Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus Anlass der Beschwerde wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des gesamten Tatverhaltens auch unter § 28 Abs 3 zweiter Fall SMG sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Hisen R***** wurde - angesichts der aus dem Urteil hervorgehenden Betonung mehrfacher Grenzüberschreitung (US 8, 20) ersichtlich gemeint: - der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1. und - richtig - 3.) sowie des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Suchtgift in einer mehrfach großen Menge ein- und ausgeführt sowie in Verkehr gesetzt, wobei er diese Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge ausmachte, nämlich 10.742,5 Gramm Heroin (enthaltend 2.309,6 Gramm Reinsubstanz), indem er
1. am 16. Mai 2005 das Suchtgift von Serbien-Montenegro über Kroatien und Slowenien nach Österreich brachte;
2. am 17. Mai 2005 in Linz das Suchtgift an die abgesondert verfolgten Hisni C***** und Faruk M***** übergab;
(richtig:) 3. am 17. Mai 2005 den Transport des im Reserverad des Pkw der Marke Audi A4, deutsches Kennzeichen D*****, verborgenen Suchtgiftes durch Hisni C***** und Faruk M***** von Linz nach Kassel, Deutschland, organisierte und mit einem eigenen Fahrzeug begleitete.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und „9a, b, c" StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Nach den - zusammengefasst wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen transportierte der Angeklagte am 16. Mai 2005 in einem Reserverad verstecktes Heroin mit einem Reinsubstanzgehalt von 2.309,6 Gramm von Serbien-Montenegro über Kroatien und Slowenien nach Österreich. Am 17. Mai 2005 nach Mittag traf er sich vereinbarungsgemäß in seinem Wohnort Linz mit Hisni C***** und Faruk M*****, denen er in einem Kellerraum seiner Wohnhausanlage das Suchtgift übergab. Er besprach mit ihnen die Weiterfahrt mit zwei PKW nach Deutschland und die Modalitäten an der Grenze, um die Gefahr der Entdeckung beim Grenzübertritt zu verringern. Der Angeklagte sollte auf die mit ihnen im Einzelnen besprochene Weise in einem Fahrzeug, Hisni C***** und Faruk M***** mit dem Suchtgift im anderen Fahrzeug unterwegs sein. So geschah es auch; zwischen 14:10 Uhr und 14:23 Uhr verließen die Fahrzeuge Österreich (US 3 bis 6). In Kassel wurde noch am 17. Mai 2005 das Suchtgift ohne Beisein des Angeklagten an Enver H***** übergeben, dieser jedoch um 20:55 Uhr sowie Hisni C***** und Faruk M***** um 21:18 Uhr festgenommen (US 7).
Die Verfahrensrüge (Z 4) geht fehl. Das mit dem relevierten Antrag auf Vornahme einer „Rufdatenabfrage" verbundene Beweisziel, dass der Angeklagte entgegen den Aussagen des Zeugen Faruk M***** das Fahrzeug mit dem Suchtgift nicht begleitet habe, „insbesondere ihn auch nicht in die Frankfurter Straße in Kassel lotste, sondern zu diesem Zeitpunkt viel mehr rund 200 km entfernt war, im Zeitpunkt der Betretung bzw zum Verhaftungszeitpunkt" (S 87 f/II), betrifft, worauf im abweisenden Zwischenerkenntnis (S 90/II) hingewiesen wurde, keine erhebliche Tatsache. Schon die konstatierte Festlegung der Modalitäten des Suchtgifttransportes über die Grenze (US 6) durch den Angeklagten begründet seine Strafbarkeit hinsichtlich der Ausfuhr des Heroins aus Österreich und der Einfuhr nach Deutschland (s § 12 dritter Fall StGB; zur rechtlichen Gleichwertigkeit der Beteiligungsformen zB RIS-Justiz RS0117604). Auf ein Verhalten des Angeklagten nach Verbringung des Suchtgiftes über die Staatsgrenze (RIS-Justiz RS0110752), somit nach Vollendung der strafbaren Handlung, kommt es für die rechtliche Beurteilung nicht an. Der Antrag zielte somit auf den Nachweis eines unerheblichen Umstandes, weshalb er zu Recht abgelehnt wurde (Kirchbacher, WK-StPO § 246 Rz 36).
