OGH 14Os124/06a

OGH14Os124/06a30.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martina S***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Zollamts Wien sowie über die Berufung des Zollamts Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Juli 2006, GZ 124 Hv 91/06w-61, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Vertreters des Zollamts Wien Mag. Lackner, der Angeklagten und ihres Verteidigers Mag. Reiffenstuhl, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (im Ausspruch über Wertersatz und Verfall) unberührt bleibt, im Ausspruch über die Geldstrafe und die korrespondierende Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Martina S***** wird für die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A./) und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG (B./) unter Anwendung des § 21 FinStrG nach §§ 38 Abs 1, 44 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 200.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu fünf Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 1 StGB wird ein Teil der Geldstrafe von 40.000 Euro unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Vorhaftanrechnung wird aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird das Zollamt Wien auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martina S***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A./) sowie des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG (B./) schuldig erkannt.

Demnach hat sie im Bereich des Zollamts Wien vorsätzlich A./ in mehrfachen Tathandlungen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, eingangsabgabepflichtige Waren, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich gebracht und teilweise verhandelt, und zwar

1.) in der Zeit von Februar 2006 bis 13. Mai 2006 3.425 Stangen Zigaretten verschiedener Marken mit einem strafbestimmenden Wertbetrag in der Höhe von 123.015,76 Euro (Zoll 27.692,24 Euro, Einfuhrumsatzsteuer 28.515,43 Euro, Tabaksteuer 66.808,09 Euro);

2.) in der Zeit von Jänner 2003 bis 21. Mai 2003 etwa 300.000 Stück (= 1.500 Stangen) Zigaretten verschiedener Marken mit einem strafbestimmenden Wertbetrag in der Höhe von 49.494,39 Euro (Zoll 11.985,93 Euro, Einfuhrumsatzsteuer 11.717,21 Euro, Tabaksteuer 25.791,25 Euro);

B./ in mehreren Tathandlungen dadurch in Monopolrechte eingegriffen, dass sie zu ihrem Vorteil die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Verbote des Handels mit Monopolgegenständen verletzte, indem sie

1.) in der Zeit von Februar 2006 bis 13. Mai 2006 3.000 Stangen der oben (A./1.) genannten Zigaretten von unbekannten Verkäufern ankaufte und in der Folge gewinnbringend verkaufte;

2.) in der Zeit von Jänner 2003 bis 21. Mai 2003 eine nicht mehr feststellbaren Menge, jedoch zumindest 1.500 Stangen der zu Punkt A./

2.) genannten Zigaretten von Janos G***** ankaufte und gewinnbringend an unbekannte Abnehmer im Auftrag des Karl K***** verkaufte; (Bemessungsgrundlage gemäß § 44 Abs 2 FinStrG 162.727,50 Euro). Die rechtliche Beurteilung des Ankaufs der im Schuldspruch A./ angeführten Zigaretten als Tatbeitrag im Sinne § 11 dritter Fall FinStrG zum vorsätzlichen Monopoleingriff der Verkäufer (C./ der Anklage) lehnte das Erstgericht mit der Begründung ab, dass der Erwerb der geschmuggelten Zigaretten durch die Angeklagte rechtlich als mitbestrafte Vortat des nachfolgenden Verkaufs derselben - und somit des vorsätzlichen Monopoleingriffs durch die Angeklagte als unmittelbare Täterin - zu werten sei (US 11).

Eine Berücksichtigung jener 425(,2) von der Angeklagten angekauften Stangen Zigaretten, die in der Folge bei ihr sichergestellt wurden und daher nicht mehr zum Verkauf gelangten, unterblieb im § 44 FinStrG betreffenden Spruch.

Den dagegen von der Staatsanwaltschaft und dem Zollamt Wien aus den Gründen der Z 7 und 10 (von der Staatsanwaltschaft nominell: Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Den Subsumtionsrügen (Z 10) zuwider hat das Erstgericht den Ankauf jener geschmuggelten Zigaretten, die in der Folge von ihr gewinnbringend weiterverkauft wurden (insgesamt 4.500 Stangen) und die ohnehin vom Schuldspruch B./ erfasst sind, zu Recht nicht als gesondert strafbaren Tatbeitrag (§ 11 dritter Fall FinStrG) zum diesbezüglichen vorsätzlichen Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols durch die jeweiligen Verkäufer (§ 44 Abs 1 lit a FinStrG) angesehen. Denn beim Erwerb dieser Zigaretten handelt es sich um eine typische straflose Vortat, weil sie nur eine Vorstufe zum nachfolgenden Delikt, nämlich dem gewerbsmäßigen Inverkehrbringen der Zigaretten durch die Angeklagte als unmittelbare Täterin, darstellte und seiner Verwirklichung diente, gegen dasselbe Rechtsgut (Tabakmonopol) gerichtet war wie die Haupttat und im Hinblick auf die Identität der betroffenen Zigarettenmengen keinen über diese hinausgehenden Schaden verursachte (Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 68; vgl 13 Os 74/05z).

