Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Freispruch II und III aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Franz K*****, Dr. Franz S***** und Ingrid W***** von der wider sie erhobenen Anklage, es hätten in Wien
I. Franz K***** und Dr. Franz S***** in der Zeit von September 1994 bis 4. Mai 1995 mit dem Vorsatz, Franz K*****, Dr. Franz S***** und die Franz K***** GmbH unrechtmäßig zu bereichern, den Geschäftsführer der H***** S***** P***** Seniorenheim GmbH (im Folgenden kurz: S***** GmbH) Gustav B***** sowie die Gesellschafter Dr. Walter W***** und Dr. Thomas G***** durch die Vospiegelung einer seriösen Planung und ordnungsgemäßen Gestion bei dem Projekt P***** Seniorendomicil, insbesondere durch wahrheitswidrige Angaben über die Werthaltigkeit der Liegenschaft EZ *****, und den an die Verkäufer bezahlten Preis von richtig nur 73 Mio S und Verschweigen, dass die Differenz zu dem im Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreis von 100 Mio S Franz K*****, Dr. Franz S***** und der Franz K***** GmbH zufließen sollte, zum Ankauf einer Liegenschaft um einen überhöhten Kaufpreis von insgesamt 100 Mio S, somit zu einer vermögensschädigenden Handlung verleitet, wodurch die S***** GmbH bzw deren Gesellschafter Dr. G***** und Dr. W***** und das finanzierende Geldinstitut die V*****bank einen Schaden von mindestens 27 Mio S erlitten;
II. Dr. Franz S***** und Ingrid W***** am 6. April 1996 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter ein falsches Beweismittel mit dem Vorsatz, es in einem gerichtlichen oder finanzbehördlichen Verfahren als Beweismittel zu gebrauchen, hergestellt, und zwar eine (inhaltlich falsche) Quittungsurkunde (bezeichnet als Erklärung) über den Erhalt von 27 Mio S als Provision durch Ingrid W***** anlässlich des oben zu I. beschriebenen Grundstückkaufes;
III. Franz K***** im Frühjahr 1995 Dr. Franz S***** und Ingrid W***** zur unter II. beschriebenen Fälschung eines Beweismittels bestimmt
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der teilweise Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Zum Freispruchsfaktum I:
Das Erstgericht hat den bekämpften Freispruch vom Vorwurf des Betruges sowohl mit nicht feststellbarer Vermögensschädigung (der Wert des Kaufobjektes wurde mit zumindest 100 Mio S angenommen) als auch mit fehlendem Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz begründet (US 4 und 12). Eine erfolgreiche Bekämpfung der für den Freispruch maßgeblichen Aussprüche kann demnach im Rahmen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 nur durch Aufzeigen eines die Strafverfolgung beeinträchtigenden Verfahrensmangels oder eines diesen Negativfeststellungen anhaftenden formellen Begründungsmangels erfolgen.
Als Verletzung von Strafverfolgungsrechten rügt die Beschwerdeführerin die Abweisung ihres in der Hauptverhandlung am 4. Oktober 2000 gestellten Beweisantrages (Z 4) auf Einvernahme der Zeugen Rudolf H***** und N. K***** zum Beweis dafür, dass es sich bei dem (für den Angeklagten K*****) an Dr. S***** vorgelegten (Rekta-)Scheck der Bank ***** um Fremdkapital handelte und somit nur 17,5 Mio S als Eigenkapital zur Verfügung standen (S 219, 221/XVII); dies jedoch zu Unrecht.
Denn dieser Beweisantrag zielte (sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinngehalt) nicht auf die Klärung einer Tatfrage ab, sondern - wie auch das Erstgericht in seiner ablehnenden Entscheidung bereits zutreffend ausgeführt hat - auf die Beantwortung einer Rechtsfrage (aus dem Vorfragenbereich, ob nämlich ein jeder Verfügung entzogener Rektascheck [siehe US 10, 11] Eigen- oder Fremdkapital darstellt), die das Gericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung des inkriminierten Sachverhaltes selbständig zu entscheiden hat. Die begehrte Beweisaufnahme betraf somit keine beweisbedürftige, rechtserhebliche Tatsache (§ 254 StPO), weshalb sie zu Recht abgelehnt worden ist. Im Übrigen kommt es vorliegend für die Entscheidung, ob durch das Verhalten der Angeklagten K***** und Dr. S***** der Tatbestand des schweren Betruges verwirklicht wurde, nicht darauf an, ob der genannte Scheck als Eigen- oder Fremdmittel zu qualifizieren ist, wurde dieser doch weder als betrugsrelevantes Täuschungsmittel (über den Wert der Liegenschaft) eingesetzt, noch hat seine Vorlage zu einer Vermögensschädigung geführt.
Mit ihrer Mängelrüge (Z 5) vermag die Staatsanwaltschaft einen Begründungsmangel in der Bedeutung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht aufzuzeigen.
Da das Erstgericht in seinen Urteilsgründen ersichtlich ohnehin davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte K***** in dem verfahrensgegenständlichen Kaufgeschäft die Möglichkeit sah, für sein Unternehmen auf Kosten der Mitgesellschafter Geld zu lukrieren, und er diese sowie den Geschäftsführer der S***** GmbH Gustav B***** nicht über die mit der Verkäuferin abgeschlossene "Überpreisvereinbarung" in Kenntnis setzte, kann aus der vermissten Erörterung der in der Beschwerde erwähnten Verfahrensergebnisse (Angaben der Zeugen Dr. W***** und Z***** über die Beweggründe für ihre Beteiligung an der Gesellschaft bzw das vorzeitige Ausscheiden des Peter Z***** sowie die vom Zeugen Dr. W***** bekundete Bestreitung einer Provisionsannahme durch den Angeklagten K*****) - aus der Sicht der Beschwerdeführerin - ein entscheidungsrelevanter Begründungsmangel nicht abgeleitet werden.
Der Frage, ob die Angeklagten K***** und Dr. S***** auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses (K***** als Mitgesellschafter, Dr. S***** als Vertragsverfasser im Auftrag der Käuferin und Treuhänder der Gesellschafter) zu einer umfassenen Aufklärung des Geschäftsführers der S***** GmbH bzw deren Gesellschafter Dr. G***** und Dr. W***** über die Hintergründe der Kaufpreisbildung, insbesondere über die Höhe der Franz K***** zukommenden Provision, verpflichtet gewesen wären, den beiden also (auch) eine Täuschung durch Unterlassung angelastet werden könnte, kommt im Hinblick darauf, dass dem bezahlten Kaufpreis ein entsprechendes wirtschaftliches Äquivalent gegenüberstand, eine Vermögensschädigung sohin nicht eingetreten ist, und auch ein Schädigungsvorsatz nicht festgestellt werden konnte, keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu; sie war daher auch nicht weiter erörterungsbedürftig.
Der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand, dass die S***** GmbH im Juni 1995 bereits ohne Eigenmittel dastand, ist vorliegend für die Ermittlung des Betrugsschadens bedeutungslos und bedurfte daher ebensowenig einer Auseinandersetzung im Urteil wie der Umstand, dass Dr. W***** um einen Betrag von 6 Mio S und die V*****bank um einen solchen von 100 Mio S geschädigt fühlt.
Der Einwand fehlender Feststellungen im Rahmen der Mängelrüge ist schon grundsätzlich verfehlt, weil mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 nur Begründungsfehler in Ansehung entscheidender, im Urteil festgestellter Tatsachen geltend gemacht werden können; im Übrigen erweisen sich die bezüglichen Beschwerdeausführungen auch unter dem Gesichtspunkt der Z 9 lit a nicht zielführend.
Die Beschwerde lässt nämlich nicht erkennen, aus welchen Gründen Konstatierungen über die Entstehung und den Umfang der S***** GmbH und vor allem der Gesellschaftsverträge über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft zwischen der S***** GmbH und den Gesellschaftern K*****, Dr. G***** und Dr. W***** sowie über die Stellung und Aktionsbefugnis des Angeklagten K***** und seines Rechtsvertreters Dr. S***** für eine Verurteilung wegen Betruges von Bedeutung sein sollten, weshalb sie insoweit eine prozessordnungsgemäße Ausführung vermissen lässt.
Die weiteren unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung relevierten Feststellungsmängel liegen nicht vor, ist doch dem Urteil ohnehin eindeutig zu entnehmen, dass das Erstgericht - entsprechend dem Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" - von einem objektiven Wert des Kaufobjektes von zumindest 100 Mio S zum Verkaufszeitpunkt ausgegangen ist (US 4) und Dr. S***** den Kaufvertrag über Auftrag der Käuferin auf deren Kosten errichtet hat (US 10).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entspricht insgesamt nicht dem gesetzlichen Erfordernis der deutlichen und bestimmten Bezeichnung der dem relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund bildenden Tatumstände (§ 285a Z 2 StPO).
Dies trifft zunächst auf die Beschwerdebehauptung zu, bei richtiger rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung des § 178 HGB hätte das Erstgericht zu einem Schuldspruch gelangen müssen; wird doch unterlassen darzutun, inwiefern dem Erstgericht bei der Anwendung des Gesetzes ein Rechtsirrtum unterlaufen sein soll (Mayerhofer StPO4 § 285a E 44, 45).
Mit dem Einwand, das Erstgericht hätte keinesfalls einen Freispruch fällen dürfen, weil die Verfügung der beiden Angeklagten über die von den Gesellschaftern der S***** GmbH erlegten Eigenmittel bei Nichtannahme eines Betruges den Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB verwirklicht hätte, wofür aber jegliche Feststellungen fehlen würden, verkennt die Beschwerdeführerin, dass die gesetzmäßige Ausführung einer einen Feststellungsmangel geltend machenden Rechtsrüge die Behauptung erfordert hätte, dass die Verfahrensergebnisse auf bestimmte für die (in Richtung des § 153 StGB angestrebte) Subsumtion rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet eine entsprechende klärende Feststellung unterlassen wurde. Der vorliegenden Beschwerde mangelt es jedoch an einem Vorbringen, welche - durch die Beweisergebnisse indizierten - Feststellungen das Erstgericht infolge eines Irrtums über das materielle Recht nicht getroffen habe (14 Os 1/01, 13 Os 26/00, 13 Os 100/99 ua).
Letztlich ist auch aus dem Vorbringen, ab 5. April 1995 sei ausschließlich der Geschäftsführer der S***** GmbH über deren Eigenmittel verfügungsberechtigt gewesen, nicht aber die Angeklagten K***** und Dr. S*****, für den Standpunkt der Anklagebehörde nichts zu gewinnen, da der Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB das Vorliegen einer entsprechenden Verfügungsbefugnis bei den Angeklagten voraussetzen würde.
Zu den Freispruchsfakten II und III:
Der Freispruch vom Vorwurf der Fälschung eines Beweismittels (§ 293 Abs 1 StGB) wurde vom Erstgericht damit begründet, dass die zur subjektiven Tatseite leugnende Verantwortung sämtlicher Angeklagter mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht zu widerlegen gewesen sei, sodass ein Vorsatz, die Urkunde in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zu gebrauchen, nicht habe festgestellt werden können.
Zutreffend macht die Beschwerde - unter dem Gesichtspunkt einer widersprüchlichen (richtig: unvollständigen) Begründung - geltend, das Erstgericht habe die Angeklagten belastende Verfahrensresultate völlig unwürdig und unerörtert gelassen.
Wenngleich das Gericht nach § 258 Abs 2 StPO in der Beweiswürdigung vollkommen freie Hand hat und nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO nur verpflichtet ist, die entscheidenden Umstände in gedrängter Darstellung abzufassen, ohne sämtliche Verfahrensergebnisse detailliert zu erörtern, muss es in jedem Fall das wesentliche Beweismaterial verwerten und - falls sich der Schöffensenat für die Glaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung der Angeklagten entscheidet - formell einwandfrei dartun, aus welchen Gründen es die in entgegengesetzte Richtung weisenden Beweisergebnisse für belanglos oder nicht hinreichend überzeugend hält. Wegen Unvollständigkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen ist demzufolge ein Urteil dann nichtig, wenn das Gericht bei einer solchen Feststellung in der Hauptverhandlung erörterte Tatsachen oder aufgenommene Beweise oder sonst im Beweisverfahren hervorkommende Umstände mit Stillschweigen übergeht oder ungewürdigt lässt. Das gilt auch dann, wenn das Erstgericht eine seinen Annahmen entgegenstehende Tatsache in seinem Urteil zwar erwähnt, nicht aber die Gründe anführt, wie es über sie hinweggekommen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 57 f, 61 ff und 65).
Vorliegend hat das Erstgericht insbesondere die Aussage der Angeklagten Ingrid W***** anlässlich ihrer Vernehmung vor Beamten der Kriminalabteilung des LGK für Niederösterreich vom 25. September 1997 (AS 105 ff/II), wonach K***** ihr gegenüber angegeben habe, die (inkriminerte) "Erklärung" zu benötigen, da er nicht bei der Finanz aufscheinen wolle, bei der Lösung der Schuldfrage völlig unerwähnt gelassen. Weitere entscheidungswesentliche Umstände, dass nämlich der von der Verkäuferin erteilte Verkaufsauftrag für den Fall der Erziehlung eines Überpreises die Übermittlung eines zur Vorlage an die Finanzbehörde geeigneten Beleges vorsieht (S 87/XIII) und die schriftliche "Erklärung" der Angeklagten Ingrid W***** vom 6. April 1995 den finanztechnischen Ausdruck "Einmalgeschäft" enthält, sind zwar im Urteil festgestellt (US 5 und 12), das Schöffengericht hat es jedoch - wie die Beschwerde zu Recht aufzeigt - unterlassen, hiezu beweiswürdigend Stellung zu nehmen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass es bei der gebotenen Erörterung dieser Beweisergebnisse zu einer anderen Beurteilung der leugnenden Verantwortung der Angeklagten und zu anderen (gegenteiligen) Feststellungen gelangt wäre.
Diese von der Staatsanwaltschaft zutreffend gerügten Begründungsmängel bewirken Nichtigkeit der bekämpften Entscheidung nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO in den Freispruchsfakten II und III, weshalb sich insoweit die (Teil-)Aufhebung und die nochmalige Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht als unvermeidlich erweisen.
Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
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