OGH 15Os62/20m

OGH15Os62/20m28.7.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen T***** M***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten T***** M***** und M***** D***** und über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend die letztgenannte Angeklagte gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 27. Februar 2020, GZ 37 Hv 165/19y‑93, sowie über die Beschwerde der letztgenannten Angeklagten gegen einen gleichzeitig gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00062.20M.0728.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden T***** M***** und M***** D***** jeweils des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster, zweiter und dritter Fall SMG (I.), T***** M***** überdies des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II.1.) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und siebter Fall, teils Abs 2 SMG (II.2.) sowie M***** D***** überdies des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils iVm § 12 dritter Fall StGB (III.1.), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG iVm § 12 dritter Fall StGB (III.2.), des Vergehens nach § 4 Abs 1 NPSG iVm § 12 dritter Fall StGB (III.3.) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III.4.) schuldig erkannt.

Danach haben in W***** und an anderen Orten des Bundesgebiets

I. T***** M***** und M***** D***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäterinnen vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben, besessen und teilweise befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar ca 310 Gramm (gestrecktes) Amphetamin brutto (= 80,6 Gramm Amphetamin netto mit einer Reinsubstanz von 11,52 Gramm Amphetamin zuzüglich 4,9 Gramm Amphetamin netto) und ca 52 Gramm Cannabiskraut brutto;

II. T***** M*****

1. vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich insgesamt zumindest 364 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 14,3 %, rund 338 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 10 % THCA und 0,5 % Delta‑9‑THC und ca 286 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 20,9 %, und zwar ab ca Juli 2018 bis September 2019 in einer Vielzahl von Angriffen durch Verkauf an im Ersturteil namentlich Genannte und auch unbekannte Abnehmer;

2. im Zeitraum von zumindest 2017/2018 bis 4. September 2019 vorschriftswidrig Suchtgift erworben und besessen, nämlich Amphetamin, Methamphetamin, Heroin, Kokain und Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum, wobei sie die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat, sowie im Urteil namentlich Genannten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin und Amphetamin angeboten;

III. M***** D*****

1. von Sommer 2018 bis August 2019 vorschriftswidrig Suchtgift „teils als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB“ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen „überlassen“, indem sie

‑ T***** M***** bei der Überlassung von Suchtgift unterstützte, indem sie ihr (seit zumindest Mai 2019) das Nebengebäude ihres Wohnhauses bzw das Wohnhaus in *****, als Suchtgiftverkaufsplatz und Suchtgiftbunker zur Verfügung stellte, wo diese die zu II. beschriebenen Suchtgiftverkäufe teils auch durchführte und für Suchtgiftverkäufe der T***** M***** in vier Angriffen Amphetamin abpackte (drei Mal 25 Gramm und einmal 10 Gramm), das T***** M***** zum Verkauf abholte;

‑ die Tätergruppierung rund um den abgesondert verfolgten S***** V***** bei der Überlassung von Suchtgift unterstützte, indem sie ihr Wohnhaus bzw das Nebengebäude in *****, als Suchtgiftbunker und Suchtgiftverkaufsplatz zur Verfügung stellte, wo das unter III.2. genannte Suchtgift gelagert, gestreckt, verpackt und in der Folge umverteilt wurde,

‑ wobei sie auch selbst teils gemeinsam mit V***** bis etwa Februar 2019 Cannabiskraut und Amphetamin verkaufte und somit überließ, und zwar unter anderem insgesamt zumindest 180 Gramm Amphetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 14,3 % und zumindest 1.704 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 10 % THCA und 0,5 % Delta‑9‑THC in wiederholten Angriffen im Ersturteil namentlich Genannten und unbekannten Abnehmern;

