Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang S***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens nach § 3g VG schuldig erkannt.
Danach hat er sich am 27. Mai 2006 in F***** anlässlich einer Geburtstagsfeier auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er vor zahlreichen Personen ein T-Shirt samt darauf abgebildeter Triskele sowie eine Lederjacke mit den Aufschriften „C 18“ und „Blood and Honour Vorarlberg“ trug und den Hitlergruß ausführte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 6, 8 und 11 lit a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Soweit sie eine für die Unterstellung des Täterverhaltens unter § 3g VG unzureichende Beurteilungsgrundlage mit der Begründung behauptet, der Hauptfrage sei nicht zu entnehmen, dass die in Rede stehende Feier in einem Privathaus stattfand und der Angeklagte in der Überzeugung handelte, dass die daran teilnehmenden Personen „allesamt der rechtsextremen Szene angehörten“ (nominell Z 6, der Sache nach Z 11 lit a; RIS-Justiz RS0120637), legt sie nicht dar, aus welchem Grund das als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipierte Verbrechen nach § 3g VG - entgegen dem Gesetzeswortlaut - auf der objektiven Tatseite eine konkrete Gefährdung oder - wie §§ 3d und 3h VG - eine qualifizierte Publizitätswirkung voraussetzen sollte (vgl dazu Lässig in WK² § 3g VG Rz 8 mwN; RIS-Justiz RS0079825; 14 Os 64/08f). Damit aber wird die angestrebte rechtliche Konsequenz nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). Indem die Beschwerde die „spezielle Ausgestaltung des 3g VG als abstraktes Gefährdungsdelikt“ selbst einräumt, erweist sie sich zudem als unschlüssig.
Die Forderung nach Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Vergehens einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB (Z 6) bezieht sich bloß auf die tataktuell vorgelegene „sehr starke“ Alkoholisierung (nicht aber eine Volltrunkenheit; ON 22 S 8) behauptende Einlassung des Beschwerdeführers, auf Angaben der Mitangeklagten, wonach „auf dieser Feier sehr viel und vor allem starker Alkohol konsumiert wurde“, sowie ein Lichtbild, welches „im Vordergrund des Erstangeklagten eine geöffnete Flasche Jägermeister sowie einen vollen Becher“ zeige, und beruft sich solcherart prozessordnungswidrig nicht auf ein die angestrebte Subsumtion (§ 314 Abs 1 dritter Fall StPO) nach sich ziehendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23, 43).
Indem die Instruktionsrüge - die umfassenden allgemeinen Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen des Verbrechens nach § 3g VG (S 7 f der Rechtsbelehrung, Blg ./2 zu ON 22) ignorierend - eine Beschränkung der Instruktion auf die Anführung von eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn bejahenden Ausschnitten aus Judikaten behauptet und einzelnen Erläuterungen in spekulativer eigener Würdigung bestimmte Belehrungsinhalte unterstellt, verfehlt sie den in der Gesamtheit der Rechtsbelehrung gelegenen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0100695 [T4, 7]; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 56).
Weshalb die den Geschworenen erteilte juristische Information sich entgegen § 321 Abs 2 StPO mit dem - keinen Gegenstand der Fragestellung bildenden - Verwaltungsstraftatbestand des Art IX Abs 1 Z 4 EGVG auseinandersetzen oder weitere Beispiele aus der Rechtsprechung zum VG sowie Erläuterungen von einzelnen Begriffen aus in der Beschwerde zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs enthalten hätte müssen, erklärt sie nicht und gelangt solcherart ebensowenig prozessförmig zur Darstellung (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65).
Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) entfernt sich mit ihrem Einwand, das Tatbestandsmerkmal nationalsozialistischer Betätigung sei nicht verwirklicht, weil „keine Propagandaaktion mit dem Vorsatz nationalsozialistischer Wiederbetätigung“ vorgelegen habe, vom einen auf nationalsozialistische Betätigung gerichteten Vorsatz konstatierenden Wahrspruch der Geschworenen und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ - einschließlich des Bedeutungsinhalts einer Äußerung oder (wie hier:) eines Verhaltens - ist nämlich auf der Feststellungsebene angesiedelt und somit den Geschworenen vorbehalten. Bejahen diese die Schuldfrage, ist davon auszugehen, dass sie eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen haben, aufgrund deren das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch“ entspricht, sodass (auch) dessen Bejahung einer Anfechtung mit Rechts- oder Subsumtionsrüge entzogen ist (RIS-Justiz RS0119234; Lässig in WK² § 3g VG Rz 17; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 618).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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