Ein Monopoleingriff im Sinne eines Handels nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG erfordert ein gewerbsmäßiges Inverkehrsetzen von Monopolgegenständen (vgl 11 Os 86/06s, 12 Os 107/05k). Der bloße Ankauf von geschmuggeltem Monopolgut ist selbst unter der Prämisse einer beabsichtigten Weiterveräußerung dieser Ware mangels Ausführungsnähe noch kein Versuch des Inverkehrsetzens (zur insoweit gleichen Ausgangslage beim Inverkehrsetzen von Suchtgift nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG vgl RIS-Justiz RS0119084; 14 Os 70/04). Die von der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde unter Z 7 gerügte Nichterledigung der Anklage bezieht sich auf das Anklagefaktum C./, somit auf den Vorwurf einer im Ankauf geschmuggelter Zigaretten liegenden Beteiligung am Monopoleingriff des ein Schmuggelgut Verkaufenden nach §§ 44 Abs 1 lit a, 11 dritter Fall FinStrG (iS 12 Os 107/05k).

Die im Urteil mit Schuldspruch B./ „nicht erledigte" Zigarettenmenge betrifft jene 425 Stangen welche noch nicht verkauft, sondern bei der Angeklagten in deren Wohnung sichergestellt wurden (US 6 und 8). Hinsichtlich dieser Zigaretten liegt - wie oben dargestellt - bei der Angeklagten noch kein Versuch des Handels iSd § 44 Abs 1 lit a FinStrG vor, daher wurde diese Menge vom Erstgericht im Schuldspruch B./ (= Monopolhehlerei iS § 44 Abs 1 lit a FinStrG als unmittelbare Täterin) zutreffend nicht berücksichtigt. Hingegen käme im Umfang der sichergestellten, von der Angeklagten angekauften, zuvor von einem Dritten geschmuggelten Zigaretten neben der Abgabenhehlerei auch noch das Finanzvergehen des Monopoleingriffs als Beteiligte nach §§ 44 Abs 1 lit a, 11 dritter Fall FinStrG in Betracht (vgl neuerlich 12 Os 107/05k).

Diese Menge wurde aber vom Schöffengericht bereits im Schuldspruch A./ wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei erfasst, wird doch der Angeklagten zu diesem Punkt gleichfalls der Ankauf (von einem Dritten) geschmuggelter - und damit allerdings nicht den Eingangsabgaben unterzogener - Zigaretten vorgeworfen, und zwar auch der Ankauf jener 425 Stangen, die im Schuldspruch B./ (Monopoleingriff iSd § 44 Abs 1 lit a FinStrG) zu Recht nicht enthalten sind. Derselbe Lebenssachverhalt wurde vom Erstgericht nur als eine strafbare Handlung nach §§ 37, 38 FinStrG gewertet. Die Rechtsmittelwerberinnen wollen diese idente Tatgeschehen auch noch §§ 44 Abs 1 lit a, 11 dritter Fall FinStrG unterstellt sehen. Infolge Idealkonkurrenz (Dorazil/Harbich FinStrG § 44 Anm 4) scheidet bei dieser Sachverhaltskonstellation der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 7 StPO aus.

Ein Verständnis der nach Z 7 ausgeführten Beschwerden jeweils als Subsumtionsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO scheitert an einem entsprechenden Vorbringen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Aus deren Anlass war jedoch die vorliegende Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO wahrzunehmen (§ 281 Rz 400, 402, 666; § 288 Rz 28), weil die erstgerichtlichen Annahmen zur Strafbefugnisgrenze in Ansehung der mit 162.727,50 Euro bezifferten Bemessungsgrundlage nach § 44 Abs 2 FinStrG (B./) auch jene 425 Stangen umfassen, hinsichtlich deren diesbezüglich kein Schuldspruch erging. Mangels Bindung an diese Konstatierungen iS § 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO geht der Oberste Gerichtshof diesbezüglich von einer korrigierten Bemessungsgrundlage von 148.254 Euro aus, weil dem Schuldspruch zu B./1.) lediglich 600.000, nicht aber 685.040 Stück Zigaretten unterliegen (vgl S 125/II).

Bei der erforderlichen Neubemessung der Strafe war als erschwerend das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen, als mildernd aber der bisher ordentliche Lebenswandel, das umfassende und reumütige Geständnis und die teilweise Sicherstellung der Zigaretten zu werten. Mit Blick auf die Schuld der Täterin, deren persönliche Verhältnisse und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erweist sich auch unter Zugrundelegung eines korrigierten Gesamtstrafrahmens von 665.784,45 Euro die bereits vom Erstgericht getroffene Sanktion (einschließlich der Ersatzfreiheitsstrafe) als angemessen.

Der wesentliche Beitrag der Angeklagten zur Wahrheitsfindung und ihre Unbescholtenheit rechtfertigen die gewährte teilweise bedingte Nachsicht der Geldstrafe.

Die Weisung gemäß § 26 Abs 2 FinStrG wird vom Erstgericht zu erteilen sein.

Mit seiner auf eine Erhöhung der Strafe antragenden Berufung war das Zollamt Wien auf diese Entscheidung zu verweisen.

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