OGH 14Os43/92

OGH14Os43/9213.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Held als Schriftführer, in der Strafsache gegen Milan K***** und Imrich R***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4.September 1991, GZ 6 b Vr 3.664/90-89, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler, der Angeklagten und deren Verteidiger Dr.Soyer und Dr.Geissler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milan K***** wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG laut Punkt II des Urteilssatzes sowie in dem ihn betreffenden finanzstrafrechtlichen Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Milan K***** hat am 28.März 1990 in Wien versucht, eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden ist, nämlich die von Imrich R***** laut Punkt I/1 des Schuldspruchs eingeführte Menge von ca. 2 kg Heroin mit einem darauf entfallenden Abgabenbetrag von 509.339 S durch die zu Punkt I/2 beschriebene Vorgangsweise zu verhandeln.

Milan K***** hat hiedurch das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhehlerei nach §§ 13, 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und wird hiefür nach § 37 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 40.000 (vierzigtausend) S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 4 (vier) Wochen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milan K***** sowie die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Imrich R***** verworfen.

Den Berufungen wird Folge gegeben und es werden die verhängten Freiheitsstrafen beim Angeklagten Milan K***** auf 5 (fünf), beim Angeklagten Imrich R***** auf 4 (vier) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Angeklagte Milan K***** des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG (I/2), des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG (II) sowie der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB (III/1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 Z 4 StGB (III/2), der Angeklagte Imrich R***** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, 15 StGB (I/1) und des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG (II) schuldig erkannt.

Milan K***** wurde hiefür nach §§ 28 Abs. 1 StGB, 12 Abs. 3 SGG zu 7 Jahren, Imrich R***** nach § 12 Abs. 3 SGG zu 5 Jahren Freiheitsstrafe sowie beide Angeklagten nach §§ 22 Abs. 1, 35 Abs. 4 FinStrG zu je 50.000 S Geldstrafe (für den Fall der Uneinbringlichkeit je 5 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

Gemäß § 13 Abs. 1 SGG wurde das sichergestellte Suchtgift (1943,30 Gramm Heroin, davon 1422,50 Gramm reine Heroinbase) eingezogen.

Die bei beiden Angeklagten seit 28.März 1990 andauernde Vorhaft wurde gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die verhängten Strafen angerechnet.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches haben am 28.März 1990

I.

"Milan K***** und Imrich R***** in Wien und anderen Orten teilweise im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter ein Suchtgift in einer Menge, welche die im § 12 Abs. 1 SGG genannte große Menge um das 25-fache bei weitem übersteigt, nämlich ca. 2 kg Heroin aus der CSFR aus- und nach Österreich eingeführt sowie in Wien in Verkehr zu setzen versucht, und zwar:

1. Imrich R***** allein in Berg (ca.) 2 kg Heroin aus der CSFR aus- und nach Österreich eingeführt, sowie

2. Milan K***** und Imrich R***** in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter durch den beabsichtigten Verkauf des Suchtgiftes an einen verdeckten Fahnder des Bundesministeriums für Inneres in Verkehr zu setzen versucht;

II.

Milan K***** und Imrich R***** in Berg durch die zu I beschriebene Vorgangsweise eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen;

III.

Milan K***** allein in Wien

1. Bez.Insp.Herbert B***** mit Gewalt, indem er ihm eine Tasche gegen den Kopf warf sowie Schläge und Tritte versetzte, an einer Amshandlung, nämlich der Durchsetzung der Festnahme, zu hindern versucht;

2. Bez.Insp.Herbert B***** durch Schläge und Tritte, die eine Verstauchung beider (gemeint: zweier) Finger und Hautabschürfungen an den Händen zur Folge hatten, am Körper verletzt, wobei er die Tat an einem Beamten während der unter III/1 genannten Vollziehung seiner Aufgaben begangen hat."

