OGH 15Os33/21y

OGH15Os33/21y14.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen Z***** G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 12. Oktober 2020, GZ 22 Hv 33/20y‑18, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00033.21Y.0414.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Z***** G***** des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 „und Abs 2“ StGB (I./) sowie der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in T*****

I./ von Mai 2018 bis Oktober 2019 gegen seine Ehefrau R***** S***** eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie misshandelte, gefährlich bedrohte und nötigte, und zwar

A./ indem er ihr von Mai 2018 bis 15. August 2019 wöchentlich Ohrfeigen versetzte, sie gegen die Wand drückte, sie insgesamt zehnmal im Brustbereich biss, zweimal mit dem Gürtel ihre unbekleideten Füße schlug und ihr einen Faustschlag gegen die Brust versetzte, und ihr dadurch regelmäßig Rötungen und Hämatome an den betroffenen Körperregionen zufügte;

B./ indem er sie vor dem 7. Mai 2019 durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zur Unterlassung einer Anzeigeerstattung bei der Polizei und einer Information ihrer Familie nötigte, indem er sich selbst mit einer Rasierklinge am Arm mehrere Schnittwunden zufügte und ihr sinngemäß sagte, dass er das auch mit ihr machen würde, sollte sie Anzeige erstatten oder ihrer Familie davon berichten;

C./ indem er sie im Oktober 2019 mehrmals telefonisch gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr sinngemäß sagte, er werde sie aufgrund ihrer Anzeige schlagen und töten, wenn er aus dem Krankenhaus entlassen werde;

II./ von Mai 2018 bis 15. August 2019 seine Ehefrau R***** S*****, die unter dem Eindruck der unter Punkt I./ genannten Tathandlungen stand, einmal wöchentlich mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Duldung des Beischlafs, und zwar zum Vaginalverkehr, genötigt, indem er sie an den Haaren aufs Bett zog und festhielt, teilweise ihre Handgelenke über ihrem Kopf fixierte und sie aufs Bett drückte und sie während des Geschlechtsakts am Becken und an den Oberarmen schlug oder ihr sagte, er werde sie wieder schlagen, wenn sie ihn „nicht glücklich mache“.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Die von der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) als offenbar unzureichend begründet kritisierte Annahme der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Beweisperson (hier: der Zeugin R***** S*****) stellt als (bloß) beweiswürdigende Erwägung keinen zulässigen Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes dar. Denn der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 431; RIS‑Justiz RS0106588). Mit dem von der Beschwerde ins Treffen geführten Chat- (und Anruf‑)Verlauf und nach September 2019 erfolgten Kontakten haben sich die Tatrichter bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung jedenfalls auseinandergesetzt (US 7 f; Z 5 zweiter Fall; vgl auch RIS‑Justiz RS0104976 [T2]).

[5] Das gegen die Erwägungen des Erstgerichts zur Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin (US 7 f, 10 f) und zur Stützung ihrer Aussagen durch die Angaben ihres Bruders S***** S***** (US 8–11) gerichtete Vorbringen beschränkt sich demnach auf eine Beweiswürdigungskritik nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[6] Mit dem weiteren Vorbringen, die genannte Zeugin wäre mit dem erwähnten Chat-Verlauf zu konfrontieren und überhaupt zu ihren weiteren Kontakten zum Angeklagten ergänzend zu befragen gewesen, erhebt die Beschwerde inhaltlich eine Aufklärungsrüge (Z 5a), ohne darzulegen, weshalb der Angeklagte an einer entsprechenden Antragstellung gehindert gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0114036, RS0115823).

[7] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) lediglich auf die Argumente der Mängelrüge verweist, lässt sie außer Acht, dass die Nichtigkeitsgründe wesensmäßig verschieden sind und daher getrennt ausgeführt werden müssen (RIS‑Justiz RS0115902).

[8] Mit dem Hinweis auf die „persönlichen Kontakte und Kontaktversuche der Zeugin R***** S***** im Sinne der Beilage A./ und B./“ gelingt es dem Rechtsmittel (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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