OGH 14Os88/14v

OGH14Os88/14v11.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Erich S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 24. Juni 2014, GZ 7 Hv 21/14a‑23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00088.14V.0911.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Erich S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 29. Oktober 2013 in G***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer wahnhaften Störung (Paranoia), an dem auch im Eigentum seiner Schwester Gertrude B***** stehenden Wohnhaus ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er in dessen Schlafzimmer die Tuchent und mehrere Stoffgegenstände, im Wohnzimmer das Leintuch einer Möbelgarnitur und im Kinderzimmer das Leintuch des Betts anzündete, und dadurch das Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB begangen.

Die gegen die Einweisung aus dem Grund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass die Anordnung einer Maßnahme nach § 21 StGB einen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 3 StPO darstellt, der - neben einer Anfechtung mit Berufung - nur insoweit mit Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO bekämpft werden kann, als das Schöffengericht seine Anordnungsbefugnis überschritten (Z 11 erster Fall, allenfalls in Verbindung mit Z 2 bis 5a), oder die gesetzlichen Kriterien für die Gefährlichkeitsprognose verkannt hat, indem es eine der zwingend zu berücksichtigenden Erkenntnisquellen (die Person des Rechtsbrechers, seinen Zustand und die Art der Tat) übergangen oder aus diesen einen unvertretbaren Schluss gezogen hat (Z 11 zweiter Fall). Die - dem Ermessensbereich zuzuordnende - Gefährlichkeitsprognose ist hingegen ausschließlich mit Berufung bekämpfbar (vgl RIS-Justiz RS0118581, RS0113980, RS0090341).

Indem die nominell auf Z 11 erster Fall iVm Z 5 (gemeint:) zweiter Fall gestützte Rüge behauptet, das Erstgericht habe sich in der Urteilsbegründung nicht damit auseinandergesetzt, „dass der Betroffene durch das Abbrennen des Hauses den bezughabenden Konflikt gelöst hat“, somit „ein weiteres Konfliktpotential im Hinblick auf eine neuerliche Brandstiftung“ nicht mehr vorliege, spricht sie keine für die Anordnungsbefugnis der Maßnahme entscheidende Tatsache (den auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhenden Zustand, dessen Einfluss auf die Anlasstat, deren Mindeststrafdrohung oder die in § 21 Abs 3 StGB bezeichnete Ausnahme [Ratz in WK2 StGB Vor §§ 21-25 Rz 9]) an. Gleiches gilt für die Einwände, der Urteilsbegründung seien keine Hinweise auf andere „Vorfälle und Tathandlungen mit schweren Folgen“ zu entnehmen, der Verweis auf „weitere schwelende Konflikte“ sei „begründungs- und substanzlos“ geblieben, und die Zeugin Gertrude B***** habe ausgesagt, dass es „noch nie Aggressionshandlungen des Betroffenen gegeben habe“, die ebenfalls nur ein - im Verfahren über die Nichtig-keitsbeschwerde unbeachtliches - Berufungsvorbringen dar-stellen.

Entgegen der weiteren Rüge (Z 11 zweiter Fall) bringen die erstrichterlichen Konstatierungen, es bestehe „die Befürchtung bzw die Gefahr, dass es unter dem Einfluss dieser Erkrankung zu neuerlichen Vorfällen und Tathandlungen wie der verfahrensgegenständlichen kommen wird, wobei Tathandlungen mit schweren Folgen (zB neuerliche Brandstiftungen) zu befürchten sind“ (US 5), die in § 21 StGB angesprochene Befürchtung im Sinn der Bejahung einer hohen Wahrscheinlichkeit der Begehung einer mit einem Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Tat (vgl RIS-Justiz RS0090401, RS0089988) hinreichend zum Ausdruck (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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