2. von Mitte Oktober bis Dezember 2018 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge „als Beitragstäterin (§ 12 dritter Fall StGB) ein- und ausgeführt“, und zwar insgesamt zumindest rund 3 kg Amphetamin mit einem Reinheitsgehalt von 20 % und 2.300 Stück Ecstasy‑Tabletten (MDMA) mit unbekanntem Reinheitsgehalt, indem sie S***** V***** und weitere Personen, die das Suchtgift im Zuge von zwei Schmuggelfahrten von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich einführten, dadurch unterstützte, dass sie dem Genannten die benötigten Zugtickets „organisierte“ und ihr Wohnhaus bzw das Nebengebäude als Suchtgiftbunker für die geschmuggelten Suchtgifte zur Verfügung stellte;

3. von Mitte Oktober bis Dezember 2018 „als Beitragstäterin (§ 12 dritter Fall StGB)“ mit dem Vorsatz, daraus einen Vorteil zu ziehen, eine mit Verordnung gemäß § 3 NPSG bezeichnete oder von einer gemäß § 3 NPSG definierten chemischen Substanzklasse umfasste Neue Psychoaktive Substanz mit dem Vorsatz „ein- und ausgeführt und anderen überlassen“, dass sie von dem anderen oder einem Dritten zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im menschlichen Körper angewendet wird, indem sie den abgesondert verfolgten S***** V***** und weitere Personen, die im Zuge von zwei Schmuggelfahrten ca 1.200 Gramm Ketamin, welches großteils zum Weiterverkauf bestimmt war, von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich einführten, dadurch unterstützte, dass sie ihm die benötigten Zugtickets „organisierte“ und ihr Wohnhaus bzw das Nebengebäude als Bunker für die geschmuggelten Substanzen zur Verfügung stellte;

4. im Zeitraum von zumindest 24. Juli 2018 bis 4. September 2019 vorschriftswidrig Suchtgift erworben und besessen, nämlich Amphetamin, Kokain, Methamphetamin, LSD‑Trips, Heroin, Ecstasy-Tabletten (MDMA) und Cannabiskraut, wobei sie die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat.

 

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten M*****:

Nach rechtzeitiger Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde wurde die Urteilsausfertigung dem Verteidiger am 16. März 2020 zugestellt. Am 29. Mai 2020 brachte der Verteidiger eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ein.

Diese erweist sich als verspätet.

Nach der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO).

§ 12 Abs 2 1. COVID‑19‑JuBG idF BGBl I 2020/24 ordnet an, dass in Verfahren, in denen – wie hier – die Beschuldigte in Haft angehalten wird, die Fristen, die aufgrund einer gemäß § 9 Z 3 oder § 10 1. COVID‑19‑JuBG erlassenen Verordnung unterbrochen waren, mit 14. April 2020 neu zu laufen beginnen. Die gegenständliche Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285 Abs 1 StPO) wurde gemäß § 3 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz BGBl II 2020/113 am 24. März 2020 unterbrochen und begann daher am 14. April 2020 neu zu laufen.

Weil der Verteidiger auch bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde keine Nichtigkeitsgründe bezeichnete, war auf diese keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Im Übrigen haftet dem Urteil die in der verspätet eingebrachten Rechtsmittelausführung geltend gemachte Nichtigkeit ebenso wenig an wie eine von Amts wegen wahrzunehmende (vgl RIS-Justiz RS0087874).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten D*****:

Das auf § 281 Abs 1 Z 4, Z 5, Z 5a und Z 9 lit a StPO gestützte Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Der Antrag auf Einholung eines neurologisch‑psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Rechtsmittelwerberin im Tatzeitraum zurechnungsfähig war, weil sie an einer wahnhaften Störung leide, wobei die Erkrankung in „besseren und schlechteren Phasen“ verlaufe, zielte auf eine im Stadium der Hauptverhandlung unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (RIS‑Justiz RS0099353). Denn angesichts des in einem weiteren Strafverfahren des Landesgerichts Wels gegen die Angeklagte eingeholten neurologisch‑psychiatrischen Gutachtens vom 18. Juli 2018, welches eine die Zurechnungsfähigkeit im Sinn des § 11 StGB nicht ausschließende wahnhafte Störung bei ihr ergab (ON 45 iVm ON 92 S 44), hätte es eines ergänzenden Vorbringens zur Eignung des Beweismittels, das Beweisthema zu klären, bedurft (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO).

Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen betreffend eine psychiatrische Untersuchung der Nichtigkeitswerberin nach der Hauptverhandlung hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

Der Beweisantrag auf Einholung eines neurologisch‑psychiatrischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die Angeklagte nunmehr nicht mehr an der vormals diagnostizierten Erkrankung leide bzw diese derzeit behandelt werde und diese Behandlung Wirkung zeige, bezieht sich nicht auf eine entscheidende Tatsache und konnte damit ebenfalls ohne Verletzung von Verfahrensrechten abgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0116503).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich weiters auf die Abweisung des Beweisantrags auf Vernehmung der ermittelnden Beamten H***** S***** und R***** P***** zum Beweis dafür, dass „die Zweitangeklagte keine gemeinsame Sache mit S***** V***** gemacht hat bzw diesen nicht unterstützt hat“. Auch dieser Beweisantrag zielte auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab. Soweit als Beweisthema angeführt wird, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet habe, betrifft er keine entscheidende Tatsache.

Indem die Mängelrüge (Z 5) betreffend III.1. des Schuldspruchs auf die beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffengerichts zur Verantwortung der Rechtsmittelwerberin, welche als lebensfremd und bloße Schutzbehauptung gewertet wurde, Bezug nimmt, erstattet sie bloß ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 1 StPO scheitert das nominell aus Z 5 erstattete Vorbringen, die Vorsitzende hätte eine sehr ablehnende und vorgefestigte Meinung hinsichtlich der Zweitangeklagten vor den Schöffen zum Ausdruck gebracht und es wäre der Anschein entstanden, sie hätte die Entscheidung ohnehin alleine getroffen, weil die Nichtigkeitswerberin ihrer Rügeobliegenheit nicht nachgekommen ist (RIS‑Justiz RS0097452).

Die Angaben der T***** M***** betreffend die Rechtsmittelwerberin haben die Tatrichter entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) sehr wohl berücksichtigt. Im Übrigen sind Gegenstand einer Vernehmung nicht Einschätzungen oder Meinungen einer Aussageperson, sondern bloß Wahrnehmungen von Tatsachen (RIS‑Justiz RS0097540). Dies verkennt die Beschwerde, indem sie ausführt, M***** hätte im Zuge der Hauptverhandlung angegeben, die Angeklagte D***** hätte nichts von deren Suchtgiftverkäufen gewusst.

Die Mängelrüge kritisiert, das Erstgericht hätte „die üblichen Floskeln“ wie „lebensfremd“ und „bloß Schutzbehauptung“ verwendet, zeigt damit aber einen Begründungsmangel (Z 5 vierter Fall) nicht auf.

Indem die weitere Mängelrüge ausführt, die Verantwortung der Zweitangeklagten, beim Abpacken der Baggies davon ausgegangen zu sein, die Drogen gemeinsam mit dem neuen Freund der Erstangeklagten zu konsumieren, wären – im Gegensatz zur Beweiswürdigung der Tatrichter – keinesfalls widersprüchlich, sondern durchgehend nachvollziehbar, wird neuerlich bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik geübt.

Indem die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) „auf die zahlreichen Abnehmer bzw Konsumenten“ verweist, „welche im abgeführten Ermittlungsverfahren einvernommen wurden“, unterlässt sie es, einen entsprechenden Aktenbezug herzustellen (vgl RIS‑Justiz RS0124172 [T9]).

Soweit sich die Rechtsmittelwerberin auf den Zweifelsgrundsatz beruft, ist ihr zu entgegnen, dass dieser niemals Gegenstand der formellen Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO sein kann (RIS‑Justiz RS0102162).

