European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00055.17B.0823.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und über den Angeklagten K***** eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt.
Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche des Mitangeklagten Osman Y***** enthaltenden Urteil wurde Nihat K***** des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 12 zweiter Fall, § 165 Abs 2 erster Fall und Abs 4 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 17. Februar 2016 in Wien Osman Y***** dadurch, dass er diesen aufforderte, bei vier Zweigstellen der E***** AG insgesamt 75.000 Euro vom Konto der D***** KG zu beheben und ihm das Bargeld zumindest teilweise (US 8) zu übergeben, wissentlich dazu bestimmt, Vermögensbestandteile in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert an sich zu bringen, die zuvor durch unbekannte Täter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Beeinflussung des Ergebnisses einer automationsunterstützten Datenverarbeitung (US 7), nämlich durch Eingabe rechtswidrig herausgelockter TANs im „Online‑Banking“ der E***** AG, von einem im Urteil näher bezeichneten Konto auf jenes der D***** KG überwiesen worden waren, wodurch der Kontoinhaber in dieser Höhe am Vermögen geschädigt wurde, die somit aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung eines anderen, die dem Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB zu subsumieren ist, herrühren.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****, der keine Berechtigung zukommt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der Anträge auf „Beischaffung der Unterlagen von der Firma P***** und von der Firma D***** KG von der Frau A*****“ zum Beweis, „dass hier Barbeträge an den Erstangeklagten übergeben wurden“ (ON 137 S 31), und auf „Ausforschung, Ladung und Einvernahme der angemeldeten Arbeiter“ zum Beweis, „dass diese unmittelbar nach dem 17. Februar 2016 ihren ausständigen Lohn vom Erstangeklagten erhalten haben“ (ON 137 S 32), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.
Die Beweisanträge zielten nach dem (weiteren) Vorbringen darauf ab, die Glaubwürdigkeit des Angeklagten K***** sowie des Zeugen Feryar P***** zu beweisen und jene des Angeklagten Y***** zu erschüttern und waren solcherart grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet, weil die Beweisführung zur
Beweiskraft von schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (vgl RIS‑Justiz RS0028345; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 340, 350). Ihnen kam aber keine Berechtigung zu, weil dem – auf Auszahlungen (teils nach dem 17. Februar 2016) bezogenen – Vorbringen nicht zu entnehmen war, dass durch die Aufnahme der beantragten Beweise Rückschlüsse auf die inhaltliche (Un‑)Richtigkeit der Angaben der Genannten in Ansehung von entscheidenden Tatsachen gezogen werden hätten können (RIS‑Justiz RS0120109 [T3]).
Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht offenbar unzureichend begründet, sondern das Wissen um die Herkunft des Vermögensbestandteils aus einer Vortat iSd § 165 Abs 1 StGB aus einer vernetzten Betrachtung (arg „in einer Gesamtbetrachtung der objektiven Beweismittel“ [US 15 unten]) der Angaben der Zeugin Saniye A***** zur Geschäftstätigkeit und Buchhaltung der D***** KG (US 14), des Zeugen Todor Po***** zu Dolmetschertätigkeiten bei den vier Bargeldbehebungen (US 14), des Zeugen P***** zu einer Rechnung über 78.000 Euro (US 15) sowie den Umständen abgeleitet, dass die Geldbehebungen „in vier Tranchen, kurz hintereinander“ und „quer durch Wien“ erfolgten (US 11) und die Höhe der „illegalen Überweisung“ „mehr als das derzeit vierfache durchschnittliche Jahreseinkommen in Österreich“ betrug, sodass „für jeden und insbesondere die vorbestraften Angeklagten intellektuell eindeutig erfassbar“ gewesen sei, „dass eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist“, vorliege und der Schadensbetrag „jede in Europa sozialisierte Person mit Gewissheit daran denken“ lasse, „es mit einer erheblichen strafbaren Handlung, welche dementsprechend auch sanktioniert wird, zu tun zu haben“ (US 16). Indem die Beschwerde unter Vernachlässigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370) lediglich den zuletzt genannten Aspekt kritisch beleuchtet, legt sie nicht dar, warum sich die aus dem äußeren Geschehen gezogenen Schlussfolgerungen überhaupt nicht ziehen lassen oder so weit hergeholt sein sollen, dass der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS‑Justiz RS0099455 [T8]).
Soweit die Beschwerde in Bezug auf die zuvor zitierte Wortfolge „illegale Überweisungen“ behauptet, der Bezeichnung „illegal“ könne nicht entnommen werden, „was denn damit zum Ausdruck hätte gebracht werden sollen“, zeigt sie den Begründungsmangel der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) nicht auf, weil dieser nur vorliegt, wenn
nicht unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt wurde oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995). Dass das Erstgericht mit dem Begriff eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen zum Ausdruck bringen wollte, erhellt schon aus dessen Verwendung im Zusammenhang mit der Begründung der Wissentlichkeit des Angeklagten (auch) bezüglich einer ein Jahr übersteigenden Strafdrohung.
