OGH 15Os87/04

OGH15Os87/0411.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tomasz B***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Linz vom 1. Juni 2004, GZ 23 Hv 36/04y-50, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Tomasz B***** (zu I.) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie der Vergehen (zu II.) des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und (zu III.) der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz

I./ am 29. Jänner 2004 Margareta Sp***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe 120 Euro Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er ihr ein Messer mit 10 bis 15 cm Klingenlänge vorhielt und sie aufforderte, die Kassa zu öffnen;

II./ am 3. Februar 2004 den Beamten Franz S***** mit Gewalt an der Amtshandlung seiner Festnahme zu hindern versucht, indem er ihm einen Faustschlag versetzte und ihn zu Boden riss;

III./ am 3. Februar 2004 den genannten Beamten durch die zu II. genannte Handlung während der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch dieser ein "Hämatom beim Wangen-/Jochbein", eine entzündliche Blutung des linken Auges sowie Hämatome und Hautabschürfungen beider Knie erlitt.

Gegen den Schuldspruch (inhaltlich zu I.) richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 9, 10 und 10a StPO gestützte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Fragestellungsrüge nach Z 6 eine Eventualfrage nach unqualifiziertem Raub gemäß § 142 Abs 1 StGB moniert, legt sie nicht dar, warum durch die Unterlassung derselben trotz § 330 Abs 2 erster Satz StPO, welcher es den - darüber belehrten (S 455/I) - Geschworenen gestattet, eine Frage nur teilweise zu bejahen, und ungeachtet des dem Schwurgerichtshof nach § 317 Abs 2 StPO eingeräumten Ermessens eine der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein soll (13 Os 39/04; Schindler, WK-StPO § 316 Rz 3; Ratz, WK-StPO § 285d Rz 10). Für eine weiters reklamierte Eventualfrage nach § 142 Abs 2 StGB bezeichnet die Beschwerde keinerlei in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachen.

Die Rüge aus Z 9 stellt prozessordnungswidrig nicht auf den Wahrspruch der Geschworenen ab, sondern auf deren - nicht zu diesem gehörende und somit keine Antwort iSd § 345 Abs 1 Z 9 StPO darstellende - Niederschrift gem § 331 Abs 3 StPO (Philipp, WK-StPO § 331 Rz 9; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 69; Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 345 Z 9 E 7).

Die Rüge aus Z 10 zweiter Fall orientiert sich nicht am Gesetz, weil sie vernachlässigt, dass Voraussetzung für ihre prozessförmige Geltendmachung die - hier nicht vorliegende - Behauptung eines oder mehrerer Geschworenen ist, dass ihnen bei der Abstimmung ein Missverständnis unterlaufen sei (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 345 Z 10 E 3).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen zu wecken. Dem Vorbringen zuwider ist die Niederschrift der Geschworenen in diesem Zusammenhang nicht von prüfungsrelevanter Bedeutung. Da sie nämlich eine (kurze) Begründung für die Beweiswürdigung der Geschworenen darstellt, kann sie nicht gleichzeitig deren Gegenstand bilden (13 Os 36/01; 12 Os 132/03; 11 Os 161/03; 12 Os 8/04; Philipp, WK-StPO § 331 Rz 10; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 16).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde eine Aufhebung des gesamten Urteils begehrt, mangelt es ihr zu den Schuldsprüchen II. und III. an jeglicher Ausführung und somit an einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung der behaupteten Nichtigkeit.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 344 iVm § 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

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