Betreffend III.1., 2. und 3. wirft die Mängelrüge dem Erstgericht vor, keine oder bloß eine offenbar unzureichende Begründung für die Feststellungen angeführt zu haben (Z 5 vierter Fall). Damit nimmt sie jedoch nicht Maß an den Entscheidungsgründen, wonach die Angeklagte D***** selbst zugestand, die Suchtgiftmengen in ihrem Haus gesehen zu haben (US 17 f). Ebenso haben sich die Tatrichter mit den Angaben des Zeugen S***** V***** auseinandergesetzt (US 18 f), welcher die Rechtsmittelwerberin auch belastete. Mit den Hinweisen auf die „konkrete Situation der Zweitangeklagten“, ihre psychische Erkrankung, ihre Suchtmittelabhängigkeit sowie ihre emotionale, psychische Abhängigkeit vom Zeugen V***** wird neuerlich ein unzulässiges Vorbringen nach Art einer Schuldberufung erstattet. Das gilt auch betreffend die Behauptung, V***** hätte sich bloß an der Zweitangeklagten rächen wollen.

Indem die Rechtsmittelwerberin betreffend den Kauf von zwei Zugtickets für V***** ausführt, dieser hätte das Geld sofort an sie zurückgezahlt, weshalb man nicht annehmen könne, dass diese tatsächlich Teil der Suchtgiftgeschäfte waren, übt sie neuerlich unzulässige Beweiswürdigungskritik und lässt überdies die Begründung des Erstgerichts außer Acht, wonach sie in der Haftverhandlung zugestand, beim Kauf der Tickets gewusst zu haben, dass V***** mit einem weiteren Beteiligten Amphetamine, Ketamine und Ecstasy nach Österreich holen wollte (US 16 f).

Die Feststellung, wonach die Zweitangeklagte zu den Tatzeitpunkten in der Lage war, das Unrecht ihrer Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (US 14), ließ das Schöffengericht entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht unbegründet (vgl US 21 f).

Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet. Das Vorbringen, „um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführungen des vorangegangenen Nichtigkeitsgrundes verwiesen“, entspricht daher nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902).

Mit den Hinweisen, das Erstgericht hätte die Angaben der Rechtsmittelwerberin zu Unrecht als Schutzbehauptung deklariert und in der Beweiswürdigung die Behauptungen der Staatsanwaltschaft aus der Anklageschrift übernommen, wird der Anfechtungsrahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) verlassen (vgl RIS‑Justiz RS0099649, RS0100555).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet fehlende Kausalität des Kaufs der Zugtickets durch die Rechtsmittelwerberin für die Schmuggelfahrten des S***** V*****, weil dieser die Tickets auch selbst am Bahnhof erwerben hätte können, legt dabei aber nicht dar, weshalb hier keine ursächliche und konkret wirksam gewordene Förderung der Tat vorliegen sollte (RIS‑Justiz RS0089238 [T1, T3], RS0089562, RS0089832). Das gilt auch für das Vorbringen, T***** M***** hätte auch „ohne Schlaferlaubnis im Nebengebäude“ „im Raum von W***** Suchtgift verkaufen können“.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Feststellungen zur subjektiven Tatseite bestreitet, verfehlt sie prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Das Vorbringen der Rechtsrüge, das Erstgericht hätte betreffend III.1. und 2. des Schuldspruchs nicht die Ein- und Ausfuhr einerseits und das Überlassen andererseits zu einer Handlungseinheit zusammenfassen dürfen, nimmt nicht Maß an der angefochtenen Entscheidung, wonach sowohl bei der Ein‑ und Ausfuhr als auch beim Überlassen jeweils das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge nach § 28b SMG überschritten wurde (vgl RIS‑Justiz RS0116676 [T9, T0]).

Dass ein Schuldspruch nach § 4 Abs 1 NPSG einen Vorsatz erfordern sollte, einen eigenen Vorteil zu ziehen bzw Gewinn zu erwirtschaften, wird ohne methodengerechte Ableitung dieser gewünschten Konsequenz aus dem Gesetz lediglich behauptet (RIS‑Justiz RS0116565).

Indem die Rechtsrüge betreffend III.1.10 des Schuldspruchs ausführt, S***** V***** hätte bereits Mitgewahrsam am Suchtgift gehabt, und auf das Beweisverfahren verweist, verfehlt sie neuerlich prozessordnungskonforme Darstellung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit, weil sie sich nicht an den Feststellungen des Erstgerichts orientiert (US 11; RIS‑Justiz RS0099810).

 

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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