European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00080.17X.1003.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch E, demzufolge auch im Strafausspruch beider Angeklagter (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der gemeinsam mit dem
Urteil gefasste,
Ali T***** betreffende Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht
und Verlängerung der Probezeit aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst
1) erkannt:
Obaidullah O***** und Ali T***** werden vom Vorwurf, sie hätten im Februar 2016 versucht, Sadraddin Os***** dazu zu bestimmen, für den unter A/I/1/b/bd genannten Suchtgiftschmuggel Geld zur Verfügung zu stellen, also zu diesem Schmuggel beizutragen, was Os***** ablehnte, gemäß § 259 Z 3 StPO
freigesprochen.
Es werden Obaidullah O***** für die ihm weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/a/ab), nach § 28a Abs 1 (richtig:) zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/b/bd) und nach § 28a Abs 1 sechster Fall und Abs 2 Z 2 SMG (A/I/1/d), das Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 3 (A/I/1/c) sowie die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (A/II/2), Ali T***** für die ihm weiterhin zur Last liegenden Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/a/ac) und nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/b/bd und be), das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (D) sowie die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (A/II/3) jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG
Obaidullah O***** zu einer Freiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten
und Ali T***** zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
Die Anrechnung der Vorhaft wird dem Erstgericht überlassen.
2) der
Beschluss
gefasst:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO wird
vom Widerruf der Ali T***** mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt
vom 8. August 2014, AZ 50 Hv 43/13a, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Mit seiner gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung und der Beschwerde wird Ali T***** auf die Strafneubemessung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Aussprüche über den Verfall, die Einziehung, die Konfiskation und die Ansprüche des Privatbeteiligten Zehra B***** sowie einen (Teil‑)Freispruch des Ali T***** enthält, wurden Obaidullah O***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/a/ab), nach § 28a Abs 1 „fünfter“ (richtig: zweiter und dritter Fall; vgl US 27), Abs 2 Z 2 und 3 SMG (A/I/1/b/bd) und nach § 28a Abs 1 sechster Fall und Abs 2 Z 2 SMG (A/I/1/d) sowie eines Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 3 SMG (A/I/1/c) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (A/II/2), Ali T***** je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/a/ac) und nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1/b/bd und be), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (A/II/3) sowie des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (D) und beide Angeklagte eines (weiteren) Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB (E) schuldig erkannt. Hiefür wurden Obaidullah O***** zu einer vierjährigen und Ali T***** zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Danach haben sie
(A/I) vorschriftswidrig Suchtgift
1) als Mitglieder einer
kriminellen Vereinigung
a) in W***** und an anderen Orten Österreichs anderen gewinnbringend überlassen, und zwar
ab) Obaidullah O***** in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, indem er von Mitte 2013 bis 9. Mai 2016 40 Kilogramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 6.000 Gramm THCA und 800 Gramm Delta-9-THC) an Maiwand S*****, Ali T***** und andere unbekannte Abnehmer verkaufte;
ac) Ali T***** (zu ergänzen:) in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, indem er von Ende 2010 bis Ende 2012 und von 2014 bis Anfang Mai 2016 100 Kilogramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 15.000 Gramm THCA und 2.000 Gramm Delta-9-THC) an unbekannte Abnehmer verkaufte;
b) in N***** und an anderen Orten aus Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Italien aus- und nach Österreich eingeführt, und zwar
bd) „Obaidullah O***** und Ali T***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)“ (zu ergänzen:) in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, indem Ali T***** von 12. bis 14. Februar 2016 im Auftrag des Obaidullah O***** fünf Kilogramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 750 Gramm THCA und 100 Gramm Delta‑9‑THC) mit dem PKW von der Slowakei nach Österreich transportierte;
be) Ali T***** im Frühjahr 2016 930 Gramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 139,5 Gramm THCA und 18,6 Gramm Delta-9-THC), indem er das Suchtgift aus der Slowakei oder Tschechien nach Österreich transportierte;
c) Obaidullah O***** in W***** am 9. Mai 2016 415,9 Gramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 67,86 Gramm THCA und 8,97 Gramm Delta-9-THC) mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde;
d) Obaidullah O***** in W***** von März 2016 bis 9. Mai 2016 Maiwand S***** verschafft, indem er ihm zumindest sechs Ankäufe von insgesamt 900 Gramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 135 Gramm THCA und 18 Gramm Delta‑9‑THC) von Shiraz K***** und Imrankhan Sa***** vermittelte;
II) in W***** und an einem anderen Ort des Bundesgebiets in zahlreichen Angriffen ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar
2) Obaidullah O***** ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis 9. Mai 2016 und
3) Ali T***** von 9. August 2014 bis 10. Mai 2016;
(D) Ali T***** in W***** am 5. Mai 2016 Zehra B***** vorsätzlich am Körper verletzt und dadurch fahrlässig eine an sich schwere Körperverletzung herbeigeführt, indem er ihr mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch die Genannte einen verschobenen Nasenbeinbruch erlitt;
(E) „Obaidullah O***** und Ali T***** im Februar 2016 versucht, Sadraddin Os***** dazu zu bestimmen, für den unter A/I/1/b/bd genannten Suchtgiftschmuggel Geld zur Verfügung zu stellen, also zu diesem Schmuggel beizutragen, was Os***** ablehnte“.
