OGH 15Os146/87

OGH15Os146/876.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.November 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Silvester K*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. Juni 1987, GZ 17 Vr 809/87-7, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und der Verteidigerin Dr. Scheimpflug, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die "Schuldberufung" wird zurückgewiesen.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird nicht

Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Silvester K*** der Vergehen

(1.) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, (2.) des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und

(3.) der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB schuldig erkannt; von einem weiteren Anklagevorwurf (nach § 109 Abs 1 StGB) wurde er gemäß § 259 Z 2 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 "Zl 9" (ersichtlich gemeint Z 9 lit a und b) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit einer "Schuldberufung". Einen Feststellungsmangel (Z 9 lit b) erblickt er darin, daß das Erstgericht in Ansehung des Vergehens der Sachbeschädigung (Einschlagen einer doppelwandigen Fensterscheibe) nicht die zur Annahme der "Angehörigen"-Eigenschaft der Geschädigten Leopoldine R*** erforderlichen Konstatierungen getroffen habe, obwohl diese nach den Urteilsgründen seine "Freundin" gewesen sei; er wäre, so vermeint er, deshalb freizusprechen gewesen, weil eine in § 166 Abs 3 StGB vorausgesetzte Verfolgungsermächtigung nicht vorgelegen sei.

Feststellungen über den allfälligen Bestand einer außerehelichen Lebensgemeinschaft und einer Hausgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und der Zeugin R*** waren aber durch nichts indiziert; denn jedenfalls für ein Zusammenleben dieser Personen im Rahmen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (Hausgemeinschaft) lag nach den Verfahrensergebnissen keinerlei Anhaltspunkt vor (vgl S 39, 45, Verlesung in der Hauptverhandlung S 62; ferner S 61). Einer Verfolgungsermächtigung zu der somit rechtsrichtig nach § 125 StGB beurteilten Tat des Beschwerdeführers bedurfte es daher nicht.

Soweit aber der Angeklagte hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie der schweren Körperverletzung seinen Vorsatz, die Gendarmeriebeamten an seiner Festnahme zu hindern, seine aktive Gewaltanwendung hiebei und seinen Verletzungsvorsatz als "nicht beweisbar" bezeichnet, bringt er keinen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er damit nicht von den dahin getroffenen Urteilsfeststelllungen (US 4 bis 6) ausgeht, sondern diese nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Weise zu bekämpfen sucht. Dementsprechend ist die Rechtsrüge auch insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, als der Beschwerdeführer vermeint, die dem Gendarmeriebeamten O*** bei dem geleisteten Widerstand zugefügten (an sich leichten) Körperverletzungen seien vorliegend nicht gesondert als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB zu beurteilen, weil ein Schlag (und daraus resultierende Verletzungen) nur "Teil des Widerstandes nach § 269" (StGB) sein könne: im Hinblick auf seinen vom Erstgericht ausdrücklich festgestellten Verletzungsvorsatz (US 5) lastete ihm das Erstgericht durchaus zu Recht echtes eintätiges Zusammentreffen (Idealkonkurrenz) beider Delikte an (vgl Foregger-Serini, StGB3, Erl VI zu § 269 und die dort angeführte Judikatur, Leukauf-Steininger, Komm z StGB2, RN 32 zu § 269).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Seine im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehene und daher unzulässige "Schuldberufung" war zurückzuweisen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 269 Abs 1 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Dabei wertete es die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen als erschwerend, dagegen sein reumütiges und umfassendes Geständnis, die Schadensgutmachung hinsichtlich der Sachbeschädigung und den Umstand, daß der Widerstand gegen die Staatsgewalt beim Versuch blieb, als mildernd.

Der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (auf sechs Monate) anstrebenden Berufung des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Ins Leere gehen jene Ausführungen, die ein mangelndes Gewicht der (hier erfüllten) Voraussetzungen des § 39 StGB darzutun suchen und auf eine mangelnde Ermächtigung zur Verfolgung wegen Hausfriedensbruches verweisen. Denn die Strafschärfung des § 39 StGB wurde ohnedies nicht angewendet und vom Vorwurf des Hausfriedensbruches wurde der Angeklagte (nach Rücktritt des Staatsanwaltes von der Anklage eben wegen Zurückziehung der vorerst erteilten Ermächtigung) freigesprochen.

Die Schadensgutmachung dagegen wurde vom Erstgericht ohnedies als mildernd gewertet.

Die Alkoholisierung des Angeklagten, die im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung als weiterer Milderungsgrund ins Treffen geführt wurde, kann sich nicht zu Gunsten des Angeklagten auswirken. Aus den Vorstrafakten ergibt sich nämlich, daß der Berufungswerber schon wiederholt in derartigem Zustand delinquierte, mithin darum wußte, welche Wirkungen Alkoholgenuß bei ihm auslöst. Eine nunmehr wiederum dadurch bewirkte Enthemmung wird somit durch den Vorwurf aufgewogen, den der Alkoholgenuß unter den obwaltenden Umständen begründet (§ 35 StGB).

Die Strafzumessungsgründe wurden demnach vom Schöffengericht vollständig festgestellt und ihrem Gehalt nach zutreffend gewürdigt. Das Strafmaß ist angesichts der Deliktshäufung und des schwer getrübten Vorlebens des Angeklagten keineswegs überhöht. Auch der Berufung (wegen Strafe) war somit ein Erfolg zu versagen.

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