OGH 12Os132/03

OGH12Os132/0312.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Februar 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dragan Z***** und Novica S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Krems an der Donau vom 22. Oktober 2003, GZ 16 Hv 49/03i-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden aufgrund des einhelligen Wahrspruchs der Geschworenen Dragan Z***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB (I.) sowie des gewerbsmäßigen, schweren Diebstahls (zu ergänzen:) durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB (II.a und b) sowie Novica S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen, schweren Diebstahls (zu ergänzen:) durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB (II.b) schuldig erkannt, weil - jeweils mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz -

I. Dragan Z***** am 2. Juni 2001 in Eggenburg dem Prof. Dr. Heinrich R***** dadurch, dass er ihm eine Hand auf den Rücken gedreht, ihn zu Boden geworfen, auf ihn eingeschlagen, ihm ein Messer an den Hals gesetzt, ihn gefesselt sowie geknebelt und aus dessen Wohnhaus Schmuck, Münzen, Uhren sowie Antiquitäten an sich genommen hatte, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübt und die Gewaltanwendung (ua) eine schwere Körperverletzung des Prof. Dr. R*****, nämlich einen knöchernen Ausriss des speichenseitigen Seitenbandes im rechten Daumengrundgelenk zufolge gehabt hatte;

II. sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken anderen gewerbsmäßig durch Einbruch fremde bewegliche Sachen weggenommen hatten, nämlich

a) Dragan Z***** und der abgesondert verfolgte Jovan M***** mit zwei unbekannt gebliebenen Mittätern am 16. August 2002 in Eggenburg dem Prof. Dr. Heinrich R***** Antiquitäten, eine Pistole Marke Walter PPK sowie einen Fotoapparat im Gesamtwert von ca 20.000 Euro;

b) Dragan Z***** und Novica S***** am 15. März 2003 in Wien

1) dem Herbert K***** Schmuck, Uhren, Mobiltelefone sowie eine Kamera im Gesamtwert von rund 15.000 Euro,

2) der Monika und dem Hans S***** Schmuck sowie Bargeld im Wert von zusammen etwa 6.000 Euro und

3) der Michaela U***** Schmuckstücke, Münzen sowie ein Mobiltelefon im Gesamtwert von ca 772 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Den dagegen von beiden Angeklagten aus den Gründen der Z 6, 8 und 9, von Novica S***** überdies aus dem Grund der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden, die im Folgenden wegen weitgehender Inhaltsgleichheit grundsätzlich gemeinsam behandelt werden, kommt keine Berechtigung zu.

Die Fragenrügen (Z 6) beziehen sich - zu Punkt II. des Schuldspruchs die Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des (nicht gemäß § 130 StGB qualifizierten) schweren Diebstahls durch Einbruch anstrebend - prozessordnungswidrig (§ 314 Abs 1 StPO) nicht auf Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung. Entgegen der Beschwerde des Zweitangeklagten Novica S***** haben nämlich beide Angeklagten nicht in Abrede gestellt, gewerbsmäßig gehandelt zu haben, sondern sich uneingeschränkt (AS 165/II, 219/II) schuldig bekannt. In der Rüge des Erstangeklagten Dragan Z***** wird dessen eine die Gewerbsmäßigkeit konkret verneinende Verantwortung nicht einmal behauptet.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die begehrte Eventualfrage nach ständiger Judikatur (EvBl 1989/126, 465; zuletzt 15 Os 40/99) selbst bei entsprechendem Vorbringen iS des § 314 Abs 1 StPO nicht zu stellen gewesen wäre, weil § 130 StGB im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgründe normiert, die den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) bilden oder in die Hauptfrage aufgenommen werden können (§ 317 Abs 2 StPO), sofern die Geschworenen - wie hier (AS 249/II, 289/II, 329 bis 333/II) - ausdrücklich über die Möglichkeit belehrt werden, diese mit einer entsprechenden Einschränkung (§ 330 Abs 2 StPO) zu bejahen. Der Einwand der Instruktionsrügen (Z 8), die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung sei "zu abstrakt und zu formell", ist mangels Konkretisierung einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Auch das unsubstantiierte Beschwerdevorbringen, die Belehrung sei hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit und der Qualifikation des Diebstahls als gewerbsmäßig schwer "nur schwer verständlich", orientiert sich nicht am Gesetz, weil es nicht erkennen lässt, aus welchem Grund die - im Übrigen äußerst detaillierten (AS 323 bis 327/II) - diesbezüglichen Darlegungen den Erfordernissen des § 321 Abs 1 StPO nicht entsprechen sollten.

Korrespondierendes gilt für die substratlosen Behauptungen, die Vorsitzende habe es unterlassen, "in einer für Laien verständlichen Weise" zu erläutern, in welchem Zeitpunkt der Vorsatz des Täters gegeben (Punkt A.I.3. der Rechtsbelehrung - AS 253/II) und worauf die Absicht des gewerbsmäßig Handelnden gerichtet sein muss (C.2. der Rechtsbelehrung - AS 323/II).

Mit dem Einwand, die Geschworenen hätten den Wahrspruch hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit des Handelns beider Angeklagter im Vergleich zueinander unterschiedlich begründet, gelangen auch die Rügen aus Z 9 nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung, weil allfällige Widersprüche innerhalb der gemäß § 331 Abs 3 StPO anzulegenden Niederschrift (ohne - hier nicht vorliegenden - Verbesserungsauftrag) unter dem Aspekt der Nichtigkeitsgründe bedeutungslos sind (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 69). Es wird daher nur vollständigkeitshalber bemerkt, dass der - argumentativ auch zu Z 8 gewählte - Ansatz, die täterspezifisch differenzierte Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite sei nichtigkeitsbedingend, logisch nicht nachvollziehbar ist.

Soweit der Zweitangeklagte die Tatsachenrüge (Z 10a) auf seine - im Übrigen nicht objektivierte - Behauptung stützt, er habe (aufgrund eines Hausverkaufs) über 4.000 Euro Bargeld verfügt (AS 223/II), und hieraus - gewerbsmäßiges Handeln bestreitend - den Schluss ableitet, nicht auf deliktische Einkünfte angewiesen gewesen zu sein, wendet er sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Auf die Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) kann eine Rüge aus Z 10a nicht gegründet werden, weil jene eine Begründung für die Beweiswürdigung darstellt und solcherart nicht gleichzeitig deren Gegenstand zu bilden vermag (JBl 2002, 129).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher mangels gesetzmäßiger Ausführung (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO) schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Stichworte