European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00083.20T.0929.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des M***** S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
Danach hat er am 1. März 2020 in S***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schizoaffektiven Psychose, beruht, seinen Vater H***** S***** durch die sinngemäße Äußerung, „Ich bohr dir ein Loch in den Schädel“, wobei er zu deren Untermauerung einen circa 50 cm langen, in einer Bohrmaschine eingespannten Schlagbohrer (US 2:) drohend in Richtung seines Vaters in der Hand hielt, gefährlich mit einer erheblichen Verstümmelung und einer auffallenden Verunstaltung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen,
somit eine Tat begangen, die als das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen kommt keine Berechtigung zu.
Der Vorwurf der Mängelrüge, das Erstgericht habe bei Begründung der Konstatierungen zur objektiven Tatseite – im Rechtsmittel isoliert hervorgekehrte (siehe aber RIS‑Justiz RS0116504) – Details der Aussagen der Zeugen H***** und He***** S***** „gänzlich unerörtert“ gelassen (Z 5 zweiter Fall) trifft nicht zu. Die Tatrichter haben sich mit den relevierten Aussagepassagen des Zeugen H***** S***** betreffend den exakten Wortlaut der inkriminierten Äußerung, dessen Angabe, es sei „nichts gewesen“, er [der Betroffene] habe die Bohrmaschine „nach unten“ gehalten und sei „narrisch“ gewesen, und jenen der Zeugin He***** S*****, wonach sie die Polizei nur wegen der Umbauarbeiten gerufen habe, den genauen Wortlaut der inkriminierten Äußerung nicht mehr wiedergeben könne und wörtlich „Soll i di anbohren?“ gehört habe, eingehend auseinandergesetzt (US 4 f).
Der weitere Beschwerdeeinwand (Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe die Aussagen der Zeugen H***** und He***** S*****, „keine Angst“ gehabt und jene des erstgenannten Zeugen, es „nicht ernst genommen“ und sich „nicht bedroht gefühlt“ zu haben, nicht berücksichtigt, betrifft weder entscheidende noch erhebliche Tatsachen (zu den Begriffen vgl RIS‑Justiz RS0117264; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399, 409; in Bezug auf § 107 StGB vgl RS0092392 [insb T5, T10 f]).
Mit dem Hinweis auf den vom Zeugen H***** S***** geäußerten Eindruck, der Betroffene habe die Tathandlung gesetzt, weil er sich „geärgert“ habe, er hätte es aber „nicht getan“, und auf jenen der Zeugin He***** S*****, dem Betroffenen sei die Äußerung „in der Wut herausgerutscht“, übersieht der Beschwerdeführer, dass Gegenstand von Zeugenaussagen nur objektive Wahrnehmungen, nicht aber subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen oder ähnliche intellektuelle Vorgänge sein können. Derartige persönliche Einschätzungen von Zeugen sind auch nicht gesondert erörterungspflichtig (RIS‑Justiz RS0097540 [insb T10, T18]).
Die Feststellungen zur objektiven Tatseite (US 2) blieben keineswegs „insgesamt“ unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden ausführlich – den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen folgend und solcherart aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116732) – aus der „tatsachengeständigen“ Verantwortung des Betroffenen und den Aussagen der Zeugen H***** und He***** S***** abgeleitet (US 4 f).
Die Beurteilung der Eignung einer Drohung, begründete Besorgnisse (hier: vor einer erheblichen Verstümmelung und einer auffallenden Verunstaltung) einzuflößen (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB), ist eine Rechtsfrage und entzieht sich damit einer Bekämpfung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO (RIS‑Justiz RS0092538 [insb T2]).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Besorgniseignung (vgl dazu RIS-Justiz RS0092753; Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 74 Rz 33) in Frage stellt, legt sie nicht dar, weshalb eine solche bei gebotener Anlegung eines objektiv‑individuellen Maßstabs in Bezug auf die konstatierte verbale Ankündigung, dem Vater ein Loch in den Schädel zu bohren, dies bekräftigt durch einen drohend in dessen Richtung gehaltenen, rund 50 cm langen, in einer Bohrmaschine eingespannten Schlagbohrer (US 2 f), nicht gegeben sein sollte.
Soweit sie mit dem Vorwurf, das Erstgericht habe das „Verhältnis der beteiligten Personen zueinander, zu ihrem Sprachgebrauch und zu ihrem Milieu“ sowie zur „persönlichen Beschaffenheit des Vaters des Betroffenen“, zu dessen Eindruck, ob der Betroffene „in der Lage und willens sei, das Übel zu verwirklichen“ und dazu, „ob das Übel nach den konkreten Umständen von einer solchen Wichtigkeit war, dass es einen bestimmenden Einfluss auf den Vater ausgeübt hat“, nicht festgestellt, auch eine Beurteilung der Drohung als milieubedingte Unmutsäußerung anstrebt, vernachlässigt die Beschwerde prozessordnungswidrig (vgl RIS‑Justiz RS0118580 [T14]) die gegenteiligen Konstatierungen zum Bedeutungsinhalt und zur Ernstlichkeit der Äußerung (US 2 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
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