Die dagegen von Obaidullah O***** aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO, von Ali T***** ohne Bezugnahme auf einen Nichtigkeitsgrund erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Obaidullah O*****:
Die Tatrichter haben sich in Zusammenhang mit den von der Beschwerde bekämpften Schuldsprüchen A/I/1/a/ab, A/I/1/b/bd, A/I/1/c und d sowie E ausführlich mit dem insgesamt schwankenden Aussageverhalten der Zeugen Sadraddin Os***** und Maiwand S*****, des Mitangeklagten Ali T***** (welche ihre Obaidullah O***** belastenden Depositionen in der Hauptverhandlung [teilweise] widerriefen) und des Beschwerdeführers selbst (der seine ursprünglich umfassend geständige Verantwortung in der Hauptverhandlung gleichfalls erheblich einschränkte) beweiswürdigend auseinandergesetzt und mängelfrei dargelegt, weshalb sie deren im Rahmen der Vernehmungen vor der Kriminalpolizei getätigten Angaben größere
Glaubwürdigkeit beimaßen (US 14 ff).
Der den Verfahrensergebnissen vom Schöffengericht jeweils zuerkannte Beweiswert, mithin auch die einem Zeugen oder (Mit‑)Angeklagten zugebilligte
Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, ist – so die Beurteilung nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist – einer Anfechtung unter dem Gesichtspunkt der Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0106588). Sie kann nur unter dem
Aspekt der
Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die
Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Der Bezugspunkt besteht jedoch nicht in der Sachverhaltsannahme der
Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0119422 [T2, T4]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 431 ff).
Diese Kriterien verkennt die Mängelrüge, indem sie unter Berufung auf Z 5 zweiter Fall unterlassene Erörterung von Widersprüchen innerhalb der polizeilichen Aussagen des Zeugen Sadraddin Os***** und Divergenzen zwischen der (leugnenden) Verantwortung des Ali T***** und anderen Verfahrensergebnissen kritisiert, die ausschließlich gegen den Letztgenannten und abgesondert verfolgte Angeklagte erhobene Vorwürfe betreffen und damit für die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage hinsichtlich Obaidullah O***** irrelevant sind.
Inwiefern und welchen konkreten Feststellungen dessen Angaben zum Erwerb von Cannabisblüten von Ali T*****, die im Urteil im Übrigen ohnehin einer Würdigung unterzogen wurden (US 21 f), erörterungsbedürftig entgegen stehen sollten, erklärt die Beschwerde nicht.
Indem sie aus der fehlenden Schuldbildung des Beschwerdeführers, angeblichen – vom Erstgericht allerdings verneinten (US 17 f) – Verständigungsproblemen mit der von der Kriminalpolizei beigezogenen Dolmetscherin und behaupteten – im Urteil gleichfalls erörterten (US 19 f) – Übersetzungsfehlern Unrichtigkeit des dort protokollierten umfassenden Geständnisses des Obaidullah O***** abzuleiten trachtet und dessen Aussage im Ermittlungsverfahren einen anderen Sinngehalt als die Tatrichter unterstellt, erschöpft sie sich in unzulässiger Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Gleiches gilt für den Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall), mit dem keine unrichtige Wiedergabe des Inhalts von Ergebnissen der (auch den Telefonanschluss des Beschwerdeführers betreffenden) Nachrichtenüberwachung oder der Aussage des Zeugen Sadraddin Os***** aufgezeigt, sondern aus diesen Verfahrensergebnissen bloß andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse gezogen werden als jene des Erstgerichts (RIS‑Justiz RS0099431).
