07x-7. Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO), das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. Mai 2008 - wie im Spruch unter Punkt II. angeführt - zu ergänzen.
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