Warum die Erwägungen, dass der Beschwerdeführer „zwar über eine Ausbildung als Nachrichtentechniker verfüge“ (US 11), der Lebenslauf des Zweitangeklagten aber keinen Hinweis ergebe, dass er „das nötige EDV-Wissen zur Durchführung der manipulierten Transaktion hätte“ (US 10), nach den Kriterien logischen Denkens nicht nebeneinander bestehen können sollen, macht die Beschwerde nicht klar (vgl RIS‑Justiz RS0119089).
Mit dem Hinweis auf Divergenzen zwischen einzelnen Angaben des Angeklagten Y***** im Ermittlungsverfahren und jenen in der Hauptverhandlung weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz
Als unberechtigt erweist sich auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die unter Berufung auf eine Kommentarstelle(Kirchbacher in WK² StGB § 165 Rz 21) behauptet, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich der Vermögensherkunft aus einer geldwäschereitauglichen Vortat würden den Schuldspruch nicht tragen, weil die Subsumtion nach § 165 Abs 2 StGB die Einbeziehung der Vortatumstände in die Vorstellung des Täters erfordere und die vorliegend erfolgte Verwendung der verba legalia ohne Sachverhaltsbezug geblieben sei.
Der Tatbestand der Geldwäscherei nach § 165 StGB zielt darauf ab, die wirtschaftliche Disposition über durch die Begehung bestimmter Delikte erlangte Vermögenszuwächse zu verhindern, und bezweckt solcherart die Unverwertbarkeit kriminell kontaminierten Vermögens (vgl EBRV 673 BlgNR 24. GP 5; 13 Os 4/15k; Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 3). Anders als die Hehlerei nach § 164 StGB bezieht sich die (hier interessierende) auf eine Vortat bezogene Geldwäscherei (§ 165 Abs 1 und 2 StGB) nicht nur auf eine deliktisch erworbene körperliche Sache, sondern (weit darüber hinausgehend) auf alle Vermögensbestandteile, die aus einer der in § 165 Abs 1 StGB genannten mit Strafe bedrohten Handlungen herrühren (siehe dazu § 165 Abs 5 StGB), womit auch Ersatzvermögensbestandteile als Tatobjekt in Betracht kommen (vgl Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 5 ff).
Unter Berücksichtigung einerseits des Zwecks der Norm und andererseits des Interesses an einem freien (legalen) Wirtschaftsverkehr unterscheidet § 165 StGB (unter anderem) zwischen echten Verschleierungshandlungen, für die ein bedingter Vorsatz des Täters in Bezug auf das Vorliegen eines aus einer geldwäschereitauglichen Vortat stammenden Tatobjekts ausreicht (Abs 1 leg cit), und im täglichen Geschäft übliche Handlungsweisen, für die Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) des Täters bezüglich des aus einer Geldwäschereivortat (eines anderen) stammenden Vermögensbestandteils erforderlich ist (Abs 2 leg cit). Die in Abs 1 und 2 des § 165 StGB normierten Tatbestände unterscheiden sich dabei (obwohl seit 1. Juli 2010 in Abs 2 anstelle der bis dahin erfolgten Bezugnahme auf das in Abs 1 genannte Wort „herrühren“ nunmehr das Wort „stammen“ verwendet wird) bezüglich der subjektiven Tatseite ausschließlich in der Vorsatzform, nicht jedoch in Bezug auf den Umfang des Vorsatzes, nämlich die Vermögensherkunft aus einer geldwäschereitauglichen Vortat.
Im Hinblick auf das Regelungsziel der Strafbestimmung und die Erfassung nicht bloß bestimmter einzeln angeführter Delikte als Vortaten, sondern auch gattungsmäßig oder nach bestimmten Kriterien umschriebener Taten, nämlich einerseits Verbrechen (§ 17 Abs 1 StGB) und andererseits (seit 1. Juli 2010) mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, kann bei den zuletzt genannten Fällen der auf die deliktische Herkunft des Tatobjekts bezogene Vorsatz auf den sachverhaltsmäßigen Eindruck reduziert sein, dass der Vermögensbestandteil aus einem Vermögensdelikt herrührt (oder stammt), das eine ein Jahr übersteigende Strafdrohung aufweist (vgl [teils jedoch zu veralteten Rechtslagen] Flora in Leukauf/Steininger StGB4 § 165 Rz 20, 29; Bülte, Grundbegriffe der Geldwäscherei gemäß § 165 StGB in Dannecker/Leitner [Hrsg], Handbuch der Geldwäsche-Compliance Rz 465, 488; Schick, Die Bekämpfung der Geldwäscherei in Österreich, LJZ 1994, 122 [126]; Klippl, Geldwäscherei 137 f; 14 Os 65/16i; abweichend Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 21). Hinsichtlich letzterem muss sich der Täter jener Umstände bewusst sein, die aufgrund ihres besonderen Gewichts und ihrer sozialen Bedeutung die Vortat einer strengeren Strafe unterwerfen (vgl Schwaighofer/Venier, BT I13 § 165 Rz 12). Maßgeblich ist, dass der Täter in laienhafter Weise die Wertungen des Gesetzes nachvollzieht und die Tatbildelemente (hier: Vermögensdelikt und ein Jahr übersteigende Freiheitsstrafe) in ihrem sozialen Bedeutungsgehalt erfasst (vgl Rainer, SbgK § 165 Rz 43; Kirchbacher in WK2 StGB § 165 Rz 22; RIS‑Justiz RS0095652; zur Parallelwertung in der Laiensphäre s auch Fuchs, AT I9 14/21 und Kienapfel/Höpfel/Kert, AT15 Z 11/11). Details der Vortat oder deren rechtliche Subsumtion müssen hingegen ebenso wenig vom Vorsatz umfasst sein wie die Identität des Vortäters (Rainer, SbgK § 165 Abs 1–4 Rz 43). Demgemäß sind auch tatsächliche Irrtümer über die Tat unwesentlich, solange aus dem vorhanden gewesenen Vorstellungsinhalt (rechtlich) ableitbar ist, dass die angenommene Vortat deliktstauglich ist.
