European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00139.23I.0131.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten * B* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuld- und Freisprüche des Angeklagten und der Mitangeklagten enthält, wurde * B* des Verbrechens des (richtig:) gewerbsmäßig schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall iVm Abs 1 erster Fall StGB (I./) sowie der Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Rechtsmittel von Bedeutung – gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert von etwa 78.000 Euro teilweise durch Einbruch weggenommen, und zwar
1./ am 23. April 2022 in L* * H* zwei Fahrräder im Gesamtwert von 14.818 Euro, indem er diese aus der Tiefgarage eines Hotels abtransportierte;
2./ am 29. Mai 2022 in F* * Ha* ein E‑Bike im Wert von 3.482 Euro, indem er dieses vom Gelände eines Hotels verbrachte;
3./ am 6. August 2022 in I* * V* zwei Fahrräder im Gesamtwert von 17.001 Euro, indem er diese aus dem Keller eines Hotels verbrachte;
4./ am 27. August 2022 in G* * I* ein E‑Bike im Wert von 8.351 Euro, indem er dieses von der Ladefläche eines Pickup‑Trucks ablud und mitnahm;
5./ in der Nacht zum 29. August 2022 in S* * D* ein Fahrrad im Wert von 5.400 Euro, indem er das angebrachte Zahlenschloss entfernte, sohin durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, und es aus dem Keller eines Hotels verbrachte;
6./ am 10. Juni 2022 in L* * R* ein Mountainbike im Wert von 7.465 Euro, indem er dieses vom Heckfahrradträger eines in einer Hotelgarage geparkten PKW abmontierte;
7./ am 24. August 2022 in N* * T* ein E‑Bike im Wert von 8.999 Euro, indem er dieses aus einem hoteleigenen Fahrradkeller mitnahm;
8./ am 26. Jänner 2022 in K* * N* ein Paar Alpin‑Ski im Wert von 1.529 Euro sowie * W*, * Ro*, L* S* und R* S* vier Paar Leih‑Ski des Unternehmens „E*“ im Gesamtwert von 3.898 Euro, indem er diese aus einem hoteleigenen Skikeller verbrachte;
...
10./ am 26. Jänner 2023 in K* * L*, * In* und * De* drei Paar Leih-Alpin-Ski des Unternehmens „E*“ im Gesamtwert von 4.170 Euro, indem er diese aus einem hoteleigenen Skikeller mitnahm;
11./ am 25. Jänner 2023 in Z* * Nt* ein Paar Alpin-Ski im Wert von 750 Euro und * Tz* ein Paar Leih‑Alpin-Ski des Unternehmens „Br*“ im Wert von 1.199,99 Euro, indem er diese aus einem hoteleigenen Skikeller mitnahm,
… .
[3] Hingegen wurde er – unter anderem – von der Anklage, er habe
(A./)(I./) anderen gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert teilweise durch Einbruch weggenommen, und zwar
...
2./ am 15. August 2022 in P* * Se* ein Leih‑E‑Bike des Unternehmens „P*“ im Wert von 3.975 Euro, indem er das beim Eingangsbereich eines Hotels versperrt abgestellte Fahrrad abtransportierte;
3./ am 18. Juni 2022 in K* * K* ein Rennrad im Wert von 11.933 Euro, indem er dieses vom Veranstaltungsgelände einer Radveranstaltung abtransportierte;
...
6./ am 30. April 2022 in B* * Bo* und * Tr* jeweils ein Mountainbike im Wert von 10.000 Euro, indem er diese aus einer offenen Garage verbrachte;
...
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gegen die Schuldsprüche richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; gegen die Freisprüche die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Beide verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
[5] Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter [nominell auch zweiter] Fall) reklamiert, das Erstgericht hätte unbegründet gelassen, weshalb es den Urteilsannahmen zum Wert des jeweiligen Diebesguts den Neuwert anstelle des insoweit relevanten Zeitwerts (vgl dazu RIS‑Justiz RS0093721, RS0093737) zugrunde gelegt habe, spricht sie keine entscheidende Tatsache (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268 [T4], RS0099406) an, weil der Entfall der Wertqualifikation des § 128 Abs 1 Z 5 StGB gar nicht konkret behauptet wird.
[6] Sie erklärt im Übrigen auch nicht, aus welchen Gründen der Zeitwert der Fahrräder der H* (Neuwert: 8.818 Euro), des V* (Neuwert: 8.105,68 Euro und 8.895,90 Euro), des I* (Neuwert: 8.351,07 Euro) und des T* (Neuwert: 8.999 Euro), deren Ankauf jeweils nicht mehr als etwa ein Jahr vor dem jeweiligen Tatzeitpunkt erfolgte (US 24, 27, 28, 31), die Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB nicht jeweils für sich überschreiten sollte.
[7] Mit der Behauptung von „Folgen für die Strafzumessungsgründe und allfällige Zusprüche der Privatbeteiligten“ bezieht sich die Mängelrüge ebenso wenig auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände (vgl RIS‑Justiz RS0106268 [T10]).
[8] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0116879), indem sie den Nichtigkeitsgrund ohne Ausführung bloß nominell anführt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
[9] Die Tatrichter konnten zu den Freisprüchen zu A./I./2./, 3./ und 6./ – unter Berücksichtigung einzelner, belastender Beweisergebnisse – nicht feststellen, dass der Angeklagte auch diese ihm zur Last gelegten Fahrraddiebstähle begangen habe (US 18 ff, US 39 ff).
[10] Gründet das Gericht einen Freispruch – wie hier – auf die Annahme, dass mehrere Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind, und trifft es zu diesen hinreichende (negative) Feststellungen, ist es unter dem Aspekt erfolgreicher Urteilsanfechtung zunächst erforderlich, alle die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Konstatierungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) oder unter Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO zu bekämpfen (RIS‑Justiz RS0127315 [T4]).
[11] Mit der Beschwerdekritik, wonach das Erstgericht lediglich die – sehr wohl erörterten (US 39 bis 45) – Beweisergebnisse aufgezählt und dabei jeweils das örtliche und zeitliche Naheverhältnis des Angeklagten zum Tatort sowie den typischen modus operandi außer Acht gelassen habe, wird kein Begründungsdefizit im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt (siehe dazu RIS‑Justiz RS0098646), sondern ebenso wie mit dem Begehren von Ersatzfeststellungen bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft.
[12] Der zu A./I./6./ als übergangen reklamierte Umstand (dSn: Z 5 zweiter Fall), dass sich der Angeklagte am Tattag im Internet über eine am Folgetag stattfindende Radveranstaltung informiert habe, steht den Negativfeststellungen zur Begehung dieses Fahrdiebstahls nicht erörterungsbedürftig entgegen (RIS‑Justiz RS0098495 [T6]).
[13] Weshalb zu A./1./2. Ermittlungsergebnisse, wonach der Angeklagte im Verdacht stehe, in der Schweiz ein Fahrrad gestohlen zu haben, dessen Lichtbild sich auf seinem Mobiltelefon befinde, zu erörtern gewesen sein sollten, erklärt die Beschwerde nicht (vgl aber Art 6 Abs 2 MRK, § 8 StPO).
[14] Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die überdies ohne Ausführung bloß nominell angeführte Rechtsrüge (Z 9 lit a).
[15] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
[16] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens nur insofern zur Last, als sie nicht durch das ganz erfolglos gebliebene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft verursacht worden sind.
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