OGH 13Os100/99

OGH13Os100/991.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. September 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. E. Adamovic, Dr. Schmucker und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jäger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes D***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10. August 1998, GZ 39 Vr 1325/96-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johannes D***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in O***** und anderenorts mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der Raiffeisenbank O***** reg.Gen.mbH durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese Bank am Vermögen in einem insgesamt 500.000 S übersteigenden Betrag schädigten, und zwar

1. am 19. Juli 1994 bzw am 24. Jänner 1995 durch das Verschweigen von Vorverbindlichkeiten in Millionenhöhe zum Abschluß des Darlehensvertrages vom 26. Juli 1994 bzw zu dessen Verlängerung am 24. Jänner 1995 und zur Zuzählung eines Darlehens in der Höhe von 450.000 S;

2. in der Zeit zwischen 2. Feber 1995 bis Mitte 1995 durch die falschen Vorgaben, zur Besicherung ein Sparbuch mit einem Einlagestand von 200.000 DM zur jederzeitigen und freien Verfügung zu besitzen, sowie aus dem Verkauf eines bei der Raiffeisenbank O***** reg.Gen.mbH im Depot verwahrten echten Gemäldes eine Provision in der Höhe von ca 800.000 S zu erwarten, zur Gestattung einer über die bestehende grundbücherliche Besicherung von 243.000 S hinausgehenden Überziehung der Konten Nr. 60806 und 10553 im Umfang von 571.516 S;

3. am 13. April 1995 durch die falsche Vorgabe, aus einem Versicherungsfall innerhalb von 14 Tagen eine Entschädigung zu erhalten, zur Gestattung einer Barbehebung von 250.000 S vom Konto Nr. 10553;

und er habe hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gegen diesen Freispruch richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 (gemeint offenbar Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt:

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, daß schon auf der Basis von Feststellungen des Erstgerichtes eine Verurteilung des Angeklagten wegen des vom inkriminierten Sachverhalt miterfaßten Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB geboten gewesen wäre. Zwar hat das Erstgericht Konstatierungen über Verbindlichkeiten von ca 2 Mio S aus einem zurückliegenden Konkursverfahren zweier Firmen, bei denen der Angeklagte geschäftsführender Gesellschafter war, über eine Kreditverbindlichkeit des Angeklagten von mehr als 2,1 Mio S, der zwar eine aushaftende, aber als uneinbringlich zu wertende Forderung in eben dieser Höhe gegenübersteht, über das Verschweigen von Vorkrediten im Ausmaß von zusammen 3,18 Mio S und über die wegen mehrerer andrängender Gläubiger vom Bezirksgericht N***** am 24. Juni 1996 beschlossene Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Angeklagten getroffen, bei dem allein die Raiffeisenbank O***** reg.Gen.mbH Forderungen von zusammen ca 900.000 S anmeldete. Diese Feststellungen vermögen aber schon mangels Urteilsannahmen zur Kausalität der allenfalls als kridaträchtig iSd § 159 Abs 1 Z 1 StGB zu bewertenden, in der Anklage als Betrug inkriminierten Handlungen für den Eintritt einer zeitlich in keiner Weise bestimmten und gleichfalls nicht konstatierten Zahlungsunfähigkeit beim Angeklagten einen von der Anklagebehörde letztlich angestrebten Schuldspruch nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB nicht zu tragen.

Die Staatsanwaltschaft räumt in der Folge auch ein, daß diese Feststellungen für einen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB nicht hinreichen, behauptet aber "bestimmte" Verfahrensergebnisse, die wiederum auf "bestimmte(,) für diese Subsumtion rechtlich erhebliche Umstände" hinweisen. Die Beschwerdeführerin unterläßt allerdings in diesem Zusammenhang die nach § 285a Z 2 StPO gebotene deutliche und bestimmte Bezeichnung dieser den Nichtigkeitsgrund bildenden Umstände.

Die im Anschluß daran mit dem nicht weiter spezifizierten Hinweis auf unterlassene Feststellungen betreffend zahlreiche, bereits im Jahr 1995 gegen den Angeklagten geführte Exekutionen angestellten Erwägungen, "ob" diese Kreditaufnahmen zumindest mitkausal für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit waren, sowie die Kritik an einer fehlenden Aufklärung des Zeitpunktes, ab dem die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten eintrat, welche (allenfalls) aus den beim Bezirksgericht Neumarkt anhängigen Schuldenregulierungsverfahren angemeldeten Gläubigerfor- derungen abgeleitet werden "könnte", bringen eine der Anklagebehörde verwehrte (§ 281 Abs 2 StPO), überdies auf Erkundungsbeweise abstellende Aufklärungsrüge im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO zum Ausdruck, ohne daß die Beschwerdeführerin dadurch die für die Geltendmachung eines Feststellungsmangels iSd § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO notwendigen konkreten Hinweise auf sich aus dem Akt ergebende beweismäßige Grundlagen für alle zur Erfüllung des ihrer Ansicht nach begründeten Tatbestandes notwendigen, indes unterbliebenen Konstatierungen darzustellen vermag.

Soweit die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten nunmehr eine verspätete Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie das Eingehen neuer Schulden und die Bezahlung alter Schulden (gemeint offensichtlich bei bestehender Zahlungsunfähigkeit) anlastet, läßt die Nichtig- keitsbeschwerde erneut deutliche und bestimmte Hinweise auf jene Verfahrensergebnisse vermissen, aus welchen der für diese Schlußfolgerungen iSd § 159 Abs 1 Z 2 StGB maßgebliche Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit und die behauptete Gläubigerbenachteiligung abgeleitet werden könnte.

Im Hinblick auf den sich bis Mitte 1995 erstreckenden Anklagezeitraum (Anklagepunkt 2.) und die dort inkriminierten betrügerischen Tathandlungen entzieht sich allerdings ein gemäß diesem Beschwerdevorbringen erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gesetzten Verhalten des Angeklagten einer Beurteilung durch das Gericht, welches zwar den Sachverhalt (rechtlich) in jeder Richtung (und zwar bei einem Betrugsvorwurf auch im Hinblick auf kridaträchtige Tathandlungen iSd Vergehens der fahrlässigen Krida nach Z 1 des § 159 Abs 1 StGB unabhängig vom tatsächlichen Eintritt des deliktischen Erfolgs; vgl 14 Os 64/94) zu prüfen hat, dessen ungeachtet aber an die - bezogen auf eine Handlung gemäß der Z 2 des § 159 Abs 1 StGB nach wie vor bestehenden - Grenzen des in der Hauptverhandlung vom 10. August 1998 nicht ausgedehnten Anklagesachverhalts gebunden ist (§ 262 StPO).

Da die Beschwerdeführerin weder in der Anmel- dung noch in der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde jene Tatumstände, die den Nichtigkeitsgrund bilden sollen, deutlich und bestimmt bezeichnete, erweist sich die Rechtsrüge insgesamt als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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