OGH 15Os134/21a

OGH15Os134/21a24.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * H* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * S* sowie die Berufungen des Angeklagten H* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 18. August 2021, GZ 80 Hv 36/21i‑114b, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00134.21A.0124.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant, wurde mit dem angefochtenen Urteil * S* (unter anderem) jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./A./1./) sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./A./2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

II./A./ im Zeitraum von 17. Juli 2019 bis 28. September 2020 in F* und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 850 Gramm Heroin mit einer Reinsubstanz von insgesamt 85,93 Gramm Heroin‑Base in 81 Angriffen, wobei sein Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war, die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt sowie die vielfache Überschreitung der Grenzmenge umfasste,

1./ nach Österreich eingeführt, indem er über telefonische Bestellung des * H* (79 Fahrten) und des * M* (zwei Fahrten) jeweils zwischen 10 und 30 Gramm Heroin in seinem PKW von Slowenien nach Österreich schmuggelte;

2./ anderen überlassen, indem er jeweils Mengen zwischen 10 und 30 Gramm Heroin gewinnbringend an H* (830 Gramm) und M* (20 Gramm) veräußerte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Ausschließlich gegen den Schuldspruch zu II./A./1./ und 2./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) richtet sich zunächst gegen die zur Anzahl der Angriffe getroffenen Feststellungen (US 8 f) und behauptet, das Schöffengericht habe es unterlassen, die Aussagen des Beschwerdeführers „zu verwerten“, wonach er maximal 40 Fahrten durchgeführt, nicht jede telefonische Nachricht einer Fahrt zur Einfuhr und Übergabe von Suchtgift entsprochen und er sich fünf bis zehn Mal „einfach so“ mit H* getroffen habe. Die Verantwortung des Angeklagten S*, er habe maximal 400 bis 435 Gramm Heroin übergeben, haben die Tatrichter aber erörtert und aufgrund der zwischen ihm und H* erfolgten Korrespondenz als widerlegt erachtet (US 14 f). Dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend waren sie daher nicht verpflichtet, sich mit den angesprochenen Aussagedetails gesondert auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0098717, RS0106642).

[5] Gleiches gilt für den Hinweis auf die aus Sicht der Beschwerde übergangene Aussage des Angeklagten H*, wonach es „in Summe vielleicht 64 Fahrten“ gewesen seien, weil das Erstgericht auch die Zweifel des Angeklagten H* an der Häufigkeit der Fahrten nicht unberücksichtigt gelassen hat (US 14 f).

[6] Indem die Rüge vermeint, die Aussage der Zeugin * Sa*, aus der Telefonüberwachung gehe „so nicht hervor“, dass sich die Angeklagten auch zum Musizieren oder Biertrinken getroffen hätten, indiziere „eine Bestätigung von nicht inkriminierten Treffen“, und das Erstgericht habe sich „mit der pauschalen Beweiswürdigung“ begnügt, dass für die von den Feststellungen umfassten 79 Treffen der Angeklagten H* und S* „mehrere Umstände kumulativ vorlagen“ (US 15), obwohl auch bei Treffen zum Biertrinken und Musizieren vorab Telefonate geführt würden, bekämpft sie die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

[7] Die Kritik (Z 5 vierter Fall) an den Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des inkriminierten Suchtgifts (US 9), der zufolge keine einen Reinheitsgehalt von 10,11 % Heroin‑Base rechtfertigenden Beweisergebnisse vorliegen würden, übersieht, dass das Schöffengericht – in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) – auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse ziehen darf, sofern diese logisch und daher vertretbar sind (vgl RIS‑Justiz RS0098471). Indem bei jenen Suchtgiftmengen, zu denen keine Sicherstellung und Auswertung erfolgte, im Zweifel von einem Wirkstoffgehalt von 10,11 % Heroin-Base ausgegangen wurde, weil dieser dem geringsten Wirkstoffgehalt des sichergestellten und ausgewerteten Heroins und „im Übrigen bloß unterdurchschnittlicher Straßenqualität“ entsprach (US 19), liegt somit eine den Kriterien der Logik oder Empirie widersprechende Begründung nicht vor (RIS‑Justiz RS0118317).

[8] Durch den Hinweis auf gerichtsnotorisch große Qualitätsunterschiede bei verschiedenen Lieferungen von Heroin und die Behauptung, das Erstgericht habe den Beschwerdeführer nicht zur Qualität des Heroins befragt, wird ein Begründungsmangel nicht zur Darstellung gebracht.

[9] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) zunächst „um Wiederholungen zu vermeiden“ auf das Vorbringen der Mängelrüge verweist, wird der wesensmäßige Unterschied der Nichtigkeitsgründe und das daraus resultierende Erfordernis getrennter Ausführung vernachlässigt (RIS‑Justiz RS0115902).

[10] Indem sie auf die Verantwortung der Angeklagten, wonach bei mehreren Treffen keine Lieferungen von Heroin stattgefunden hätten, sowie die Aussage der Zeugin Sa* verweist, wonach dies aus den Telefonüberwachungen so nicht hervorgehe, weiters die von der zuletzt genannten Zeugin vorgelegte Aufstellung über die Anzahl der Treffen kritisiert, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0118780, RS0099674).

[11] Die Nichtigkeitsbeshwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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