Gegenständlich traf das Erstgericht in Ansehung der als Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB qualifizierten Vortat zu sämtlichen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen Feststellungen (US 7). Darüber hinaus stellte das Schöffengericht fest, dass beide Angeklagten es für gewiss hielten, dass „das Giralgeld bzw sodann die Bargelder in Höhe von 75.000 Euro aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, eines von ihnen verschiedenen Täters stammten“ (US 8, siehe auch US 16 [„illegale(n) Überweisung(en) von 75.000 Euro]). Damit wurde ein auf die Vermögensherkunft aus einer geldwäschereitauglichen Vortat bezogener Vorsatz hinreichend festgestellt, impliziert doch diese Formulierung in Verbindung mit dem festgestellten engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Überweisung und Behebung (US 6 ff) sowie dem Wissen um die Höhe des verschobenen Vermögenswerts (US 8) bei verständiger Lesart (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19) in tatsächlicher Hinsicht das Wissen um eine durch die Überweisung zum Schaden eines Dritten in qualifizierter Höhe von 75.000 Euro erfolgte Vermögensverschiebung von dessen Konto auf das der D***** KG durch eine der für solche Transaktionen realistischer Weise alternativ in Betracht kommenden, im sechsten Abschnitt des StGB beschriebenen Handlungen. Die von der Beschwerde darüber hinausgehend geforderten Konstatierungen, wonach es die Angeklagten für gewiss hielten, „dass das Giralgeld bzw. sodann die Bargelder in Höhe von 75.000 Euro aus einer Handlung herrührt(en), welche darin gelegen ist, dass der unbekannte Vortäter das Ergebnis einer automations-unterstützten Datenverarbeitung durch Gestaltung des Programms, durch Eingabe von Daten und durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorganges beeinflusste und dadurch das Vermögen eines anderen in Höhe von 75.000 Euro mehrte“, waren daher ebenso wenig erforderlich wie detaillierte Konstatierungen aller – nach den Vorstellungen der Angeklagten in Frage kommenden – alternativ möglichen Begehensweisen.
Dem Einwand unzulässiger Doppelverwertung (Z 11 zweiter Fall) zuwider durfte das Erstgericht neben dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB (US 6, 18) sämtliche einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten erschwerend werten (US 18; RIS‑Justiz RS0091527; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 714).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten K***** eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es zutreffend vier einschlägige Vorstrafen sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB erschwerend, mildernd hingegen keinen Umstand (US 18).
Im Recht ist der Berufungseinwand, dass generalpräventive Überlegungen nur im Rahmen einer schuldangemessenen Sanktion Berücksichtigung finden können (RIS‑Justiz RS0090600) und sich – der Sicht des Schöffengerichts zuwider – die Frage, ob zur Erhaltung und Stärkung der Normentreue im Allgemeinen und in Ansehung potentieller Täter in ähnlicher Lage im Besonderen die Verhängung einer höheren Strafe erforderlich ist, stets nur auf die zur Verurteilung gelangende Tat beziehen kann.
Dem Senat erschien daher – bei einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe – eine solche von vier Jahren tat- und schuldangemessen sowie der Persönlichkeit des Täters, nämlich seiner habituellen Unredlichkeit in Bezug auf fremdes Vermögen trotz des mehrfachen Vollzugs (teils) längerer Haftstrafen, entsprechend.
Dass dabei (wie hier) die Vortat eine geringere Strafdrohung als die Geldwäscherei aufweist, hat der Gesetzgeber in Kauf genommen (vgl JAB 692 BlgNR 24. GP 2; s hingegen § 287 Abs 1 zweiter Satz StGB), weshalb die von der Berufung angestellten Überlegungen zur Relation der beiden Taten dahingestellt bleiben können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)