OGH 15Os28/16f

OGH15Os28/16f13.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan W***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 19. November 2015, GZ 10 Hv 95/15i‑110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00028.16F.0413.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Stefan W***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und § 15 StGB idF vor BGBl I 2015/112 (I./) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ zusammengefasst ‑

I./ zwischen September 2012 und 16. Mai 2015 in L***** und andernorts mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der im Urteil genannten Unternehmen durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit (1./ bis 7./), teils auch durch die Vorgabe, einen hochpreisigen Neuwagen erwerben und den Mietwagen nach Ablauf der Vertragslaufzeit wieder zurückgeben zu wollen (1./b./ und 2./b./), sowie durch die Vorgabe, Inhaber eines aufstrebenden Unternehmens mit gesicherter Auftragslage und Gewinnzusagen in Millionenhöhe zu sein (8./), zum Verkauf bzw zur mietweisen Überlassung eines PKW (1./ bis 6./), zur Vermittlung einer Mietwohnung (7./) und zur Gewährung von Krediten (8./) verleitet und zu verleiten versucht, wodurch diese Unternehmen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt wurden (Schaden: zumindest 1.223 Euro) oder werden sollten (versuchter Schaden: 1.225.949 Euro);

II./ am 26. April 2013 in W***** eine falsche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem er eine von ihm ohne Wissen und Willen seiner damaligen Ehefrau mit deren Namen (mit‑)unterfertigte Rückzahlungsvereinbarung an die Raiffeisenbank W***** schickte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf Z 4 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Nominell aus Z 4 (der Sache nach Z 1) bringt der Beschwerdeführer vor, ihm sei „erst nach Ende des Verfahrens“ „bewusst geworden, dass die Schöffen schon vor der Hauptverhandlung mit Zeugen gesprochen haben und die vorsitzende Richterin es versäumt hat, Irrtümer bei den Schöffen aufzuklären“.

Ein Eingehen auf diese unter dem Titel einer „Befangenheit“ von vorsitzender Richterin und Schöffen (§§ 43 Abs 1, 46 StPO) und einer gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens (Art 6 MRK) verstoßenden Vorgangsweise vorgebrachte Kritik ist mangels jedweder Substantiierung oder Konkretisierung der Behauptung (Wer mit wem worüber gesprochen habe; welche „Irrtümer“ von der Vorsitzenden entgegen einer sie treffenden Verpflichtung nicht aufgeklärt worden seien) ohne jede Bezugnahme auf diese stützende Verfahrensergebnisse nicht möglich.

Weshalb der Oberste Gerichtshof in diesem Vorbringen „den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO erfüllt sehen“ könnte, also eine mangelhafte Darstellung oder Begründung entscheidender Tatsachen, wird gleichfalls nicht klar.

Die Rechtsrüge (richtig: Z 9 lit a) postuliert zu I./1./ bis 6./ („Betrugsversuche gegenüber Autohändlern“) Straflosigkeit wegen Vorliegens eines absolut untauglichen Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB), „da eine Vollendung der Tat ohne Bezahlung vollkommen ausgeschlossen und unter keinen Umständen möglich war“, legt aber nicht argumentativ aus dem Gesetz entwickelt dar, weshalb die dem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, denkunmöglich sein sollte, sohin unter keinen Umständen erwartet werden konnte (RIS‑Justiz RS0089880; RS0098852; RS0089876; Hager/Massauer in WK2 StGB §§ 15, 16 Rz 78, 82).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen Schuld (§§ 280, 283 Abs 1 StPO) ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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