OGH 14Os134/99

OGH14Os134/999.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gregor W***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB, AZ U 337/96 des Bezirksgerichtes Mattersburg, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss vom 5. Feber 1997 (ON 7), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Staatsanwältin Mag. Schnell, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 5. Feber 1997, GZ U 337/96-7, verletzt insoweit, als die mit Urteil des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 15. Juni 1994, GZ U 61/94-11, gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmte dreijährige Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 1 StGB.

Dieser Beschluss, der im übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Umfang aufgehoben und der ihm zu Grunde liegende Antrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 15. Juni 1994, GZ U 61/94-11, wurde der am 6. Jänner 1978 geborene, damals jugendliche Gregor W***** der Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 83 Abs 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch einer Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten und zugleich die Bewährungshilfe angeordnet.

Mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 25. November 1994, AZ 6 E Vr 939/94, wurde er des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und über ihn unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme auf § 5 JGG nach § 129 StGB eine gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verhängt.

Wegen des innerhalb der Probezeiten nach diesen beiden Verurteilungen begangenen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB wurde Gregor W***** mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 5. Feber 1997, GZ U 337/96-7, schuldig erkannt und über ihn unter Anwendung des § 5 JGG eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 190 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Unter einem wurden mit (ebenfalls in Rechtskraft erwachsenem) "Beschluss gemäß § 494a Abs 6 StPO" die in den beiden oben angeführten Urteilen festgesetzten Probezeiten jeweils auf fünf Jahre verlängert. Der öffentliche Ankläger hatte (ausdrücklich hinsichtlich beider Vorverurteilungen) den "Widerruf" nach "§ 494a Abs 1 Z 4 StPO" (S 1 und ON 6 in AZ U 337/96 des Bezirksgerichtes Mattersburg) beantragt.

Der vorangeführte Beschluss steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Das Jugendgerichtsgesetz stellt gegenüber dem Strafgesetzbuch die lex specialis dar; eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 53 Abs 2 StGB (die eine Verlängerung der Probezeit bis höchstens fünf Jahre wegen einer während dieser begangenen strafbaren Handlung vorsieht) auf eine gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmte Probezeit ist angesichts des im § 1 StGB normierten Gesetzlichkeitsgebotes unzulässig (ÖJZ-LSK 1995/259; 12 Os 36/99). Gegen diese Vorschrift hat das Bezirksgericht mit dem angefochtenen Beschluß verstoßen, indem es die gesetzlich nicht vorgesehene Sanktionsverschärfung einer Probezeitverlängerung vorgenommen hat (vgl etwa Fuchs AT I3 37).

Die Gesetzesverletzung war festzustellen und darüber hinaus, weil sich die rechtsirrige Verlängerung der gemäß § 13 Abs 1 JGG festgesetzten Probezeit von drei Jahren auf fünf Jahre zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, mit einer teilweisen Aufhebung des gesetzwidrigen Beschlusses und zugleich mit einer Antragsabweisung vorzugehen (§ 292 letzter Satz StPO).

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