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, die Milan K***** auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a StPO, Imrich R***** auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO stützt. Den Strafausspruch - und zwar nach den Berufungsanträgen ersichtlich nur in Ansehung der nach dem Suchtgiftgesetz verhängten Freiheitsstrafen - fechten sie mit Berufung an.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Milan K*****:

In der Hauptverhandlung vom 3.Juli 1991 (ON 78) wurde über Antrag des Staatsanwaltes dem Zeugen Obstlt.Franz D*****, einem leitenden Beamten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität beim Bundesministerium für Inneres und unmittelbarem Vorgesetzten des bei den Erhebungen im gegenständlichen Straffall eingesetzten verdeckten Ermittlers, der Auftrag erteilt, in einem (auf Grund der Angaben des verdeckten Ermittlers abzufassenden) Bericht bestimmte Umstände jenes zum Scheine inszenierten Suchtgiftankaufes, der zur Festnahme der beiden Angeklagten geführt hatte, näher darzulegen (S 455 f/I). Der Verteidiger des Angeklagten K***** hatte sich der Einholung eines solchen Berichtes widersetzt und hilfsweise beantragt, daß er bei der Verfassung dieses Berichtes anwesend sein und das Fragerecht ausüben dürfe, was jedoch vom Erstgericht abgelehnt wurde (S 456/I).

In Befolgung dieses gerichtlichen Auftrags erstattete Obstlt.Franz D***** am 19.August 1991 einen schriftlichen Bericht (S 485 ff/I), der in der Hauptverhandlung vom 4.September 1991 (ON 88) verlesen und erörtert wurde (S 497, 501, 503/I). In diesem Zusammenhang beantragte der Verteidiger des Angeklagten K*****, das Schöffengericht möge beschließen, daß der Bericht vom 19.August 1991 "bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt und verwertet werden darf, da eine Verwertung die Grundsätze der Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit und fairen Verhandlung verletzte" (S 502/I).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider wurden durch die Einholung dieses Berichtes und durch dessen Verlesung und Erörterung in der Hauptverhandlung weder Verteidigungsrechte des Angeklagten in gesetzwidriger Weise beeinträchtigt (Z 4), noch ist dem Erstgericht durch die Verwertung des Berichtes im Urteil ein - der Sache nach allein in Betracht kommender - Begründungsmangel (Z 5) unterlaufen.

Auf Grund des vom Zeugen Obstlt.Franz D***** schon anläßlich der

Hauptverhandlung vom 6.Juni 1990 vorgelegten Schreibens des

Bundesministeriums für Inneres (Beilage I zu ON 31) stand fest, daß

eine unmittelbare zeugenschaftliche Vernehmung des verdeckten

Fahnders durch das Gericht wegen der Geheimhaltung von dessen

Identität (im Interesse seiner persönlichen Sicherheit und seiner

Weiterverwendung im spezifischen Einsatzbereich - S 249, 251, 489/I)

nicht möglich war. Offenbar deshalb wurde der vom Angeklagten K*****

außerdem gestellte Antrag, dem Zeugen Obstlt.Franz D***** die

Preisgabe des "Scheinankäufers" (des verdeckten Ermittlers)

aufzutragen (S 456/I), von ihm auch nicht weiter verfolgt, also nicht

dahin erweitert, den verdeckten Ermittler (nach Aufdeckung seiner

Identität) selbst als Zeugen vor Gericht zu laden und in diese

Richtung auch gar nicht Beschwerde geführt. Insoweit hätte es sich ja

- wie der Vollständigkeit halber bemerkt sei - um einen faktisch

undurchführbaren Beweis gehandelt, dessen Nichtaufnahme einen

Verfahrensmangel nicht zu begründen vermöchte, zumal die Parteien des

Strafverfahrens kein subjektives öffenliches Recht auf die Preisgabe

der Identität derartiger Ermittlungsbeamter haben (Mayerhofer-Rieder

StPO3 E 14, 14 a, 17 a und 32 zu § 151; E 102 b zu § 281 Abs. 1 Z 4 =

NRsp 1988/187 = 13 Os 28/88; ferner 13 Os 126/87, 14 Os 69/92 ua).

