OGH 15Ns46/24v

OGH15Ns46/24v17.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 2024 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in der Strafsache gegen * E* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, Abs 2a, 148 erster Fall, 12 zweiter Fall, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 38 Hv 81/24m des Landesgerichts Wiener Neustadt, in dem zwischen diesem Gericht und dem Landesgericht Ried im Innkreis, AZ 7 Hv 37/24i, geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150NS00046.24V.0717.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Landesgericht Ried im Innkreis zuständig.

 

Gründe:

[1] Die Staatsanwaltschaft Wien legte – soweit für die Zuständigkeitsfrage relevant – * E* mit beim Landesgericht Ried im Innkreis eingebrachtem Strafantrag vom 22. April 2024, AZ 717 St 11/24s, ein als Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, Abs 2a, 148 erster Fall, 12 zweiter Fall, 15 StGB (I. und II.) und ein als Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (III.) qualifiziertes Verhalten zur Last.

[2] Als erste – für sich die Zuständigkeit des Einzelrichters des Landesgerichts begründende (vgl RIS‑Justiz RS0133394) – Tat wurde hinsichtlich E* ein als Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2a StGB subsumierbares Tatgeschehen mit Datum 15. März 2024 und Tatort H*, gelegen im Sprengel des Landesgerichts Ried im Innkreis, angenommen (II. iVm I.A.2.a.).

[3] Mit Verfügung vom 24. April 2024 ordnete der Einzelrichter des Landesgerichts Ried im Innkreis die Hauptverhandlung an, womit die Prüfung nach § 485 StPO abgeschlossen und der Strafantrag rechtswirksam wurde (vgl RIS-Justiz RS0132157).

[4] In der Hauptverhandlung am 6. Juni 2024 dehnte der öffentliche Ankläger den Strafantrag gegen E* nach § 263 Abs 1 StPO auf ein weiteres Betrugsfaktum mit Datum 13. Dezember 2023 und Tatort P* aus.

[5] Anschließend brach der Einzelrichter des Landesgerichts Ried im Innkreis die Hauptverhandlung ab und verfügte die Überweisung des Verfahrens an das Landesgericht Wiener Neustadt, weil die von der Ausdehnung betroffene Tat die früheste sei und – mangels Geltung der perpetuatio fori – die Zuständigkeit dieses Gerichts begründe.

[6] Letzteres legte die Akten zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt (§ 38 StPO) zwischen ihm und dem Landesgericht Ried im Innkreis dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Dieser hat erwogen:

[7] Die in der Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter erfolgte Ausdehnung des rechtswirksamen Strafantrags auf die neue Betrugstat, mag diese nach der Verdachtslage auch früher begangen worden sein, bewirkte – mit Blick auf die verfahrenskonzentrierende Funktion des § 263 StPO – keine nachträgliche Änderung der örtlichen Zuständigkeit (Lewisch, WK‑StPO § 263 Rz 82).

[8] Dies entspricht auch der mit § 37 Abs 3 StPO idF StPRÄG II 2016 (BGBl I 2016/121) geschaffenen Systematik, wonach sich auch bei sukzessiver schriftlicher Anklageerhebung die Zuständigkeit für das gemeinsam zu führende Verfahren nicht nach dem zeitlich früheren Tatvorwurf, sondern nach der zuerst rechtswirksamen Anklage gerichtet hätte (Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 9).

[9] Umstände, die nach Anordnung der Hauptverhandlung eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit herbeiführen hätten können (vgl Oshidari, WK‑StPO § 38 Rz 7/1; Bauer, WK‑StPO § 485 Rz 3), sind nicht ersichtlich.

[10] Daher ist das Landesgericht Ried im Innkreis für dieses Strafverfahren zuständig.

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