Soweit die Rüge das Vorbringen trotz zuvor geäußerter Kritik an den gerade die ins Treffen geführten Telefongespräche und einen diesbezüglichen Übersetzungs- oder Übertragungsfehler („12.000 Geld“ statt „1.200 Geld“; US 20) betreffenden Erwägungen der Tatrichter auch auf Z 5 zweiter Fall stützt, erweist sie sich als unschlüssig.
Widersprüchlichkeit der Begründung (Z 5 dritter Fall) wird mit der Sache nach angestellten Plausibiliätserwägungen zu den Bekundungen des Zeugen Sadraddin Os***** nicht aufgezeigt. Inwiefern nämlich die Beweiswürdigung zu dessen Aussage bezüglich der von Ali T***** verkauften Suchtgiftmengen (US 21) in logischem Widerspruch zur Annahme eines – von Ali T***** zugestandenen – Erwerbs geringer Mengen Cannabisblüten von Obaidullah O***** (US 15) stehen oder die Feststellungen zum Verkauf von 40 Kilogramm Cannabisblüten durch den Beschwerdeführer (US 7) unvereinbar mit jenen sein sollten, wonach er Sadraddin Os***** um Finanzierung des Ankaufs oder Schmuggels von Suchtgift ersuchte (US 11 f), erklärt die Rüge nicht.
Die Ableitung eines durchschnittlichen Reinheitsgehalts des tatverfangenen Suchtgifts von 15 % THCA und 2 % Delta-9-THC aus dem Gutachten des Sachverständigen, der hinsichtlich der sichergestellten Cannabisblüten Werte zwischen 13,86 und 16,21 % THCA und zwischen 1,87 und 2,9 % Delta-9-THC ermittelte (US 25), begegnet entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) unter dem Gesichtspunkt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (vgl RIS‑Justiz RS0099508). Dass das Erstgericht seinerseits die Fundstelle der Expertise in den Akten nicht nannte, ändert daran nichts.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ali T*****:
Indem die Beschwerde ohne jede Bezugnahme auf konkrete Schuldsprüche, die Entscheidungsgründe und den Akteninhalt unsubstantiiert Verfahrens- und Begründungsmängel sowie „Rechtsfehler“ behauptet, einen in diesem Zusammenhang völlig unverständlichen Rechtssatz zitiert und dazu ausführt, das Erstgericht habe „einen auf unrechtmäßigen Suchtgifthandel gerichteten Vorsatz … auf die Aussagen von zwei Zeugen (gegründet), mit denen der Angeklagte verfeindet ist bzw von denen er sogar bedroht wurde und die den Angeklagten fälschlich beschuldigten“, auch die aufgezeichneten Telefongespräche würden nicht belegen, „dass der Angeklagte mit Drogen gehandelt oder solche befördert hätte“ und zudem sei „völlig unberücksichtigt“ geblieben, dass der Beschwerdeführer „gar nicht Auto fahren kann und auch keinen Führerschein habe“ (vgl im Übrigen US 22 f), macht sie einen Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt geltend, sondern bekämpft bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil im Schuldspruch E nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a) anhaftet, die sich zum Nachteil der Angeklagten auswirkt und demnach von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Nach den insoweit wesentlichen Feststellungen hatten Obaidullah O***** und Ali T***** im Februar 2016 vor Durchführung der vom Schuldspruch A/I/1/b/bd umfassten Ausfuhr von fünf Kilogramm Cannabisblüten (Reinsubstanz 750 Gramm THCA und 100 Gramm Delta-9-THC) aus der Slowakei und Einfuhr dieses Suchtgifts nach Österreich (durch Ali T***** im Auftrag des Obaidullah O*****) bei Sadraddin Os***** „nachgefragt, ob er ihnen dafür Geld geben könne“ und den Genannten dadurch – bewusst und gewollt – „zu bestimmen versucht“, „einen sonstigen Beitrag zum Suchtgiftschmuggel“ zu leisten, was dieser jedoch ablehnte (US 11 f).
