OGH 14Os71/17y

OGH14Os71/17y3.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adam A***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 5. Mai 2017, GZ 35 Hv 15/17a‑83, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00071.17Y.1003.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Adam A***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. November 2016 in I***** Andres O***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihm mit einer Eisenstange mehrere massive Schläge gegen den Kopf versetzte, wodurch dieser eine Quetsch‑Rissverletzung der Kopfschwarte an der hohen Hinterkopfregion mit Impressionsbruch des knöchernen Schädels, eine ungeformte Quetsch‑Rissverletzung oberhalb der linken Augenbraue und mehrere umschriebene stumpfmechanische Gewalt‑ einwirkungen gegen die Kleinfingerseite des linken Unterarms erlitt.

Die Geschworenen haben die dem Schuldspruch zugrunde liegende (anklagekonforme) Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB bejaht, die Zusatzfrage nach Notwehr, Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt, Putativnotwehr und Putativnotwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt verneint und die in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, § 84 Abs 4 und 5 Z 1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB gestellten Eventualfragen unbeantwortet gelassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus den Gründen des § 345 Abs 1 Z 6, 9 und 13 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Gestützt auf die Verantwortung des Angeklagten, wonach er sich nur verteidigen habe wollen, reklamiert die Fragenrüge (Z 6) die Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB.

Gesetzeskonforme Ausführung einer solchen verlangt vom Beschwerdeführer die deutliche und bestimmte Bezeichnung einerseits der vermissten Fragen, andererseits jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen, vorliegend somit eines die begehrte Eventualfrage indizierenden Tatsachensubstrats (RIS‑Justiz RS0117447; Ratz , WK‑StPO § 345 Rz 23). Beruft sich der Angeklagte dabei auf seine eigene Verantwortung, darf der Nachweis der Nichtigkeit nicht auf Grundlage isoliert herausgegriffener Teile dieser geführt werden, sondern ist die Einlassung in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (vgl RIS‑Justiz RS0120766 [T3]).

Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, vernachlässigt sie doch, dass der Angeklagte den für die Verwirklichung des Verbrechens des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB erforderlichen (RIS-Justiz

RS0092113) Tötungsvorsatz dezidiert in Abrede gestellt hat (ON 82 S 7 f, 11, 15, 51), sodass schon aus diesem Grund kein Sachverhalt genannt wird, welcher indiziert, der Angeklagte habe sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zu einer Tötungshandlung hinreißen lassen (vgl 15 Os 151/15t, 15 Os 72/97).

Weshalb der Wahrspruch zur Hauptfrage undeutlich sein soll, macht die Rüge (Z 9) mit der Behauptung, „die Befassung mit den Eventualfragen in Richtung der Tatbestände der absichtlichen oder schweren Körperverletzung (die jedoch – wie dargelegt – tatsächlich unbeantwortet geblieben sind) und den zur [gemeint:] Hauptfrage gestellten Zusatzfragen nach Bejahung der Hauptfrage“ würden deutlich zeigen, „dass aufgrund der unrichtigen Fragestellung und Rechtsbelehrung bei den Geschworenen Unklarheiten aufgetreten sind, die zu diesem undeutlichen Wahrspruch führen mussten“, nicht klar (RIS‑Justiz RS0101020).

Die Sanktionsrüge (Z 13) bringt mit der Behauptung, die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe erweise sich unter Berücksichtigung aller general‑ und spezialpräventiven Gründe als zu hoch, nur ein Berufungsvorbringen zur Darstellung (vgl RIS‑Justiz RS0099954). Soweit die Beschwerde auf die Berufungsausführungen verweist, orientiert sie sich ebenfalls nicht an den Anfechtungskriterien des § 345 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StPO (RIS-Justiz RS0116960).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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