Um dem Gebot der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 3 StPO) dennoch nachkommen zu können, verblieb daher den Tatrichtern nur die Möglichkeit, sich die notwendigen Informationen zunächst in Berichtsform zu verschaffen und hernach den Berichtsverfasser Obstl.Franz D***** als Zeugen "vom Hörensagen" darüber ergänzend zu vernehmen. Der Antrag des Verteidigers, ihn der Erstellung des Berichtes beizuziehen, war schon deswegen als unerheblich abzuweisen, weil eine solche Vorgangsweise für die Wahrheitsfindung ohne Bedeutung wäre. Falls der Antrag aber darauf abzielen sollte, den Verteidiger der allfälligen Befragung des verdeckten Fahnders beizuziehen, kam eine solche Beteiligung des Verteidigers nicht in Betracht, weil dabei erst recht eine Preisgabe der Identität des verdeckten Ermittlers nicht zu vermeiden gewesen wäre (vgl. Urteil des EGMR vom 25.Juli 1992, Zl. 17/1991/269/340, im Fall Lüdi gegen Schweiz, abgedruckt in EuGRZ 1992/Seite 300). Da somit die Einholung des erwähnten Berichtes nicht anders als unter Ausschluß des Verteidigers möglich war, das Schöffengericht also dem Antrag der Verteidigung gar nicht hätte entsprechen können, kann von einem nichtigkeitsbegründenden Verfahrensmangel keine Rede sein.

Über die Verlesung und Erörterung dieses Berichtes in der Hauptverhandlung aber kann sich der Angeklagte - ganz abgesehen von dem zwingenden Verlesungsgebot des § 252 Abs. 2 StPO - schon deshalb nicht beschweren, weil er dieser keineswegs widersprochen hat und es ihm daher insoweit schon an der formellen Legitimation zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes gebricht.

Es liegt aber auch der der Sache nach behauptete, vom Beschwerdeführer in der Verwertung des ohne Mitwirkung seines Verteidigers zustande gekommenen Berichtes über bestimmte Bekundungen des verdeckten Ermittlers erblickte Begründungsmangel (Z 5) nicht vor. Diesem Einwand könnte nur dann Berechtigung nicht abgesprochen werden, wenn sich das Gericht zur Begründung der für die Schuldfrage wesentlichen Urteilsannahmen (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) ausschließlich oder überwiegend auf die ihm nur mittelbar zugänglichen Angaben des verdeckten Fahnders gestützt und zudem nicht den Versuch unternommen hätte, durch (amtswegige) Aufnahme von Kontrollbeweisen die Entscheidungsgrundlagen so weit als möglich zu verbreitern (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 167 a und b zu § 281 Abs. 1 Z 5; vgl. auch 13 Os 28/88).

Eben diese Voraussetzungen einer erfolgreichen Anfechtung aus dem Titel einer offenbar unzureichenden Begründung liegen aber hier nicht vor.

Das Schöffengericht gründete nämlich seinen Schuldspruch vor allem auf das Geständnis des Angeklagten Milan K***** im Vorverfahren (US 15) in Verbindung mit der unbestrittenen Tatsache, daß er im Besitz des Suchtgiftes betreten worden ist, und nicht so sehr auf den kritisierten Bericht des verdeckten Fahnders, der übrigens - was in diesem Zusammenhang betont sei - nach der Aktenlage das gegenständliche Suchtgiftgeschäft in keiner Weise provoziert hat (§ 25 StPO; vgl. EKMR Beschw.Nr. 12811/87 im Fall Radermacher und Pferrer gegen Bundesrepublik Deutschland, EuGRZ 1989/Seite 468). Es hat ferner alle nach der Aktenlage zugänglichen Beweisquellen, auch wenn sie nur mittelbar der Wahrheitsfindung dienlich zu sein schienen, erschlossen und keine Anträge der Verteidigung abgelehnt, die auf die Durchführung eines dem Gericht zugänglichen Beweises gerichtet waren. Damit ist es aber seiner Verpflichtung, außerhalb seiner Ingerenz und insbesondere ohne Mitwirkung der Prozeßparteien zustande gekommene Beweismittel in besonderer Weise einer Überprüfung zu unterziehen, in durchaus zureichendem Maße nachgekommen. Die Mitverwertung des Berichtes vermag daher den geltend gemachten Begründungsmangel nicht zu bewirken.

