OGH 14Os35/14z

OGH14Os35/14z6.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer in der Strafsache gegen Rupert W***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 13 Hv 123/12a des Landesgerichts Steyr, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 17. April 2013, GZ 13 Hv 123/12a‑49, wurde Rupert W***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB und der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 23. Juli 2013, AZ 11 Os 104/13y (ON 59), zurück; seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 15. Oktober 2013, AZ 8 Bs 155/13w (ON 65), nicht Folge. In Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft erhöhte das Berufungsgericht die Freiheitsstrafe.

Am 17. März 2014 langte beim Obersten Gerichtshof ein am 14. März 2014 zur Post gegebener Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO wegen Verletzung des im Art 6 MRK normierten Grundrechts auf ein faires Verfahren ein.

Dieser war schon deshalb zurückzuweisen, weil bei vorangegangener Anrufung des Obersten Gerichtshofs mit Nichtigkeitsbeschwerde ein nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützter Antrag nach § 363a StPO unzulässig ist.

Wurde nämlich die im Erneuerungsantrag behauptete Grundrechtsverletzung in Bezug auf schöffen‑ und geschworenengerichtliche Urteile in einer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht, steht einer nochmaligen Anrufung des Obersten Gerichtshofs die Zulässigkeitsbeschränkung des Art 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK entgegen, weil der Antrag solcherart „im Wesentlichen“ mit einer schon vorher durch ihn geprüften „Beschwerde“ übereinstimmt. Wurde eine Nichtigkeitsbeschwerde hinwieder gar nicht erhoben oder ein entsprechendes Vorbringen darin unterlassen, fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Rechtswegausschöpfung (Art 35 Abs 1 MRK; vgl RIS‑Justiz RS0122737 [T12]).

Davon abgesehen wäre bei einem nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag die Einhaltung einer sechsmonatigen Frist nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung (Art 35 Abs 1 MRK) zu beachten (RIS‑Justiz RS0122737 [T4]). Als solche Entscheidung kommt nur jene in Betracht, die in Bezug auf den Beschwerdegegenstand infolge eines effektiven Rechtsmittels letztinstanzlich ergangen ist (vgl Grabenwarter/Pabel EMRK5 § 13 Rz 37 [FN 177]).

Die Verletzung im Grundrecht auf ein faires Verfahren im behaupteten Umfang wäre im gegenständlichen Verfahren in der an den Obersten Gerichtshof gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde geltend zu machen gewesen. In Ansehung des konkreten Gegenstands des Antrags nach § 363a StPO wäre demnach die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23. Juli 2013, AZ 11 Os 104/13y, als endgültige innerstaatliche Entscheidung im Sinn des Art 35 Abs 1 MRK anzusehen, womit der ohnedies unzulässige Erneuerungsantrag auch verspätet ist.

Der Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ zurückzuweisen (vgl 17 Os 11/12i).

Bleibt anzumerken, dass amtswegiges Vorgehen des Obersten Gerichtshofs im Verfahren über einen Antrag auf Erneuerung vom Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl RIS‑Justiz RS0128393) und ein Antragsrecht ‑ hier ‑ des Verurteilten, der Oberste Gerichtshof möge gemäß Art 89 Abs 2 B‑VG den Verfassungsgerichtshof anrufen, nicht besteht (RIS‑Justiz RS0054189, RS0053934).

Über den „hilfsweise“ gestellten (und nicht nachvollziehbar auf „Art. 4 Z 2 erster und zweiter Fall 7. ZP EMRK“ gestützten) Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens wird das Landesgericht Steyr als Senat von drei Richtern (§ 357 Abs 1 und 2 StPO) zu entscheiden haben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte