OGH 15Os49/20z

OGH15Os49/20z11.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Mai 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Mann im Verfahren zur Übergabe des O***** C***** zur Strafvollstreckung an Rumänien, AZ 28 HR 14/20p des Landesgerichts Feldkirch, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 25. März 2020, AZ 6 Bs 48/20i, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00049.20Z.0511.000

 

Spruch:

 

O***** C***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

 

Gründe:

Im Verfahren zur Übergabe des O***** C***** an Rumänien zur Vollstreckung der über ihn mit Urteil des Amtsgerichts Alba Iulia vom 6. Dezember 2016, Nr. 643, und des Berufungsgerichts Alba Iulia vom 27. März 2017, Nr. 282/A, wegen in Rumänien begangener Einbruchsdiebstähle verhängten Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten wurde über den Genannten aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Amtsgerichts Alba Iulia vom 3. April 2017, Nr. 7010/176/2015, mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 25. Jänner 2020, AZ 28 HR 14/20p, die

Übergabehaft aus dem Haftgrund der

Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 18 Abs 2 EU‑JZG (iVm § 29 Abs 1 ARHG) verhängt (ON 7).

Am 6. Februar 2020 erklärte der Einzelrichter des Landesgerichts Feldkirch die Übergabe der betroffenen Person an Rumänien zur Strafvollstreckung im oben bezeichneten Umfang für zulässig und setzte die Übergabehaft aus dem bereits genannten Haftgrund fort (ON 13).

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab (unter anderem) der gegen die Haftfortsetzung gerichteten Beschwerde (ON 14) des C***** mit Beschluss vom 25. März 2020, AZ 6 Bs 48/20i, nicht Folge und ordnete seinerseits die (nicht durch eine Haftfrist begrenzte [§ 18 Abs 2 EU‑JZG iVm § 29 Abs 5 ARHG]) Fortsetzung der Übergabehaft aus dem Haftgrund der

Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 18 Abs 2 EU‑JZG und § 29 Abs 1 ARHG an (ON 22).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerecht erhobene, die Annahme des bezeichneten Haftgrundes und die Nichtanwendung gelinderer Mittel kritisierende Grundrechtsbeschwerde des C*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die rechtliche Annahme einer der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren prüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens (nur) dahin, ob sie aus den vom Oberlandesgericht in Anschlag gebrachten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durften, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich (mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet) angesehen werden müsste (RIS‑Justiz RS0117806, RS0118185).

Das Oberlandesgericht stützte die konkrete Befürchtung, die betroffene Person werde auf freiem Fuß versuchen, sich durch Flucht oder Verborgenhalten der Übergabe zu entziehen, auf das Fehlen eines Wohnsitzes oder einer Meldeadresse in Österreich, den Mangel an sozialer und wirtschaftlicher Integration im Inland sowie die Dauer der zu vollziehenden Freiheitsstrafe (ON 22 S 10 f). In dieser Annahme ist – entgegen der Beschwerde, welche die vom Oberlandesgericht herangezogenen Umstände gar nicht in Abrede stellt, jedoch einer eigenständigen Würdigung unterzieht – keine willkürlich begründete Prognose zu erblicken.

Vergleichsbasis des Willkürverbots sind – mit Blick auf § 173 Abs 2 StPO, der nur verlangt, dass die angenommenen Haftgründe auf bestimmten Tatsachenberuhen – nur die der Prognoseentscheidung tatsächlich zugrunde gelegten Tatsachen (RIS‑Justiz RS0117806 [T28]). Dass nach Ansicht des Beschwerdeführers die Berücksichtigung seines vormaligen Aufenthalts, seiner Meldeadresse sowie seiner regelmäßigen Beschäftigung in Deutschland, seiner aufrechten Lebensgemeinschaft sowie seiner bevorstehenden Vaterschaft zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, zeigt eine willkürliche Annahme des angezogenen Haftgrundes daher nicht auf.

Zu der in der Beschwerde argumentativ herangezogenen Entscheidung 11 Os 31/08f bleibt anzumerken, dass diese einen anders gelagerten Sachverhalt betraf, weil der Haftgrund der Fluchtgefahr auf das Fehlen einer Integration in Österreich gestützt wurde, aber die Verhängung einer deutlich geringeren Strafe in Rede stand.

Soweit der Beschwerdeführer unter Behauptung seiner wirtschaftlichen und sozialen Integration in Deutschland die – vom Oberlandesgericht auf die „Intensität“ des Haftgrundes gestützte – Ablehnung der Anwendung gelinderer Mittel kritisiert, ohne solche im Übrigen konkret zu bezeichnen (vgl RIS‑Justiz RS0116422), scheitert er schon an der Ausschöpfung des Instanzenzugs, weil ein entsprechendes Vorbringen in der Haftbeschwerde (ON 14) nicht erstattet wurde (RIS‑Justiz RS0114487).

O***** C***** wurde daher durch den angefochtenen Beschluss im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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