OGH 15Os104/13b

OGH15Os104/13b21.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 83 Hv 29/12k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. März 2012, GZ 83 Hv 29/12k-41, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der zugleich mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. März 2012, GZ 83 Hv 29/12k-41, gefasste Beschluss auf Widerruf der Gerhard S***** mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 3. Februar 2012, AZ 17 U 324/11b, gewährten bedingten Strafnachsicht verletzt § 495 Abs 2 StPO.

Der Beschluss wird aufgehoben und es werden die Akten dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zum Verfahren AZ 17 U 324/11b zur Entscheidung über einen allfälligen Widerruf nach § 55 Abs 1 StGB übermittelt.

Text

Gründe:

Gerhard S***** wurde mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 3. Februar 2012, GZ 17 U 324/11b-34, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt.

Mit (ebenfalls gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. März 2012, GZ 83 Hv 29/12k-41, wurde der Genannte (wegen zuletzt am 31. August 2011 begangener Taten) des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB sowie „der Vergehen“ (richtig: des Vergehens) des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 31 StGB unter Bedachtnahme auf das oben genannte Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien zu einer (unbedingten) Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt. Zugleich fasste das Landesgericht für Strafsachen Wien den Beschluss, die Gerhard S***** mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien gewährte bedingte Strafnachsicht nach § 55 Abs 1 StGB zu widerrufen (ON 41 S 9). Diese Freiheitsstrafe wurde - infolge zwischenzeitigen Strafaufschubs gemäß § 39 SMG (ON 58) - noch nicht vollzogen (ON 59).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss vom 15. März 2012 mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 55 Abs 1 StGB ist die bedingte Nachsicht einer Strafe zu widerrufen, wenn eine nachträgliche Verurteilung gemäß § 31 StGB erfolgt und eine bedingte Nachsicht bei gemeinsamer Aburteilung nicht gewährt worden wäre.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) richtet sich nach § 495 Abs 2 StPO (RIS-Justiz RS0111521; Jerabek in WK² § 55 Rz 5). Demnach obliegt die Beschlussfassung über einen Widerruf in einem solchen Fall jenem Gericht, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält und - hier nicht von Relevanz - zuletzt rechtskräftig wurde (§ 495 Abs 2 StPO; zuletzt 14 Os 75/11b). Zur Entscheidung über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht wäre demnach das Bezirksgericht Innere Stadt Wien im Verfahren AZ 17 U 324/11b berufen gewesen.

Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

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