European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00138.15Y.0126.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur Entscheidung über die Einziehung an das Bezirksgericht Leopoldstadt verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Werner S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ Werner S***** eines Verbrechens (richtig: mehrerer Verbrechen) des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (I./) schuldig erkannt.
Danach hat er von Mitte 2014 bis Ende Mai 2015 in W***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 200 Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 31,22 % Cocain) und 200 Gramm Marihuana (mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 9,1 % THCA und 0,79 % Delta‑9‑THC) Anton M***** zum Weiterverkauf an diverse Abnehmer überlassen, wobei er die Straftat gewerbsmäßig begangen hat und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Dass das Schöffengericht die Feststellungen zu den vom Angeklagten Werner S***** überlassenen Suchtgiftmengen auf die Verantwortung des Angeklagten Anton M***** vor der Polizei gestützt hat, weil „kein Grund ersichtlich“ gewesen sei, „warum er hier den Erstangeklagten und somit auch sich selbst wider besseren Wissens mit einer höheren Suchtgiftmenge belasten sollte“ (US 9), ist ‑ der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider ‑ unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, weil diese Erwägungen nicht den Gesetzen der Logik und Empirie widersprechen (RIS‑Justiz RS0116732
,
Ob der Angeklagte den Entschluss, sich durch den Verkauf von Kokain und Marihuana „eine fortlaufende Einnahmequelle“ zu erschließen und sich „dabei“ des Angeklagten Anton M***** „als Vermittler zu bedienen“ (US 5), von sich aus fasste oder insoweit einem Vorschlag des Zweitangeklagten Anton M***** zustimmte, betrifft keine entscheidende Tatsache, weil diese Konstatierungen weder die Schuldfrage noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes berühren (RIS‑Justiz RS0099497).
Soweit die Beschwerde (Z 5 erster Fall) die Konstatierung, es könne nicht festgestellt werden, „dass der Erlös aus dem Suchtgiftverkauf überwiegend wieder in die Anschaffung von Suchtgift floss“, als undeutlich bezeichnet, weil die tatsächliche Verwendung eines „allfälligen“ Erlöses nicht erkennbar sei, übergeht sie die (im Anschluss daran getroffene) positive Feststellung, wonach der Erlös des Angeklagten „zumindest überwiegend für die Finanzierung seines sonstigen Unterhalts verwendet“ wurde (US 7).
Mit der bloßen Behauptung, das Schöffengericht habe den Schuldspruch des Beschwerdeführers „im Wesentlichen“ auf die Aussage des Angeklagten Anton M***** gestützt, aber „entgegenstehende Verfahrensergebnisse“ unberücksichtigt gelassen und „erhebliche Widersprüche“ in dessen Angaben übergangen, ohne dass bestimmte (wesentliche) Verfahrensergebnisse bezeichnet oder die Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen betreffende Widersprüche dargelegt werden, wird eine Unvollständigkeit des Urteils (RIS‑Justiz RS0098646) nicht zur Darstellung gebracht.
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) unter Hinweis auf Passagen der Verantwortung des Angeklagten Anton M***** dessen (vom Schöffengericht angenommene) Glaubwürdigkeit anzweifelt und auf einzelne Angaben des Angeklagten Werner S***** in der Hauptverhandlung verweist, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0118780).
Mit der bloßen Behauptung, es sei „sicherlich nicht zu einem Verkauf von 200 Gramm Kokain gekommen“, und daran anknüpfenden beweiswürdigenden Überlegungen verlässt die Beschwerde den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz
Soweit der Beschwerdeführer die Feststellung eines durch ihn erwirtschafteten Erlöses von zumindest 6.000 Euro als „durch nichts gestützt“ bezeichnet, bezieht er sich nicht auf entscheidende Tatsachen und bringt ‑ mit Blick auf den ausgesprochenen Verfall nach § 20 Abs 3 StGB (US 3) ‑ bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung (vgl § 443 Abs 3 StPO). Die von ihm als fehlerhaft angesehenen Konstatierungen zu einem durch den Angeklagten Anton M***** erwirtschafteten Erlös von zumindest 60 Euro sind mangels Beschwer einer Kritik des Rechtsmittelwerbers entzogen.
Mit den Einwänden, das Erstgericht habe es verabsäumt, Feststellungen zum Einkaufspreis des Suchtgifts sowie zum Eigenkonsum des Beschwerdeführers zu treffen, und der Großteil des Erlöses aus den Suchtgiftverkäufen sei „in weitere Suchtmittel gesteckt worden“, die er zum Eigenkonsum benötigt habe, werden
Feststellungsmängel nicht verfahrenskonform geltend gemacht (vgl RIS‑Justiz RS0118580).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Aus ihrem Anlass war von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) wahrzunehmen, dass das Einziehungserkenntnis durch die bloße Bezugnahme auf „das sichergestellte Suchtgift“ (US 3) den Gegenstand der Einziehung ‑ nicht zuletzt mit Blick auf die in der Hauptverhandlung erfolgte Ausscheidung eines Teils des Anklagevorwurfs (ON 56 S 18 iVm ON 24) ‑ nicht hinreichend determiniert (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO; 14 Os 47/13p mwN), weshalb auch nicht klar ist, ob die Einziehung auf einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem SMG beruht (vgl Hinterhofer/Rosbaud, SMG § 34 Rz 9).
Das Einziehungserkenntnis war daher aufzuheben, wobei das sachlich und örtlich zuständige Bezirksgericht im Rahmen des selbständigen Verfahrens (§§ 445 Abs 3, 445a Abs 1 StPO) nur über das den rechtskräftigen Schuldspruch betreffende Suchtgift zu entscheiden haben wird.
Über die Berufung des Angeklagten wird vorerst das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
Die
Kostenersatzpflicht, welche die
amtswegige Maßnahme nicht umfasst (
Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)