European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00139.15W.0308.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Andre A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant ‑ Andre A***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II/a und b) schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Quantität einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts
(I) angeboten, und zwar am 20. März 2014 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mittäter Sean C***** 1.000 Gramm Kokain (Reinsubstanz 500 Gramm Cocain) zum Verkaufspreis von 63.000 Euro;
(II) überlassen, und zwar
a) am 20. Mai 2015 10,2 Gramm Kokain (Reinsubstanz 6 Gramm Cocain) als Probe und
b) am 22. Mai 2015 im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Kerrel B***** 769,9 Gramm Kokain (Reinsubstanz 431 Gramm Cocain).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen nominell aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andre A***** ist nicht im Recht.
Ausgehend von der an sich zutreffenden Rechtsansicht, derzufolge ein „Überlassen oder Verschaffen“ (§ 28a Abs 1 fünfter oder sechster Fall SMG) ein zuvor erfolgtes „Anbieten“ (§ 28a Abs 1 vierter Fall SMG) infolge stillschweigender Subsidiarität verdrängt, soweit beide Vorgänge auf idente Quantitäten desselben Suchtgifts gerichtet sind und der Empfänger jene Person ist, der das Suchtgift angeboten wurde (RIS‑Justiz RS0127080), bekämpft die Beschwerde nominell im Rahmen der Sanktionsrüge (Z 11, der Sache nach jedoch Z 9 lit a) den wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG erfolgten Schuldspruch I.
Sie verfehlt damit jedoch den
im festgestellten Sachverhalt gelegenen
Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584; RIS‑Justiz RS0099810), indem sie sich nicht an den ‑ mängelfrei aus dem zwischen Anbot und Übergabe liegenden langen Zeitraum (von über einem Jahr; vgl auch RIS‑Justiz RS0090504), den geänderten Beteiligungsverhältnissen und den im Mai 2015 geführten, gänzlich neuen Verkaufsverhandlungen abgeleiteten (US 12 f) ‑ Urteilsannahmen orientiert, nach denen es sich bei dem vom Erstangeklagten zusammen mit dem Zweitangeklagten Kerrel B***** zwei verdeckten Ermittlern (VE 1 und VE 3; US 15) überlassenen Kokain (Schuldspruch II) gerade nicht um das vom Beschwerdeführer (zusammen mit Sean C***** den verdeckten Ermittlern VE 1 und VE 2) angebotene Suchtgift (Schuldspruch I), sondern um eine weitere, vom Angebot im März 2014 nicht erfasste Kokainmenge handelte (US 9).
Aus welchem Grund das angesprochene Subsidiaritätsverhältnis hier trotz fehlender Identität von angebotenem und überlassenen Suchtgifts (sowie der teils unterschiedlichen Empfänger) vorliegen sollte, erklärt die Rüge nicht.
Indem sie auf urteilsfremder Grundlage eigene beweiswürdigende Überlegungen anstellt und davon ausgehend zum Schluss kommt, Anbot und Überlassen seien als „ein und derselbe Vorgang“ anzusehen, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Sanktionrüge (Z 11) baut mit ihrem Vorwurf verfehlter Annahme der Erschwerungsgründe des Zusammentreffens von zwei Verbrechen und eines langen Tatzeitraums ausschließlich auf den (prozessordnungswidrigen) Prämissen der Rechtsrüge auf und ist solcherart einer inhaltlichen Antwort nicht zugänglich.
Mit der Behauptung, die Strafe sei im Vergleich zu der über den Mitangeklagten verhängten Sanktion „falsch, weil zu hoch“, wird bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 730; RIS‑Justiz RS0106659).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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