Die gleichfalls als offenbar unzureichend begründet bemängelten (Z 5) Feststellungen aber, daß es dem Angeklagten Milan K***** auf eine bisher nicht feststellbare Weise gelungen wäre, "in seiner Heimat offenbar Kontakte zu international operierenden Heroinhändlern herzustellen und von diesen zumindest ca. 2 kg Heroin zu übernehmen", und daß "er sich ein paar Tage vor dem 28.März 1990 in Wien mit einem älteren, bislang unbekannten Mann sowie dem Zeugen Sergej S***** traf, wobei der gegenständliche Suchtgiftschmuggel vereinbart wurde" (US 7), stützte das Erstgericht auf die Aussage des genannten Zeugen, dem es - trotz dessen anfänglicher Zurückhaltung bei seinen Bekundungen und den daraus resultierenden (scheinbaren) Ungereimtheiten seiner Darstellung - Glauben geschenkt hat (US 15). Die gegen die Aussagen des Zeugen S***** vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers stellen sich demgegenüber lediglich als unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter dar, weshalb der behauptete Begründungsmangel schon an sich nicht gegeben ist.

Die gerügten Feststellungen betreffen aber vor allem gar keine entscheidende, d.h. für den Schuldspruch des Angeklagten Milan K***** relevante Tatsache. Es ergibt sich zwar aus diesen Feststellungen, daß der Angeklagte Milan K***** - entgegen den Annahmen in der Anklageschrift, in der davon ausgegangen wurde, daß Imrich R***** der Urheber der gegenständlichen Suchtgifttransaktion gewesen sei (S 140/I; vgl. US 22/23) - das Suchtgift nicht nur in Wien in Verkehr zu setzen versucht, sondern daß er es auch beschafft und damit schon an der Aus- und Einfuhr führend beteiligt (§ 12 StGB) gewesen ist, doch hat es die Staatsanwaltschaft unterlassen, diesen Verfahrensergebnissen Rechnung zu tragen und die Anklage gegen Milan K***** auf die Begehungsweise des Suchtgiftverbrechens auch durch Beteiligung des Milan K***** an der Aus- und Einfuhr des Heroins auszudehnen. Dies wäre aber im Hinblick darauf notwendig gewesen (§ 2 Abs. 1 StPO), daß es sich bei den Begehungsformen der Ein- und Ausfuhr von Suchtgift einerseits und des Inverkehrsetzens desselben andererseits um selbständige und untereinander nicht austauschbare, in sich geschlossene Tatbilder handelt, sodaß der Vorwurf einer bestimmten Begehungsweise (hier: des versuchten Inverkehrsetzens von Suchtgift) nicht auch den Vorwurf einer anderen Begehungsweise (hier: Aus- und Einfuhr) in sich begreift (§ 262 StPO; vgl. Kodek SGG Anm.

5.2. zu § 12; sowie zur Rechtsnatur des kumulativen Mischdelikts im allg. Leukauf-Steininger Komm.3 Vorbem. § 1 RN 48). Demgemäß konnte das Schöffengericht den Angeklagten Milan K***** nur wegen des versuchten Inverkehrsetzens des Heroins schuldig sprechen. In Ansehung dieses Schuldspruchs ist es aber ohne rechtliche Bedeutung, ob der Angeklagte Organisator oder - wie er einwendet - bloß Handlanger des Verkaufsversuches war; das schuldmäßige Ausmaß seiner Beteiligung daran (§§ 13, 32 Abs. 1 StGB) betrifft vielmehr ausschließlich die Straffrage und ist daher erst im Rahmen der Berufung zu beurteilen.

Da der Angeklagte Milan K***** wie gesagt nur des versuchten Inverkehrsetzens des Heroins und nicht auch dessen Aus- und Einfuhr schuldig erkannt worden ist, ist es ferner - in Ansehung dieses Schuldspruchs - nicht von entscheidender Bedeutung, ob er mit dem Zweitangeklagten Imrich R***** den Suchtgiftschmuggel vorher verabredet hat oder nicht. Auch dem insoweit gerügten Begründungsmangel (Z 5) fehlt daher die Relevanz. Die daraus abzuleitenden rechtlichen Konsequenzen in Ansehung des Schuldspruchs des Beschwerdeführers wegen des Finanzvergehens des Schmuggels (II) werden bei der Behandlung der dahin zielenden Rechtsrüge (Z 9 lit. a) dargelegt werden.

Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben sich dem Beschwerdevorbringen (Z 5 a) zuwider weder aus den Aussagen der Zeugen Sergej S***** und Dr.Paul K*****, noch mit Rücksicht auf die Kritik an der fachlichen Qualifikation der im Vorverfahren beigezogenen Dolmetscher und schon gar nicht aus der Tasache, daß der vom verdeckten Fahnder mitgeführte "Vorzeigegeldbetrag" von 900.00 S um 220.000 S geringer war, als die zunächst geforderte Summe, da solcherart nur versucht werden sollte, den Kaufpreis des Heroins zu drücken (US 8, 9 iVm S 487/I).