Die rechtliche Beurteilung dieses Verhaltens als (neben jenem zu A/I/1/b/bd weiteres) Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB ist rechtlich verfehlt, weil der – wie hier – erfolglose Versuch der Anwerbung eines Dritten zur Leistung eines sonstigen Beitrags (§ 12 dritter Fall StGB) zu einer strafbaren Handlung, an der der Anwerbende in irgendeiner Form (hier: Ali T***** als unmittelbarer Täter und Obaidullah O***** als Bestimmungstäter; § 12 zweiter Fall StGB) mitwirken will, bloß eine straflose Vorbereitungshandlung darstellt (RIS‑Justiz RS0090486; Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 189 ff [Rz 194 f]; Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 49, 108).
Amtswegige Aufhebung dieses Schuldspruchs und damit auch der Strafaussprüche beider Angeklagter sowie des – Ali T***** betreffenden – gemeinsam mit dem Urteil gefassten (nicht ausgefertigten) Beschlusses auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht und Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit (ON 404 S 22) war die Konsequenz dieses Rechtsfehlers.
Da eine Subsumtion des vorgeworfenen Verhaltens auch nach einem anderen Tatbestand vorliegend nicht in Betracht kommt, war sogleich
in der Sache selbst auf Freispruch zu erkennen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Fall StPO).
Bleibt anzumerken, dass die – ersichtlich auf einem schon der Anklagebehörde unterlaufenen Schreibfehler (ON 226 S 5, 8) beruhende – irrtümliche Unterstellung der vom Schuldspruch A/I/1/b/bd umfassten Tat (nur) des Obaidullah O***** unter § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Z 3 SMG anstatt richtig nach (§ 12 zweiter Fall StGB) § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Z 3 SMG (vgl demgegenüber die zutreffende Subsumtion hinsichtlich Ali T***** sowie die Ausführungen in US 27) – zufolge gleicher Strafdrohung der beiden Verbrechen und der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB (RIS-Justiz RS0117604; Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 119, Ratz , WK-StPO § 281 Rz 646) – ohne Nachteil für diesen Angeklagten blieb, sodass insoweit zu einer amtswegigen Maßnahme keine Veranlassung bestand.
Bei der erforderlichen Strafneubemessung waren bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), die Erfüllung der Qualifikation des Abs 2 Z 2 des § 28a SMG neben jener des Abs 4 Z 3 (Obaidullah O***** zu A/I/1/a/ab, Ali T***** zu A/I/1/a/ac sowie A/I/1/b/bd und be) oder des Abs 2 Z 3 (Obaidullah O***** zu A/I/1/b/bd; RIS‑Justiz RS0115237, RS0100027) sowie die mehrfache Überschreitung der in § 28a Abs 4 Z 3 SMG normierten Suchtgiftmenge (Obaidullah O***** zu A/I/1/a/ab und Ali T***** zu A/I/1/a/ac; RIS‑Justiz RS0088028; Ebner in WK2 StGB § 32 Rz 64), bei Ali T***** zudem eine einschlägige Vorverurteilung erschwerend, das teilweise Geständnis beider Angeklagter (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie deren
Alter unter 21 Jahren (bei den Tathandlungen des Obaidullah O***** bis zum 4. November 2013 und jenen des Ali T***** bis zum 26. Mai 2015; § 34 Abs 1 Z 1 StGB), bei Obaidullah O***** zusätzlich dessen bisher ordentlicher Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) mildernd zu werten.
Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe (§ 32 StGB) entspricht bei einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bei Obaidullah O***** eine solche von drei Jahren und sechs Monaten, bei Ali T***** eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten dem Unrechts‑ und Schuldgehalt der Taten sowie der Täterpersönlichkeit.
Die Anrechnung der Vorhaft kommt gemäß § 400 Abs 1 StPO dem Erstgericht zu.
Einem allfälligen
Widerruf der Ali T***** zu AZ 50 Hv 43/13a des Landesgerichts Eisenstadt gewährten bedingten Strafnachsicht steht schon das Verbot der reformatio in peius entgegen. Die diesbezügliche– hinsichtlich einer Verurteilung wegen § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 und Abs 3 SMG bestimmte – Probezeit war mit Blick auf die erhebliche, neuerlich einschlägige Delinquenz zu verlängern.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte Ali T***** auf die
Strafneubemessung, mit seiner impliziten (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) Beschwerde auf die Beschlussfassung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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