Die in der Beschwerde vorgenommenen Ergänzungen des Beweisthemas sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption des Nichtigkeitsverfahrens und des damit auch für den Bereich der Verfahrensrüge verbundenen Neuerungsverbotes unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117, RS0098978). Die Mängelrüge (Z 5) reklamiert zwar nominell Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit der Entscheidungsgründe betreffend die Tatbegehung durch den Angeklagten sowie das Vorliegen nur offenbar unzureichender Gründe in Ansehung der Feststellungen zur inneren Tatseite (Z 5 erster, zweiter, dritter und vierter Fall), orientiert sich aber mit den vorgebrachten Einwänden keineswegs an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes. An die Stelle einer solcherart prozessordnungskonformen Argumentation werden vielmehr - neben der Geltendmachung eines Widerspruchs hinsichtlich der unentscheidenden Frage, ob der Angeklagte in abgehörten Telefonaten auch mit seinem Spitznamen bezeichnet wurde - Hinweise auf mögliche Deutungen aufgenommener Beweise vorgetragen. Ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 wird damit nicht aufgezeigt.
Das Resultat beweiswürdigender Erörterung der Verfahrensergebnisse durch die Tatrichter - hier: die Bewertung bestimmter Aussagen als belastend - in der Beschwerde als aktenwidrig zu bezeichnen, entspricht ebenso wenig den aus Z 5 gegebenen Anfechtungsmöglichkeiten.
Die insbesondere auf die nicht einschlägige Vorstrafenbelastung und eine Tätigkeit des Angeklagten als „V-Mann" der Polizei sowie seine Auslandskontakte verweisende Tatsachenrüge (Z 5a) weckt keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Die undifferenziert auf Z „9a, b, c" des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge bestreitet hinsichtlich der ersichtlich jeweils als Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG beurteilten (US 8, 20) Verbringung des Suchtgiftes von Serbien-Montenegro nach Kroatien und von dort nach Slowenien das Vorliegen inländischer Gerichtsbarkeit (Z 9 lit a [Ratz, WK-StPO § 281 Rz 634], nach älterer Rsp [RIS-Justiz RS0092267] Z 9 lit b), ohne darauf einzugehen, dass bei jenen Grenzübertritten die Durchfuhr des Suchtgiftes durch Österreich vorgesehen war (s dazu RIS-Justiz RS0092209, RS0092207, RS008826, RS0092239, RS0088215). Bei Ausführung einer Rechtsrüge ist aber vom ganzen festgestellten Sachverhalt auszugehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aus Anlass der Beschwerde war jedoch eine vom Angeklagten nicht geltend gemachte, ihm zum Nachteil gereichende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen. Ein die rechtliche Beurteilung des gesamten Tatverhaltens auch nach § 28 Abs 3 zweiter Fall SMG tragendes Tatsachensubstrat wurde in den Entscheidungsgründen nicht festgestellt. Eine kriminelle Vereinigung ist gemäß § 278 Abs 2 StGB ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung ein oder mehrere Verbrechen, andere erhebliche Gewalttaten gegen Leib und Leben, nicht nur geringfügige Sachbeschädigungen, Diebstähle oder Betrügereien, oder in § 278 Abs 2 StGB genannte Vergehen ausgeführt werden.
Substanzielle Konstatierungen, die eine Sachverhaltsbasis für die im Urteil vorgenommene Anwendung der Qualifikationsnorm abgeben, mit anderen Worten Feststellungen, aus denen sich das Bestehen einer solchen Vereinigung ergibt, liegen nicht vor. In den Entscheidungsgründen ist statt dessen nur - ohne Angabe entsprechender Tatsachen - davon die Rede, dass der Angeklagte als Mitglied einer Verbindung gehandelt habe, die auf wiederkehrende Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich von Suchtmitteln ausgerichtet gewesen sei (US 8, 12, 19 f). Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen erforderte die Teilkassation des Urteils und die Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung.
Im zweiten Rechtsgang wird das Vorliegen der Merkmale einer kriminellen Vereinigung zu klären und im Urteil gegebenenfalls zur äußeren und zur inneren Tatseite eine auch diesbezüglich zur rechtlichen Beurteilung geeignete Sachverhaltsgrundlage zu schaffen sein.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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