Zu Recht rügt (Z 9 lit. a) der Beschwerdeführer allerdings, daß er mangels eines schuldspruchmäßigen Vorwurfs der Suchtgifteinfuhr nicht eines damit idealkonkurrierenden Finanzvergehens des Schmuggels hätte verurteilt werden dürfen. Dieser Einwand läuft indes bloß auf einen Subsumtionsirrtum (Z 10) des Erstgerichtes hinaus, denn nach den Feststellungen hat der Angeklagte Milan K***** durch den Versuch, das zuvor aus der CSFR unter Umgehung des Zollverfahrens eingeführte Heroin zu verkaufen, alle Tatbestandsmerkmale des Finanzvergehens der versuchten Abgabenhehlerei nach §§ 13, 37 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht.

Der Schuldspruch des Angeklagten Milan K***** war daher entsprechend zu korrigieren, seine Beschwerde aber im übrigen zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Imrich R*****:

Richtig ist, daß allein mit dem Eigentum des Beschwerdeführers an der Kunstlederhandtasche, in der sich das zudem in einem Plastiktäschchen verwahrte Heroin befunden hat (US 7), die Feststellung nicht begründen ließe, daß der Angeklagte Imrich R***** auch von der Art des Inhalts seiner Tasche Kenntnis hatte. Insoweit stützt sich das Erstgericht aber - was der Beschwerdeführer an anderer Stelle seiner Beschwerdeschrift selbst einräumt (S 56/II) - ersichtlich (US 11, 15, 18) auf das Teilgeständnis des Angeklagten Milan K***** im Vorverfahren (S 103 ff, 124/I), in welchem dieser zugab, daß Imrich R***** sich des Transportes von zwei bis drei Kilogramm Heroin über die Staatsgrenze mit dem Ziel, das Suchtgift in Österreich zu verkaufen, durchaus bewußt war, mag auch der Angeklagte Milan K***** im Rahmen dieses Geständnisses - wie sich erst im Laufe des Verfahrens herausgestellt hat - seine eigene Rolle beschönigt und die Urheberschaft am Tatgeschehen zu Unrecht dem Angeklagten Imrich R***** zugeschoben haben.

Der Hinweis des Erstgerichtes auf das Behältnis, in dem das Heroin transportiert wurde, stellt somit keineswegs das entscheidende und alleinige Argument der Tatrichter zur Widerlegung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten Imrich R***** dar und ist - wie sich aus einer weiteren Passage der Entscheidungsgründe (US 19) ergibt - auch nur dahin zu verstehen, daß dem Beschwerdeführer, der eben nach dem Geständnis des Milan K***** jedenfalls wußte, daß es um Heroin ging, die Menge desselben nicht verborgen geblieben ist, weil Imrich R***** ja selbst eingestanden hat, das Plastiktäschchen gesehen zu haben (US 17 iVm S 111/I).

Keineswegs aktenwidrig ist die Begründung dafür, daß es einen anonymen Hinweis auf eine aus der CSFR zu erwartende Tätergruppe gegeben hat (US 8, 19). Insoweit stützte sich das Erstgericht auf den (mittelbaren) Bericht des verdeckten Ermittlers (US 15 iVm S 485/I). Daß die Zeugen Obstlt.Franz D***** und Bez.Insp.Herbert B***** nur einen Täter erwarteten (S 214, 216/I), steht dem nicht entgegen und mußte vom Gericht jedenfalls nicht eigens erörtert werden.

Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben sich aus den Akten auch in Ansehung des Angeklagten Imrich R***** nicht. Insbesondere der Umstand, daß er nicht sofort die Flucht ergriff, als er bemerkte, daß Milan K***** festgenommen wird, spricht nicht gegen seine Täterschaft, da es unter den aktuellen Umständen auch gute Gründe dafür geben könnte, durch eine sofortige Flucht nicht erst recht die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu lenken, zumal er dazu nicht seinen PKW hätte benützen können, da er zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz der Autoschlüssel war (US 10).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) schließlich ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Mit der Behauptung, das Urteil ließe sämtliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermissen, übergeht die Beschwerde, daß nach dem Inhalt des aus einer untrennbaren Einheit von Spruch und Gründen bestehenden Urteils alle für den Schuldspruch erforderlichen Vorsatzelemente ohnedies konstatiert worden sind (US 3, 7, 8, 19, 20). In Wahrheit greift der Beschwerdeführer zur Darlegung des eingewendeten Feststellungsmangels in unzulässiger Weise auf die - als nicht stichhältig erkannte - Mängelrüge (Z 5) zurück, indem er die Argumente der Tatrichter als unzutreffende Schlußfolgerungen kritisiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Imrich R***** war daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen und zur Strafneubemessung:

Bei der Strafbemessung nach dem Suchtgiftgesetz wertete das Erstgericht bei beiden Angeklagten die Tatbegehung aus reiner Gewinnsucht, die selbst die Übermenge weit übersteigende Suchtgiftmenge bester Qualität und bei Milan K***** überdies das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend; als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel und bei Milan K***** auch den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Diese Strafbemessungsgründe bedürfen einer gewissen Korrektur und Ergänzung. Milan K***** ist zugutezuhalten, daß er durch sein Geständnis im Vorverfahren wesentlich zur Wahrheitsfindung, insbesondere zur Überführung des Angeklagten Imrich R***** beigetragen hat, ferner daß die ihm zur Last liegenden Straftaten überwiegend beim Versuch geblieben sind und daß überdies das Suchtgift sichergestellt werden konnte, welchem Umstand besondere Bedeutung zukommt, weil damit die aus der Tat drohende Gefahr für die Volksgesundheit endgültig beseitigt worden ist. Als erschwerend fällt bei ihm allerdings ins Gewicht, daß er - nach den wie zur Nichtigkeitsbeschwerde dargelegt mängelfreien Feststellungen - der Urheber des durch versuchtes Inverkehrsetzen begangenen Suchtgiftverbrechens und an diesem führend beteiligt war. Dabei war allerdings zur Vermeidung einer schuldspruchmäßig nicht gedeckten Bestrafung strikte darauf Bedacht zu nehmen, daß mangels eines Schuldspruchs wegen Beteiligung an der Aus- und Einfuhr des Heroins dem Milan K***** nicht auch insoweit eine Führungsrolle angelastet werden durfte, wie es das Erstgericht ersichtlich getan hat, indem es im Rahmen der Strafbemessung darauf hinwies, daß Milan K***** als Organisator der (gesamten) gegenständlichen Suchtgifttransaktion anzusehen ist (US 23).

Dem Imrich R***** kommen als weitere Milderungsgründe zugute, daß er die Tat unter der Einwirkung des Erstangeklagten verübt hat, beim Versuch des Inverkehrsetzens des Suchtgiftes nur in untergeordneter Weise beteiligt war, und - was auch bei ihm entscheidend ins Gewicht fällt - daß das Heroin zur Gänze sichergestellt werden konnte. Als erschwerend ist bei ihm allerdings zu berücksichtigen, daß er das Suchtgiftverbrechen auf zweifache Weise verwirklicht hat. Auch hat der vom Erstgericht angenommene Milderungsgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels wegzufallen, weil der Angeklagte R***** nach seinem (im Gerichtstag ausdrücklich wiederholten) Eingeständnis in seiner Heimat wegen Diebstahls bereits zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist (S 13, 113, 133/I).

In Abwägung der aufgezählten besonderen Strafbemessungsgründe gegeneinander und unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze (§ 32 StGB) erachtet der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen für überhöht, weshalb sie - in Stattgebung der Berufungen der beiden Angeklagten - auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß reduziert wurden.

Bei der Strafneubemessung nach dem Finanzstrafgesetz in Ansehung des Angeklagten Milan K***** war kein Umstand erschwerend; mildernd hingegen die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit des Angeklagten, daß es beim Versuch der Abgabenhehlerei geblieben ist und die Konterbande sichergestellt werden konnte. Angesichts der bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages an Eingangsabgaben reichenden Strafdrohung (2 mal 509.339 S) konnte mit einer Geldstrafe von 40.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) gerade noch das Auslangen gefunden werden.

Die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte