Spruch:
Das Gesetz wurde verletzt:
1./ im Verfahren 22 Vr 26/89 des Landesgerichtes Innsbruck durch das Unterbleiben der unverzüglichen Ersichtlichmachung des Beschlusses auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht in dem davon betroffenen Verfahren 22 Vr 367/88 des Landesgerichtes Innsbruck in der Bestimmung des § 494 a Abs. 7 alt (nunmehr Abs. 8) StPO; 2./ durch den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. April 1989, 22 Vr 367/88, mit dem die dem Verurteilten Christian M*** bestimmte Probezeit auf drei Jahre verlängert wurde, obwohl sie zu dieser Zeit zufolge rechtskräftigen Widerrufs der bedingten Strafnachsicht nicht mehr bestand, in den Bestimmungen des § 53 Abs. 2 StGB und § 494 a Abs. 4 StPO; dieser Beschluß wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Christian M*** wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21.März 1988, GZ 22 Vr 367/88-5, des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 und 7 StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehenen Strafe von 120 Tagessätzen a S 100,-- verurteilt.
In der Folge wurde er (neuerlich) vom Landesgericht Innsbruck als Schöffengericht mit Urteil vom 22.Februar 1989, GZ 22 Vr 26/89-11, des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Vollzug dieser Strafe wurde gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gleichzeitig wurde der Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 22 Vr 367/88 des Landesgerichtes Innsbruck beschlossen (ON 10). Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel gegen diesen Beschluß (S 69). Nach Ablauf der für die Staatsanwaltschaft durch die Verkündung des Beschlusses in Gang gesetzten 14-tägigen Rechtsmittelfrist (§ 498 Abs. 2 iVm § 282 StPO; am 9.März 1989) erwuchs dieser in Rechtskraft. Eine Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil blieb erfolglos (ON 19). In der Endverfügung (ON 21) wurde am 12.Mai 1989 unter Punkt 21 die Verständigung des Strafregisteramtes vom Widerruf und unter Punkt 22 der Anschluß von Ausfertigungen des Urteils und des Widerrufsbeschlusses zum Verfahren 22 Vr 367/88 des Landesgerichtes Innsbruck verfügt; der Gerichtsakt enthält jedoch keine solche Ausfertigung.
Im Verfahren 22 Vr 367/88 wurde in Unkenntnis des Widerrufsbeschlusses auf Grund einer früheren Verurteilung des Christian M*** vom 20.Oktober 1988 zu U 147/88 des Bezirksgerichtes Telfs, in dem vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgesehen worden war, (der Rechtslage vor der Strafgesetz-Novelle 1989 entsprechend) mit Beschluß vom 27. April 1989 (ON 10) die Probezeit wegen dieser Nachverurteilung auf drei Jahre verlängert, obwohl zu diesem Zeitpunkt zufolge des (nicht aktenkundigen) Widerrufsbeschlusses im Nachverfahren eine Probezeit gar nicht mehr bestand.
Rechtliche Beurteilung
In den beiden Verfahren des Landesgerichtes Innsbruck wurde, wie der Generalprokurator zutreffend in seiner gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aufzeigt, das Gesetz verletzt.
Der Beschluß auf Verlängerung der Probezeit, wiewohl eine solche zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf den bereits erfolgten Widerruf der bedingten Strafnachsicht nicht mehr bestand, konnte nur gefaßt werden, weil es das Landesgericht Innsbruck (Gerichtsabteilung 22) unterlassen hat, sogleich nach der Beschlußfassung über den Widerruf dafür Sorge zu tragen, daß der Widerrufsbeschluß im betroffenen Vorakt (22 Vr 367/88) ersichtlich gemacht werden kann. Dadurch wurde § 494 a Abs. 7 1. Satz aF (nunmehr § 494 a Abs. 8) StPO verletzt, wonach das gemäß § 494 a StPO erkennende Gericht unverzüglich alle Gerichte zu verständigen hat, deren Vorentscheidungen von seiner Entscheidung betroffen sind. Diese Verständigungspflicht gilt unabhängig von der Rechtskraft der Entscheidung (EvBl 1989/64). Der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.April 1989, GZ 22 Vr 367/88-10, wiederum verletzt § 53 Abs. 2 StGB und § 494 a Abs. 4 StPO, weil die urteilsmäßig bestimmte Probezeit zur Zeit der Beschlußfassung rechtlich nicht mehr existierte. Diese Probezeit war bereits mit Beschluß des gemäß § 494 a Abs. 1 StPO zuständigen Gerichtes vom 22.Februar 1989 rechtskräftig widerrufen und der Vollzug der ursprünglich bedingt nachgesehenen Strafe angeordnet worden.
Der mithin gesetzwidrige Beschluß vom 27.April 1989 konnte weder
den zuvor bereits ergangenen (rechtskräftigen) Widerrufsbeschluß
beseitigen noch sonst für den Verurteilten Rechtswirkungen erzeugen
(vgl EvBl 1964/263; 14 Os 156/87; 14 Os 162,163/88 = JBl 1989, 400
= EvBl 1989/64). Er war daher, ohne daß damit ein Nachteil für den
Verurteilten verbunden sein kann, aufzuheben.
In Stattgebung der Beschwerde war somit spruchgemäß zu erkennen.
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